Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
Rat zu verraten und dass dieser Jemand etwas zu verbergen hat. Es bedeutet nicht, dass Morgan LaFortier nicht getötet hat. Allenfalls bedeutet es, dass er nicht allein gehandelt hat.“
Ebenezar warf ihr einen schwer zu deutenden Blick zu. „Also gehen wir jetzt davon aus, dass es wirklich ein Komplott gibt? Was ist mit der Einfachheit, von der heute ganz am Anfang die Rede war?“
Mai wich seinem Blick aus und zuckte die Achseln. „Ich gebe zu, dass Dresdens Erklärung die übersichtlichere und wahrscheinlichere ist.“ Sie seufzte. „Nur reicht sie in der momentanen Situation immer noch nicht aus.“
Ebenezar fixierte sie finster. „Weil jemand hängen muss , was?“
Als die ehrwürdige Mai ihn diesmal ansah, hielt sie seinem Blick stand. „Genau, wir brauchen einen Schuldigen. Eine Beteiligung Morgans an einem Komplott scheint plausibel, alle am Tatort gefundenen Beweise deuten darauf hin, dass er den Mord begangen hat, und der Weiße Rat wird angesichts der Abscheulichkeit dieses Verbrechens keineSchwäche zeigen. Wir können es uns nicht leisten, dass LaFortiers Mord ungesühnt bleibt.“
„Sühne“, sagte Ebenezar. „Vergeltung ... was ist mit Gerechtigkeit?“
„Wenn wir verhindern wollen, dass die unterschiedlichsten Mächte in der Welt den Weißen Rat vernichten und anschließend mit der Menschheit tun, wonach ihnen der Sinn steht, dann schaffen wir das nicht mir Gerechtigkeit“, antwortete die ehrwürdige Mai. „Das schaffen wir mit Furcht, mit Macht. Jeder, der es auf uns abgesehen hat, muss wissen, dass die Konsequenzen lebensgefährlich sind. Ich weiß, wie abscheulich es ist, einen Unschuldigen zum Tode zu verurteilen. Noch dazu einen, der mehrfach bewiesen hat, wie sehr ihm das Wohlergehen des Rates am Herzen liegt, an dessen Hingabe an unsere Belange lange kein Zweifel bestehen konnte. Aber wenn man das Ganze vor Augen hat, ist so eine Verurteilung weniger verwerflich als ein Nachgeben. Unseren Feinden gegenüber Schwäche zu zeigen wäre unverantwortlich.“
Ebenezar stütze die Ellbogen auf die Knie und betrachtete seine Hände, schüttelte den Kopf, sagte jedoch nichts mehr.
„Nun gut!“ Die ehrwürdige Mai wandte sich mir zu. „Sie werden Ihren Lehrling jetzt entweder anweisen, den Schild zu senken oder mit ansehen dürfen, wie ich ihn zerstöre.“
„Zerstören? Dann sollten Sie vorsichtshalber ein paar Schritte zurücktreten“, sagte ich. „Er explodiert nämlich, wenn man ihn anders als in der genau festgelegten Reihenfolge auseinandernimmt. Die Explosion dürfte die Hütte mitnehmen, den Turm, und die Bergspitze. Aber der Kleinen und Morgan passiert wahrscheinlich nichts.“
Molly gab einen halberstickten Laut von sich.
„Ah! Hat die alte Idee endlich hingehauen?“, erkundigte sich Ebenezar interessiert.
Ich zuckte die Achseln. „Als diese Zombies auftauchten und sich einfach einen Weg durch meine Verteidigung schlugen, hat es mir gereicht. Ich wollte für den Ernstfall etwas, das mir ein paar mehr Optionen lässt.“
„Wie lange hast du dafür gebraucht?“
„Drei Monate, jeweils nachts und an den Wochenenden.“ Ich seufzte. „Echte Knochenarbeit.“
„Alle Achtung!“, nickte Ebenezar.
„Magier McCoy“, sagte Mai beißend. „Ich muss daran erinnern, dass Dresden und sein Lehrling einem flüchtigen Gefangenen Hilfe und Beistand gewährt haben.“
„Mai? Es reicht“, meldete sich hinter mir Lauscht-dem-Wind.
Die ehrwürdige Mai schaute ihn entgeistert an.
„Es reicht!“, wiederholte der alte Medizinmann. „Wir durchleben finstere Stunden, wir sollten sie nicht finsterer machen, indem wir noch mehr Leute in den Topf werfen, in den wir Morgan notgedrungen werfen müssen. Sein Ableben ist eine Notwendigkeit. Weitere Unschuldige in diese Rechnung einzubeziehen wäre gefühllos, zwecklos und böse. Der Rat wird Dresdens Handlungsweise interpretieren und letztlich befinden, dass es sich hier um eine Unterstützung der Gesetze der Magie und des Weißen Rates handelt. Mehr wird dazu nicht zu sagen sein.“
Das Antlitz der ehrwürdigen Mai zeigte keine Regung – absolut keine. Sie hätten mich prügeln können – ich wäre trotzdem nicht in der Lage gewesen zu sagen, was hinter dieser Maske vor sich ging. Sie ließ ihren Blick zwischen Lauscht-dem-Wind und Ebenezar hin und her gleiten, ehe sie sich an mich wandte. „Den Merlin wird das nicht freuen.“
„Gut!“, entgegnete Lauscht-dem-Wind. „Über das, was heute Nacht hier geschehen ist,
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