Hart
ein erleichtertes Lachen. Seine Worte waren Balsam für meine gequälte Seele.
«Nein. Du konntest mich nicht verlieren. Dafür bestand nicht die geringste Gefahr, Kelley.»
Behutsam wischte er mir mit den Fingerspitzen die Tränen aus den Augen. Dann strich er mir mit der Hand über den Hals, mit dieser Berührung, die mir so vertraut war.
«Komm ins Bett», sagte er zum dritten Mal.
Tom nach diesen langen, einsamen Tagen zu küssen war wie ein Nachhausekommen. Schon bei der ersten Berührung linderte er meine Ängste, indem er auf die nur ihm eigene Weise stöhnte. Er war atemlos, und sein Herz hämmerte heftig unter meiner Hand. Es war wie in der ersten Nacht in seinem Keller, als er Angst hatte, mir nicht zu genügen. Dieselbe Geschichte zu einem anderen Zeitpunkt – aber es schien alles in eins zu verschmelzen.
«Ich liebe dich», flüsterte ich.
«Das weiß ich», sagte er, und diesmal war seine Stimme rau von Tränen.
«Es tut mir schrecklich leid», sagte ich.
«Auch das weiß ich.»
Toms Hände waren überall. Ich beobachtete sein Gesicht, als er sich plötzlich von mir zurückzog und den Blick über meine Wange und die sanfte Grube meines Schlüsselbeins wandern ließ.
«Ich möchte besser sein als er.»
Die Worte waren ein Schock, obgleich sie das nicht hätten sein sollen. Genau so hatte ich mich gefühlt, genau das hatte ich durchgemacht. Das hatte Michael mir angetan.
Plötzlich war das, was Michael getan hatte, auch eine Art Geschenk. Dass er mir das Herz gebrochen hatte, hatte nun also doch etwas Gutes. Mir war dasselbe angetan worden wie Tom – und was hatte ich gebraucht, um mich davon zu erholen? Was hatte Michael mir verweigert? Das alles konnte ich nun Tom geben. Ich konnte das, was mir angetan worden war, wiedergutmachen, indem ich das, was ich ihm angetan hatte, wiedergutmachte.
Vor Erleichterung wurde ich ganz schwach, aber mein Entschluss war gefasst.
«Er ist nichts im Vergleich zu dir», sagte ich heftig, wobei mir nicht klar war, ob ich Daniel oder Michael meinte. So oder so war es die Wahrheit. «Nichts, Tom. Hörst du mich? Nichts.»
Tom nickte. Er schloss die Augen.
«Ich tue, was immer nötig ist, um dir das zu beweisen», sagte ich. «Gib mir einfach nur die Chance dazu.»
Tom holte tief Luft. «Ich gebe dir mein ganzes Leben», flüsterte er.
Ich zog ihn mit mir aufs Bett.
Jeder Moment dort in der Dunkelheit fühlte sich surreal an, als wären wir durch einen Riss in der Zeit gefallen. Jede Berührung war wie die erste zwischen zwei Liebenden, die Angst vor dem haben, was sie finden könnten – Angst vor Zurückweisung, Angst vor einem falschen Wort oder einem falschen Blick. Nichts anderes hatte ich mir gewünscht, als die Beziehung zwischen Michael und mir so abrupt endete. Und nichts anderes musste ich jetzt geben, da ich die Liebe des Mannes gefährdet hatte, der mir am meisten bedeutete. Ein Moment verwob sich mit dem anderen, die Vergangenheit schob sich in die Gegenwart, und alles wurde zu einem neuen Anfang.
Tom legte sich aufs Bett zurück. Das Mondlicht schien auf ihn. Er atmete tief und gleichmäßig, aber das Flattern des Pulses an seiner Kehle sagte mir, dass er Angst hatte.
Ich berührte ihn am Hals und umfing ihn ganz leicht mit den Händen, auf die gleiche besitzergreifende Weise, wie Tom es immer machte. Seine Lippen öffneten sich, aber er sagte kein Wort. Ich streifte mit den Fingerspitzen über seine Haut, bis ich zu seinem T-Shirt kam. Dem Stoff fuhr ich um den Kragen und die Ärmel herum nach. Als ich fertig war, atmete Tom ein bisschen heftiger.
Ich zupfte an seinem Shirt. Er richtete sich so weit auf, dass ich es ihm über den Kopf ziehen konnte. Mit zerzaustem Haar legte er sich wieder in die Kissen zurück.
Ich begann mit seinen Wangen und streichelte von dort aus über jeden Quadratzentimeter seiner Haut. Er lag ganz still unter mir. Seine Augen zuckten unter den Lidern, und ich wusste genau, wie er sich fühlte – sein Instinkt sagte ihm, dass er Fersengeld geben sollte. Er musste sich beherrschen, um einfach nur liegen zu bleiben und sich berühren zu lassen.
«Ich weiß, was du denkst», flüsterte ich.
Tom zuckte leicht zusammen, sonst zeigte er keine Reaktion.
Meine Lippen folgten dem Weg, den meine Hände beschrieben hatten. Selbst als ich seine Rippen küsste und er kitzlig vor meiner Berührung zurückzuckte, weil er ganz auf die Empfindung konzentriert war, hörte ich nicht auf. Ich ließ ihm Zeit, sich zu entspannen,
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