Harry Potter und der Feuerkelch
Erscheinung.
Einer der Zauberstäbe zwingt den anderen, die Flüche, die er ausgeübt hat, noch einmal gleichsam auszuspeien – und zwar in umgekehrter Reihenfolge. Den letzten Fluch zuerst … und dann die anderen, die ihm vorausgingen …«
Er sah Harry fragend an und Harry nickte.
»Das heißt«, fuhr Dumbledore langsam und mit unverwandtem Blick auf Harry fort, »Cedric muss in irgendeiner Gestalt wieder erschienen sein.«
Harry nickte erneut.
»Diggory ist also ins Leben zurückgekehrt?«, sagte Sirius scharf.
»Kein Zauber kann die Toten wiedererwecken«, sagte Dumbledore mit belegter Stimme. »Alles, was geschehen konnte, war eine Art Echo des Vergangenen. Ein Schatten des lebenden Cedric muss aus dem Zauberstab ausgetreten sein … stimmt das, Harry?«
»Er hat zu mir gesprochen«, sagte Harry. Plötzlich zitterte er wieder. »Der … der Geist von Cedric oder was es war, hat gesprochen.«
»Ein Echo«, sagte Dumbledore, »das Cedrics Erscheinung und Wesen in sich barg. Ich vermute, es sind noch mehr derartige Gestalten erschienen … frühere Opfer von Voldemorts Zauberstab …«
»Ein alter Mann«, sagte Harry und immer noch war ihm die Kehle wie zugeschnürt. »Bertha Jorkins. Und …«
»Deine Eltern?«, sagte Dumbledore leise.
»Ja«, sagte Harry.
Sirius’ Finger klammerten sich in diesem Moment so fest in Harrys Schulter, dass es wehtat.
»Die letzten Morde des Zauberstabs«, sagte Dumbledore kopfnickend. »In umgekehrter Reihenfolge. Natürlich wären noch mehr erschienen, wenn du die Verbindung gehalten hättest. Nun gut, Harry, diese Echos, diese Schatten … was taten sie?«
Harry erzählte, dass die Gestalten aus dem Zauberstab am Rand des goldenen Netzes entlang Wache gegangen waren, dass Voldemort offensichtlich Angst vor ihnen gehabt hatte, dass der Schatten seines Vaters ihm gesagt hatte, was er tun solle, und Cedric seine letzte Bitte ausgesprochen hatte.
An diesem Punkt angelangt, konnte Harry nicht mehr weitersprechen. Er wandte sich zu Sirius um, der das Gesicht in den Händen verborgen hatte. Dann bemerkte Harry plötzlich, dass Fawkes nicht mehr auf seinem Schoß saß. Der Phönix war zu Boden geflattert. Er schmiegte seinen schönen Kopf an Harrys verletztes Bein, und dicke, perlene Tränen fielen aus seinen Augen auf die Wunde vom Kampf mit der Spinne. Der Schmerz ließ nach. Die Haut heilte zu. Sein Bein war wieder gesund.
»Ich muss es noch einmal wiederholen«, sagte Dumbledore, während der Phönix in die Luft stieg und sich wieder auf der Stange neben der Tür niederließ. »Du hast heute Abend mehr Tapferkeit bewiesen, als ich je von dir hätte erwarten können, Harry. Du hast die gleiche Tapferkeit bewiesen wie jene, die im Kampf gegen Voldemort auf dem Höhepunkt seiner Macht gestorben sind. Du hast die Last eines erwachsenen Zauberers geschultert und bewiesen, dass du sie tragen kannst – und nun hast du uns auch alles gegeben, was wir zu Recht von dir erwarten konnten. Wir gehen jetzt zusammen in den Krankenflügel. Ich möchte nicht, dass du heute Nacht in den Schlafsaal gehst. Ein Schlaftrunk, ein wenig Ruhe … Sirius, würdest du gerne bei ihm bleiben?«
Sirius nickte und stand auf. Er verwandelte sich in den großen schwarzen Hund zurück, verließ mit Harry und Dumbledore das Büro und begleitete sie eine Treppenflucht hinunter in den Krankenflügel.
Als Dumbledore die Tür aufstieß, sah Harry, dass sich Mrs Weasley, Bill, Ron und Hermine um die zermürbt wirkende Madam Pomfrey geschart hatten. Offenbar bestürmten sie sie mit Fragen, wo Harry stecke und was ihm passiert sei.
Sie alle wirbelten herum, als Harry, Dumbledore und der schwarze Hund eintraten, und Mrs Weasley stieß einen erstickten Schrei aus. »Harry! O Harry!«
Sie wollte schon auf ihn loshasten, doch Dumbledore trat zwischen die beiden.
»Molly«, sagte er und hob die Hand, »bitte hören Sie mir einen Augenblick zu. Harry hat heute Abend Schreckliches durchlitten. Und er musste es eben für mich noch einmal in allen Einzelheiten schildern. Was er jetzt braucht, ist Schlaf, Ruhe und Frieden. Wenn er möchte, dass ihr alle bei ihm bleibt«, fügte er mit Blick auf Ron, Hermine und Bill hinzu, »dann tut es. Aber ich will, dass ihr ihm erst Fragen stellt, wenn er bereit ist zu reden, und gewiss nicht mehr heute Abend.«
Mrs Weasley nickte. Sie war schneeweiß.
Sie wandte sich Ron, Hermine und Bill zu und zischte, als würden sie einen Höllenlärm machen: »Habt ihr nicht gehört?
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