Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
der Vampirinnen ziemlich vorsichtig geworden.“
„Keine Käfer, Spinnen“, sagte ich. „Bei mir haben sie auch nicht gerade viel Rückgrat gezeigt, als sie mich neulich auf dem Weg nach Edinburgh aufzuhalten versuchten.“
Die beiden Magier wechselten Blicke. „Sie wurden auf einem der Wege von Spinnen überfallen?“, hakte Lauscht-dem–Wind nach.
„Ja“, sagte ich. Ich war selbst überrascht, wenn ich daran dachte. War dieser Vorfall wirklich erst so kurze Zeit her? „Vor zwei Tagen, als ich von Chicago aus nach Edinburgh reiste. Ich habe Ihnen doch davon berichtet. Der Verräter muss beim Einstieg eine Wache postiert haben, die hat die Tierchen informiert. So konnten sie mich rechtzeitig in Empfang nehmen.“ Ich geriet vor lauter Müdigkeit ins Kichern.
„Was soll daran denn witzig sein?“, wollte Ebenezar wissen.
„Gar nichts! Aber so langsam durchschaue ich, wie aufmerksam der Typ ist. Ich nehme mal an, er wollte nicht, dass ich dem Rat berichte, wo Morgan ist. Entbehrt nicht einer gewissen Ironie, was?“
„Ich weiß nicht – Ironie?“, sagte Indianerjoe. „Aber Ihre Hypothese leuchtet mir ein.“ Er sah Ebenezar an. „Es muss jemand in Edinburgh sein. Das engt den Kreis der Verdächtigen noch weiter ein.“
Ebenezar grunzte beipflichtend. „Leider nicht allzu sehr. Aber langsam kommen wir ihm näher.“ Er seufzte. „Nur nützt das Morgan nichts.“ Seine Knie knackten verdächtig, als er aufstand. „Gut, Hoss. Ich glaube, wir können es nicht länger hinausschieben.”
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und musterte meinen alten Mentor mit unbeweglicher Miene.
Der wurde ganz rot im Gesicht. „Hoss!“, ermahnte er mich. „Mir geht das hier genauso gegen den Strich wie dir. Aber egal, wie die Suppe dir oder mir schmeckt: In dieser Sache hat die ehrwürdige Mai recht. Der wahre Killer weiß ja, dass Morgan unschuldig ist, aber die anderen Mächte wissen es nicht. Sie sehen nur, dass wir unsere Aufgabe erledigen, hart und schnell, wie immer. Vielleicht fühlt sich der richtige Killer hinterher noch sicherer. So sicher, dass er nachlässig wird und einen Fehler macht.“
„Ich habe Morgan versprochen, ihm zu helfen“, sagte ich. „Genau das werde ich tun.“
„Ihm kann niemand mehr helfen, Sohn“, sagte Indianerjoe.
„Möglich.“ Ich knirschte mit den Zähnen. „Möglicherweise aber eben doch. Ich übergebe ihn euch nicht, und wenn Ihr mich zwingen wollt, kämpfe ich.“
Ebenezar schüttelte bekümmert den Kopf. „Wie denn? Im Augenblick könnest du es noch nicht mal mit einem deiner Koboldfreunde aufnehmen.“
Ich zuckte die Achseln. „Ich werde es auf jeden Fall versuchen. Ihr kriegt ihn jedenfalls nicht.“
„Harry!“, meldete sich hinter dem Schild eine leicht verzerrte Stimme.
Ich sah auf: Morgan, der reglos auf seinem Schlafsack lag, hatte die Augen aufgeschlagen und sah mich an. „Es ist schon in Ordnung“, sagte er.
„Was?“
„Es ist in Ordnung“, wiederholte er ohne sichtliche Aufgeregtheit. „Ich gehe mit ihnen. McCoy? Ich habe LaFortier getötet. Ich habe Dresden getäuscht. Ihm etwas vorgemacht, bis er dachte, ich sei unschuldig. Ich werde eine eidesstattliche Aussage abgeben.“
„Morgan!“, herrschte ich ihn an. „Was soll das?“
„Ich tue meine Pflicht.“ Da war er wieder, dachte ich, dieser kleine Anflug von Stolz in der Stimme, der seit seinem Auftauchen auf meiner Türschwelle gefehlt hatte. „Ich habe immer gewusst, dass so ein Tag kommen könnte. Dass ich berufen sein könnte, mein Leben zu geben, um den Rat zu schützen. Jetzt ist es soweit.“
Ich war unfähig, den Blick von meinem alten, verwundeten Gegner zu wenden, bei dessen Worten sich mir der Magen umgedreht hatte. „Morgan ...“
„Sie haben Ihr Bestes gegeben“, flüsterte Morgan. „Trotz allem, was zwischen uns vorgefallen war. Sie haben sich meinetwegen immer wieder in Gefahr begeben, Dresden, das war sehr edel von Ihnen. Aber es hat nicht sollen sein. Darin liegt keine Schmach.“ Erschöpft ließ er die Augen zufallen. „Das werden Sie noch lernen. Falls sie lange genug leben. Man kann nicht alle Schlachten gewinnen.“
„Verdammt!“ Ich war versucht, mein Gesicht in den Händen zu verbergen, nur zuckte ich entsetzt zurück, als meine Finger die rechte Wange berührten und dort wieder dieser brennende Schmerz aufflammte. „Verdammt! Nach allem, was passiert ist! Verdammt!“
Das Feuer neben mir knackte, fauchte, knisterte. Niemand sagte
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