Hart
gestattete mir einen langen, gequälten Atemzug.
Er ließ sich neben mich aufs Bett sinken und legte mir die Hand auf den Hals. Das war so besitzergreifend, dass ich mich neben ihm klein und verletzlich fühlte. Das Bedürfnis, etwas Beruhigendes von ihm zu hören, wurde unwiderstehlich.
«War es gut?», fragte ich schüchtern.
Tom zog mich an sich. Er küsste mich langsam und erforschte meinen Mund mit seiner Zunge, so wie bei unserem ersten Kuss. Der schien inzwischen Jahre zurückzuliegen. Ich hatte so viel gelernt und diesem Mann so viel von mir gegeben, dass ich nicht mehr wusste, wer ich gewesen war, bevor er aufgetaucht war.
«Das war absolut unglaublich», lobte er mich.
Ich war selbst überrascht, als ich in Tränen ausbrach.
Tom sagte kein Wort. Er fragte nicht, was los war. Er hielt mich einfach in seinen Armen und ließ zu, dass ich mich an seiner breiten Schulter ausweinte.
«Ich fühle mich sicherer als je zuvor in meinem Leben», sagte ich unter Tränen.
«Du bist auch sicher, Kelley», flüsterte Tom an meiner Stirn. «Das bist du.»
4.
Als ich die Augen aufschlug, war Tom nicht da.
Ich räkelte mich im Licht des frühen Morgens. Ich hatte Schmerzen am ganzen Leib. Vorsichtig tastete ich mit den Fingerspitzen meine Pobacken ab und befühlte die Schwielen. Tom hatte mir ein paar tüchtige Hiebe verpasst, dabei hatten wir noch nicht einmal alle Sexspielzeuge aus dem Schrank ausprobiert.
Sein Kopfkissen war weich und roch nach ihm. Ich vergrub meine Nase darin und lag dann eine Weile einfach nur da und blickte mich im Zimmer um. Von der Wand über dem Bett sah ein ausgestopfter Hirschkopf herab. Ich betrachtete ihn eine Weile und fragte mich, warum um alles in der Welt er mir bisher noch gar nicht aufgefallen war. Die Glasaugen blickten vorurteilslos auf mich hinunter.
«Hi», sagte ich. Der Hirsch antwortete nicht.
Ich blickte mich im Zimmer um. Mit Ausnahme der Ecke mit der kleinen Frisierkommode waren alle Wände mit Bücherregalen vollgestellt. Dieser Mann besaß sogar mehr Bücher als ich. Als Schriftstellerin hatte ich meine Sammlung immer für beträchtlich gehalten, doch die riesige Vielfalt in Toms Bücherschränken stellte meine Bibliothek in den Schatten. Er besaß Bücher zu allen Themengebieten, von der Jagd bis zur Astronomie, von Musik bis zu Do-it-Yourself-Ratgebern und von literarischen Klassikern bis zu Groschenromanen.
Mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete ich das Regal. Tom las diese billigen Liebesromane?
Ich versuchte, ihn mir auf einem Hochsitz vorzustellen, wie er in Tarnkleidung und mit einem geladenen Gewehr in der Hand eine sülzige Verführungsgeschichte mit einem phantastisch aussehenden Helden auf dem Titelbild verschlang. Ich konnte mir das nicht so recht vorstellen, aber Tom steckte eben voller Überraschungen.
Es überraschte mich allerdings überhaupt nicht, dass er an diesem Morgen weg war – ich konnte mir denken, was er gerade machte. Mit Sicherheit würde ich auf der Küchentheke oder vielleicht auch am Badezimmerspiegel einen Zettel finden, auf dem stand, dass er auf der Jagd war und irgendwann am späten Vormittag zurückkommen würde. Ich hatte das ganze Haus für mich.
Als Erstes nahm ich eine Dusche.
Während das Wasser auf mich niederprasselte, sah ich mich im Badezimmer um. Jetzt, wo Tom nicht da war, konnte ich alles nach Herzenslust erkunden.
Seine Handtücher passten nicht zusammen, hatten aber alle einen Creme-oder Blauton. Im Zahnbürstenhalter steckte eine einzelne Zahnbürste. Er verwendete Crest-Zahnpasta, und ich musste lächeln, weil er die Tube von der Mitte her ausdrückte; sie war nicht ordentlich vom Ende her aufgerollt wie meine. Die Seife roch nach Sandelholz und das Shampoo kam aus einem Friseursalon. Es roch irgendwie «professionell», nicht weiblich, aber auch nicht männlich. Ich benutzte es und sah zu, wie der weiße Schaum in den Abguss floss. Der Waschlappen auf dem Halter war noch feucht, vermutlich hatte Tom ihn vor seinem Aufbruch zur Jagd verwendet. Ich nahm ihn vom Halter und benutzte ihn auch.
Sein Medizinschrank war denkbar gut ausgestattet. Ich fand Ibuprofen-Schmerztabletten und nahm zwei. Hinterdem Ibuprofen stand ein Fläschchen Valium. Ich betrachtete es neugierig und sah, dass es etwa zwei Wochen zuvor neu aufgefüllt worden war. Ich stellte es vorsichtig zurück. Mein Gesicht brannte, als hätte mich jemand dabei erwischt, wie ich in fremden Dingen herumschnüffelte.
In seinem Kleiderschrank hing
Weitere Kostenlose Bücher