Harte Jungs - Stürmische Gefühle
uns hier
verschwinden, das Haus macht dich krank ..., komm Seg, bitte lass uns
gehen", bettelte ich.
Seg ballte seine H ä nde zu F ä usten. Ich sp ü rte f ö rmlich, wie es in ihm
brodelte.
Wie aus heiterem Himmel schlug er
mit voller Wucht gegen die Wand neben dem Schrank. Einmal, zweimal, dreimal,
bis Blut an der Wand haften blieb.
"Seg!" Mit drei
Schritten war ich bei ihm. Fest umfing ich ihn und fesselte so seine Arme.
Er wehrte sich, versuchte sich aus
meiner Umarmung zu befreien.
"Lass mich los, Jaden, lass
mich los ... lass mich los ...!"
"Nein, Seg ...!", ich
stemmte mich gegen ihn, schob ihn mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte,
vorw ä rts,
presste ihn an die Wand, die er eben noch mit der Faust bearbeitet hatte.
"Lass mich los, Jaden ... geh
und lass mich hier ... Nichts wird gut, wenn mein Vater in ein paar Tagen
wieder auf freiem Fu ß ist,
nichts wird gut ... werden!", schrie er.
Die ganze Zeit versuchte er stark
zu sein, furchtlos zu wirken, dabei fra ß ihn die Angst vor der Zukunft, die Angst vor seinem
Vater beinah von innen auf. Wie blind war ich gewesen, es nicht so deutlich zu
sehen. Die Leidenschaft, mit der er mich Nacht f ü r Nacht nahm, spiegelte seine Furcht wieder.
"Lass dich fallen, Seg, ich
halte dich. Du brauchst nicht immer stark zu sein. Ich bin doch da f ü r dich ..." Immer noch
musste ich all meine Kraft aufbringen, ihn zu halten und ihn daran zu hindern,
sich zu befreien.
"Lass mich f ü r dich da sein ... Sag mir,
wie ich dich gl ü cklich
machen kann ..."
Seinen vor Anspannung harten K ö rper durchlief ein Zittern
und dann wurde er pl ö tzlich
weich in meinen Armen. Damit hatte ich nicht gerechnet und ich strauchelte
etwas.
Seg sackte ein, seine Knie gaben
nach und er zog mich mit sich hinunter.
Ich lie ß mich nach hinten fallen, auf
den R ü cken
und Seg drehte sich um, lag nun schwer auf mir, hier in diesem Haus auf dem
staubigen Boden.
Er bettete seinen Kopf auf meiner
Brust, lie ß sich
von mir umarmen und erlaubte seinem K ö rper, die seit Wochen aufgestauten Tr ä nen zu weinen.
Er weinte und weinte und mein
T-Shirt saugte seine Tr ä nen
auf. Ich hielt ihn fest, streichelte seinen R ü cken und versuchte ihm den Halt zu geben, den er
brauchte.
Ich wei ß nicht, wie lange wir da
lagen und die Tr ä nen
nicht aufh ö ren
wollten zu versiegen.
Irgendwann begann er zu reden.
Ü ber
sein Leben, seinen Vater, der nur in den ersten Jahren ein liebevoller Mensch
gewesen war, seine wundersch ö ne Mutter, die sein Vater auf H ä nden getragen hatte.
Was genau die Wendung gebracht
hatte, wusste Seg nicht. Mehrere Faktoren waren f ü r die Verwandlung zum p ö belnden, aggressiven Schl ä ger verantwortlich.
Der Verlust der Arbeit, die
falschen Freunde, Spielsucht.
Eins kam zum anderen und ausbaden
mussten es Seg und seine Mutter.
Schl ä ge wegen Nichtigkeiten, Hausarrest. Das Erzwingen von
sportlichen Erfolgen, denn nur dann bekam Seg die Aufmerksamkeit und ein wenig
Liebe, nach der ein Kind sich sehnte. Seinen Vater stolz zu machen, stand an
erster Stelle.
Sp ä ter hie ß es, seinen Vater ruhig zu stellen, damit es keine
Schl ä ge
hagelte.
Geld verdienen, damit ü berhaupt etwas zu Essen im Haus
war, denn sein Vater trug das meiste in die n ä chste Bar.
Ein trostloses Leben, welches er
geschickt in der Schule verborgen gehalten hatte. Ja selbst mir war das volle
Ausma ß dieser
Misere verborgen geblieben.
Nie hatte er mich so nah an sich
heran gelassen wie gerade in diesem Augenblick, oder aber, ich hatte die Augen
bewusst davor verschlossen, um mir einzureden, dass es so schlimm gar nicht
sein konnte.
Ich sch ä mte mich, wie gut ich es
gehabt hatte und wie wenig ich ihm geben konnte. Wie selbsts ü chtig ich mit meinem Wusch
nach einem Outing gewesen war.
In was ich ihn hineingetrieben
hatte.
Ich hatte nichts zu erwarten
gehabt, au ß er ein
paar erstaunte und vielleicht verunsicherte Blicke meiner Familie.
Er hatte alles auf eine Karte
gesetzt. Sich und das Leben seiner Mutter riskiert, um mit mir zusammen sein zu
k ö nnen.
Nur langsam beruhigte sich Seg und
irgendwann, sein K ö rper
zuckte nur noch ab und zu, wurde er ruhig und schlief ein.
Ein kurzer aber befreiender
Schlaf. Ich hielt ihn, streichelte ihn, lauschte seinem regelm äß igen Atem und sp ü rte sein Herz schlagen.
Als er erwachte, rutschte er ein
St ü ck nach
oben, k ü sste
mich und sah mich dankbar an.
"Das musste wohl mal raus
Weitere Kostenlose Bücher