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Hart

Hart

Titel: Hart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Masters
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mehr Tarnkleidung als in einer Kaserne. Ich entschied mich für einen tarnfarbenen Pullover. Er reichte mir fast bis zum Knie. Ich fand meine schwarzen Leggins ordentlich auf der Frisierkommode zusammengelegt und zog sie an. Über das kühle Holz der Treppe ging ich barfuß nach unten.
    Es war ein sonderbares Gefühl, mich ohne Tom bei ihm zu Hause aufzuhalten, doch es störte mich überhaupt nicht. Sollte ich noch irgendwelche Zweifel gehegt haben, wurden die von dem Zettel auf dem Küchentisch zerstreut.
    «Kelley – tu, was immer du willst! Aber du bist doch da, wenn ich heimkomme? Es umarmt dich: Tom.»
    Ich schenkte mir ein Glas Orangensaft ein und machte mich an die Erkundung des Hauses.
    Küche und Esszimmer hatte ich schon gesehen, und auch im Wohnzimmer war ich gestern kurz gewesen. Dort ging ich jetzt wieder hin. Die Möbel waren aus Kiefernholz und wirkten handgeschreinert. Überall lagen Kissen herum. Die Wände waren mit ausgestopften Tieren und dem riesigen, gerahmten Bild eines fliegenden Adlers dekoriert. Der Fernseher stand versteckt in einem Schrank in der Ecke. Darin fand ich auch eine Sammlung von Jagdfilmen, neben solchen Perlen wie
Stirb langsam
und
Krieg der Sterne.
    Hinter diesen unverfänglichen Titeln war auch eine interessante Porno-Sammlung versteckt. Diese bestand überwiegend aus heftigen Oral-Sex-Szenarios. Das überraschte mich nicht im Geringsten.
    Ein Paar schlammverkrusteter Schuhe stand neben der Tür. Neben der Treppe hing eine Handsäge – ein Fuchsschwanz, dessen Griff mit einem Naturidyll bemalt war. Über der Tür war ein Hufeisen festgenagelt. Ich wanderte durch einen kurzen Flur zur anderen Seite des Hauses. Dort hingen Fotos von Toms Kindern. Da war ein kleines, braunhaariges Mädchen mit großen, blauen Augen. Es sah Tom überhaupt nicht ähnlich und kam wohl eher nach der Mutter. Die Fotos seines Sohnes ähnelten dem Vater schon mehr. Die lächelnden Gesichter auf den Familienfotos brachten mich selbst zum Lächeln.
    Es gab noch andere Fotos. Da war ein Mann, der genau wie Tom aussah, was mir einen Eindruck vermittelte, wie Tom in zwanzig Jahren aussehen würde. Dieser Mann musste Toms Vater sein. Toms Mutter hielt mit glücklicher Miene die Hand ihres Mannes.
    Ich ging ins Gästeschlafzimmer. Drinnen standen ein großes, schweres Bett, eine Kommode und ein paar Kleinigkeiten. Nichts von Interesse.
    Auf der anderen Seite des Flurs lag Toms Arbeitszimmer. Ich stand auf der Schwelle, sah hinein und empfand fast Scheu davor, einzutreten. Dieses Zimmer wirkte viel genutzt und gemütlich. Es gab zwei Computer. Der erste war ein einfaches Notebook, das jetzt zugeklappt mitten auf dem breiten Eichentisch stand. Der zweite war ein Desktop nach dem neuesten Stand der Technik. Ich hatte keine Ahnung, warum Tom zwei Computer brauchte, aber nach dem Papierkram zu urteilen, der überall herumlag, hatte er eine Menge zu tun.
    Überall lag Papier, aber überraschend gut geordnet. Auch hier standen Regale, aber mit ganz anderen Büchern als denen, die ich im Rest des Hauses gefunden hatte. Jeder verfügbare Zentimeter war wohldurchdacht mit Büchern über Waffen, Militärgeschichte und Zivilrecht vollgestellt. Tom besaß eine ganze Sammlung von Büchern über Unternehmens- und Medienrecht. Die Aktenordnerwaren in seiner beherzten Handschrift beschriftet:
Anwalt. Verträge. Erweiterte Verträge. Statistiken.
Es gab sogar einen Aktenordner, bei dem ich laut lachen musste:
Vermischter Scheiß.
    Jagdtrophäen waren hier gar keine zu sehen. Stattdessen aber Orden und funkelnde Auszeichnungen. Es gab alle möglichen Erinnerungsstücke an verschiedene militärische Einheiten. Tapferkeitsmedaillen waren darunter – und gerade, als ich mich abwenden wollte, fiel mir eine davon ins Auge und ließ mich erstarren.
    Eine Tapferkeitsauszeichnung. Des CIA? Das weckte meine Aufmerksamkeit. Ich sah sie mir genauer an.
    «Verdammt», entfuhr es mir. «Du hast mir was verschwiegen, Tom.»
    Ich schloss die Tür und sah sie mir einen Moment lang an. Ich berührte das Holz mit den Fingerspitzen. An einer Stelle war es gesplittert, nicht ganz durchgebrochen, aber beschädigt. Und dieser Schaden war offensichtlich nicht mit einem scharfen Gegenstand angerichtet worden, sondern mit einem stumpfen – und zwar sah es verdächtig nach dem Abdruck einer Hand aus.
    Was konnte Tom so wütend gemacht haben, dass er mit der Hand gegen die Tür geschlagen hatte?
    Ich sagte mir, dass ich da etwas überinterpretierte.

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