Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
Schmerz so verzerrt, dass ihre Zähne aufblitzten. Aber sie nickte folgsam, packte den improvisierten Druckverband fest mit beiden Händen und ließ sich von mir aufhelfen.
Laras Blick huschte zwischen ihrer Sekretärin und dem Fenster hin und her. „Bei allem, was mir je untergekommen ist ...“, wiederholte sie. „So etwas Schnelles habe ich noch nie gesehen.“
Sie wusste, wovon sie sprach: Ich hatte sie einmal einen Sprint hinlegen sehen, bei dem sie locker auf einen Schnitt von fünfzig Meilen die Stunde gekommen war. Aus dem Stand. Ja, mit Tempo kannte Lara sich aus. Wir würden diesen Skinwalker nie soweit bringen, dass er lange genug still hielt, um ihn töten zu können.
Ich trat ans Fenster, in der Hoffnung, das Wesen irgendwo entdecken zu können – gerade noch rechtzeitig. Aus dem Himmel kam ein Komet aus lila Flammen auf uns zugeschossen, bei dem es sich wahrscheinlich um ein Geschenk des Skinwalkers handelte. Ich zuckte zurück, hob instinktiv den linken Arm mit dem Schildarmband daran – und der Feuerhammer der Explosion warf mich rücklings zu Boden.
Von draußen ertönte mal wieder dieser Schrei aus einer anderen Welt, höhnisch und voller Boshaftigkeit. Gleichzeitig hörte ich irgendwo unter uns ein Krachen.
„Er ist wieder im Haus!“ Ich sprang auf und reichte Anastasia die Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie nahm meine Hand zwar, aber als ich anfing zu ziehen, biss sie nach einem kurzen Aufschrei die Zähne zusammen, woraufhin ich sie sofort wieder zurücksinken ließ.
„Es geht nicht!“, gestand sie uns schwer atmend. „Mein Schlüsselbein.“
Ich murmelte einen leisen Fluch. Von allen einfachen Brüchen, die man sich so zuziehen konnte, war der Bruch des Schlüsselbeins am schmerzhaftesten und behinderte einen am stärksten. Anastasia würde an diesem Tag jedenfalls nicht mehr kämpfen – verdammt, wahrscheinlich würde sie nicht mal mehr auf eigenen Beinen stehen können.
Plötzlich explodierte der Boden unter meinen Füßen. Ich spürte, wie sich ein Stahlkabel um meine Füße legte und zusammenzog, und dann fiel und fiel ich, einen abscheulichen Gestank in der Nase. Irgendwann krachte ich mit etwas zusammen, was meinen Fall leicht verlangsamte, aber der Widerstand gab schnell nach, und ich fiel immer weiter, um mich herum grauenhafter Lärm. Nicht allzu lange, dann endete der Fall jäh und unsanft, während ich nicht einmal mehr genau wusste, wo oben und unten war. Ungefähr hundert Sachen stürzten alle auf einmal auf mich nieder, pressten mir die Luft aus den Lungen.
Danach lag ich zunächst ein paar Sekunden lang völlig benommen da und musste mich erst einmal wieder daran erinnern, wie man atmet. Der Fußboden – der Skinwalker hatte sich durch den Boden einen Weg zu mir gebahnt. Er hatte mich zu sich herunterziehen wollen, aber dann hatte der fallende Bauschutt auch noch den Boden durchbrochen, auf dem er selbst stand.
Kurz gesagt: Hinter mir lag ein zwei Stockwerke tiefer Sturz inmitten einer Tonne Bauschutt, und ich lebte noch. Wer wollte da behaupten, ich hätte nie Glück?
Dann jedoch bewegte sich etwas unter mir, unter meinem Kreuz.
Ein lautes Knurren drang durch den Schutt, der sich zunehmend lebhafter bewegte.
Voller Panik versuchte ich, meinen benommenen Körper zur Flucht zu motivieren. Aber noch ehe ich herausgefunden hatte, wie das ging, wühlte sich einer Fontäne gleich ein gelb behaarter, überlanger Unterarm neben mir aus dem Schutt, und schneller, als man „der verstorbene Harry Dresden“ hätte sagen können, legten sich lange, krallenbewehrte Finger um meinen Hals und drückten mir die Luft ab.
26. Kapitel
H ier eine Info, die den meisten Leuten neu sein dürfte, weil sie so etwas nie erleben: Es tut verdammt weh, gewürgt zu werden, bis man das Bewusstsein verliert.
Mit einem unbarmherzigen, schmerzhaften Druckgefühl am Hals geht es los, gleich darauf staut sich das Blut im Kopf, bis man meint, gleich werde etwas platzen und einem der Schädel in Millionen winziger Einzelteile zerspringen. Der Schmerz kommt und geht in Wellen, im Takt des Herzschlags, und höchstwahrscheinlich rast das Herz nur so.
Dabei ist es einerlei, ob man nun ein klapperdürres Supermodell ist oder ein professioneller Ringer, der sich mit Anabolika vollstopft, denn es geht dabei weder um Stärke noch um Willenskraft, sondern schlicht und einfach um Physiologie. Ein Mensch muss atmen, und wenn man nicht mehr atmen kann, war’s das. Mit einem gut angesetzten
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