Hart
hinüber. Er sah mich an, und jetzt zeugten seine Tränen von einem Gefühl, das viel tiefer ging als Ärger. Sie schnitten mir ins Herz.
«Du. Du hast mich daran gehindert.»
Tom legte heftig den Gang ein. Kies und Dreck hochschleudernd, fuhr er mit aufheulendem Motor los. Mit einem Ruck wurde ich in den Sitz zurückgedrückt. Hinter uns wurde wild gehupt. Ein Lastwagen geriet ins Schleudern, und ich erhaschte einen Blick auf den wütenden Fahrer, der Tom beim Bremsen den Mittelfinger zeigte. Sich zwischen den anderen Autos hindurchschlängelnd, beschleunigte Tom auf sechzig Meilen und trat dann sogar noch mehr aufs Gas.
Ich legte den Sicherheitsgurt an. Tom merkte es und fuhr langsamer, aber nicht genug.
«Wir fahren heim», sagte er, als hätte ich gefragt.
Tom raste rücksichtslos über den Highway. Mit jeder Meile machte er sich neue Feinde. Als er in die Ausfahrt hineinschoss, schnitt er einen kleinen roten Mittelklassewagen. Die Frau hinter dem Steuerrad schrie ihn an. Ich sah es, hörte aber nur, wie Tom mit quietschenden Reifen um die Kurve schoss.
«Fahr langsamer», sagte ich leise.
«Wage nicht, mir zu sagen, was ich tun soll, kapiert?»
Toms Stimme troff von Gift. Ich sank in den Sitz zurück, während die Landschaft vorbeiflitzte. Die Straße summte unter den Reifen, und aus dem Summen wurde ein Wimmern, als Tom auf einer Nebenstraße fuhr. Als er in seine Zufahrt einbog, klang das Knirschen von Kies nicht beruhigend – es war bedrohlich, wie viele der kleinen Steinchen die Reifen aufwirbelten. Sie prasselten hart gegen das Bodenblechdes Wagens. Tom trat auf die Bremse, aber nicht schnell genug – instinktiv stützte ich mich am Armaturenbrett ab, als Tom gegen sein eigenes Grundstückstor fuhr.
«Scheiße!», schrie er.
Tom stieg aus und ging nach vorn. Er entriegelte das Tor und stieß es auf. Die Delle darin war deutlich zu sehen. Das Tor war hinüber. Ich wollte gar nicht daran denken, wie mein Wagen jetzt von vorne aussah. Tom stand eine Weile da und besah sich den Schaden, dann kam er mit überraschend ruhigen Schritten zur Fahrertür zurück.
«Fahr den Wagen zum Haus. Ich gehe spazieren.»
Toms Augen glänzten von Tränen, doch es war noch etwas anderes in seinem Gesicht – etwas, das wie Angst aussah.
«Tom?»
«Fang schon mal mit Kochen an, wenn es dir recht ist. Ich weiß nicht, ob wir etwas herunterbekommen werden, aber das Angebot sollte wenigstens da sein.»
Ich setzte erneut zum Sprechen an, aber Tom hob die Hand. Kopfschüttelnd schaute er auf die Delle im Tor. Dann sah er wieder mich an. «Ich möchte nichts tun, was wir hinterher bereuen, und wenn du jetzt mit mir sprichst, garantiere ich für nichts. Vertrau mir also noch einmal, Kelley.»
Das Wort Vertrauen ging mir durch und durch. Ich nickte und rutschte hinters Lenkrad. Nachdem ich den Gang eingelegt hatte, sah ich zu Tom hinüber. Der hatte sich in der Zwischenzeit nicht gerührt. Obwohl ich gern etwas gesagt hätte, egal, was, hielt ich den Mund und sah ihn einfach nur an, bis er vom Wagen wegtrat und mir Platz machte.
Ich bewegte mich nicht, und auch Tom verharrte so. Schließlich sagte er etwas. Es war das Letzte, womit ich gerechnet hätte.
«Wir werden das überstehen.»
Bevor ich antworten konnte, schlug er die Tür zu und ging übers Grundstück davon. Ohne einen Moment des Zögerns verschwand er im Wald, und ich starrte die Stelle an, wo er gewesen war. Er war wie vom Erdboden verschluckt.
Ich fuhr zum Haus und wischte mir die Tränen aus den Augen, damit ich überhaupt den Weg erkennen konnte.
Tom hatte während meiner Abwesenheit nicht viel geputzt, und so hatte ich eine Menge zu tun. Ich kehrte den Boden, wischte die Arbeitsplatte ab und belud die Waschmaschine, wobei ich nur einmal innehielt, um eins von Toms Hemden an die Nase zu halten. Es roch nach Wildnis, nach Bäumen, Gras und schwarzem Erdreich. Und ein kleines bisschen auch nach dem Rauch eines Lagerfeuers. Ich atmete diese guten Gerüche tief ein, und plötzlich wurde mir von all dem, was ich für selbstverständlich gehalten hatte, schwindlig. Ich lehnte mich an die Waschmaschine, bis das Gefühl sich legte.
Als Tom zurückkam, köchelte das Essen auf dem Herd, und ich erledigte gerade den letzten Rest des Abwaschs. Ich sah ihn an, als er hereinkam, hielt aber nicht in meiner Arbeit inne. Ich musste meine Hände beschäftigen und brauchte etwas, um eine emotionale Distanz zwischen uns zu wahren.
«Was gibt es zu essen?», fragte Tom
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