Harry Potter und der Feuerkelch
Probe?«
Ein Grinsen blitzte über Sirius’ hageres Gesicht. »Gut, ich versuch’s mal …«
Er schritt davon in den hinteren Teil der Höhle, kehrte wieder zurück und sagte: »Stellt euch vor, Voldemort ist gerade sehr mächtig. Ihr wisst nicht, wer seine Anhänger sind, ihr wisst nicht, wer für ihn arbeitet und wer nicht; ihr wisst, dass er sich Menschen untertan machen kann, die dann schreckliche Dinge tun, ohne dass sie sich selbst Einhalt gebieten können. Ihr habt Angst um euer eigenes Leben, um eure Familie, eure Freunde. Jede Woche gibt es Meldungen von neuen Morden, von Verschwundenen, von Folter … im Zaubereiministerium herrscht völliges Durcheinander, sie wissen nicht, was sie tun sollen, sie versuchen, alles vor den Muggeln zu verbergen, doch unterdessen sterben auch Muggel. Allenthalben herrscht Schrecken … Angst … Chaos … so war es damals.
Solche Zeiten bringen bei manchen Menschen das Beste zum Vorschein, bei anderen das Schlimmste. Crouchs Grundsätze mögen zu Anfang gut gewesen sein – ich weiß es nicht. Er stieg im Ministerium rasch auf und begann harte Maßnahmen gegen Voldemorts Anhänger zu befehlen. Den Auroren erteilte er weitgehende Machtbefugnisse – zum Beispiel die Erlaubnis zu töten, statt Gefangene zu machen. Und ich war nicht der Einzige, den sie ohne Prozess sofort den Dementoren ausgeliefert haben. Crouch hat Gewalt mit Gewalt bekämpft und den Einsatz der Unverzeihlichen Flüche gegen Verdächtige erlaubt. Ich würde sagen, er wurde so gefühllos und grausam wie viele von der dunklen Seite. Er hatte natürlich seine Anhänger – eine Menge Leute dachten, er würde die Probleme richtig anpacken, und viele Hexen und Zauberer waren von der Vorstellung ganz begeistert, er könnte Zaubereiminister werden. Als Voldemort verschwand, sah es so aus, als wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis Crouch den Ministerposten übernehmen würde. Doch dann geschah etwas Peinliches …« Sirius lächelte grimmig. »Crouchs eigener Sohn wurde zusammen mit einer Gruppe von Todessern gefasst, die es dank ihrer Lügenmärchen geschafft hatten, dass man sie aus Askaban entlassen hatte. Offenbar versuchten sie damals, Voldemort zu finden und ihn an die Macht zurückzubringen.«
»Crouchs Sohn wurde gefasst?«, keuchte Hermine.
»Ja«, sagte Sirius, warf Seidenschnabel einen Hühnerknochen zu, ließ sich rasch wieder auf dem Boden neben dem Brotlaib nieder und brach ihn entzwei. »Hässlicher kleiner Schock für den guten Barty, könnte ich mir vorstellen. Hätte vielleicht hin und wieder früher aus dem Büro gehen und ein wenig mehr Zeit zu Hause bei seiner Familie verbringen sollen … dann hätte er seinen eigenen Sohn kennen gelernt.«
Er begann große Stücke Brot zu verschlingen.
»War sein Sohn tatsächlich ein Todesser?«, fragte Harry.
»Keine Ahnung«, sagte Sirius und stopfte sich weiter Brot in den Mund. »Ich selbst war bereits in Askaban, als sie ihn eingeliefert haben. Das meiste hab ich erst erfahren, seit ich raus bin. Der Junge wurde jedenfalls in Begleitung von Leuten geschnappt, die, da wette ich mein Leben drum, Todesser waren – aber er hätte natürlich auch zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort sein können, genau wie die Hauselfe.«
»Hat Crouch versucht, seinen Sohn da rauszuhauen?«, flüsterte Hermine.
Sirius ließ ein Lachen hören, das eher wie ein Bellen klang. »Crouch und seinen Sohn raushauen? Ich dachte, du hättest ihn durchschaut, Hermine? Alles, was seinen Ruf zu gefährden drohte, musste beseitigt werden, er hatte sein ganzes Leben dem Ziel gewidmet, Zaubereiminister zu werden. Du hast doch gesehen, wie er eine treue Hauselfe rausgeworfen hat, weil sie mit dem Dunklen Mal in Verbindung gebracht wurde – das zeigt dir doch, wie er ist? Crouchs väterliche Zuneigung ging nur so weit, dass er dafür sorgte, dass seinem Sohn der Prozess gemacht wurde, und nach allem, was man hört, war dieser Prozess nicht viel mehr als eine gute Gelegenheit für Crouch, zu zeigen, wie sehr er seinen Sohn hasste … danach schickte er ihn direkt nach Askaban.«
»Er hat seinen eigenen Sohn den Dementoren ausgeliefert?«, fragte Harry leise.
»Ja, allerdings«, sagte Sirius und wirkte nun keineswegs mehr amüsiert. »Ich hab gesehen, wie ihn die Dementoren reinbrachten, ich hab sie durch die Gitter meiner Zellentür genau beobachtet. Er konnte nicht älter als neunzehn gewesen sein. Sie steckten ihn in eine Zelle in der Nähe von meiner. Als es Nacht
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