Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harte Schule

Harte Schule

Titel: Harte Schule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
Vom Netzwerk:
Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch. Ein bisschen Protzerei muss halt sein, gell?«
    Isolde lächelte. Es war nicht das erste Mal, dass mich Frauen aufmerksamer behandelten, wenn ich im Anzug steckte.
    Sally brachte das Bier. Ich teilte die Maultaschen mit dem Löffel und fragte mich, wie lange Isolde brauchen würde, um auf den Punkt zu kommen. Zunächst ließ sie ihre Fähigkeiten spielen, zwei maulfaule Männer in eine Plauderei über Reisen und Restaurants zu verwickeln. Richard spielte mit der Zigarettenschachtel. Isolde entwarf von München das Bild einer Weltstadt, gegen die unser Dorf kaum anstinken konnte, hätte es nicht den eifrig expandierenden Medienkonzern TVCinema gege ben, der seinen Geschäftssitz auf dem alten Südmilchge lände hatte und zur Freude der Politik die Hoffnung nährte, Stuttgart werde sich doch noch zum Medienstandort mausern. Doch in München gab es natürlich die Bavaria-Studios und einen Transvestiten, den Isolde ausführlich interviewt hatte. Na endlich.
    »Vielleicht«, sagte sie, »haben Sie den Artikel ja in der Süddeutschen gelesen.«
    Richard hüllte sich in Zigarettenrauch.
    »Doch ja«, log ich. Man musste solche Artikel nicht gelesen haben, um zu wissen, was drinstand. Außerdem erläuterte es Isolde ohnehin. Der Vorteil ihrer Jugend war, dass sie verzwickte menschliche Angelegenheiten mit klaren Vorurteilen anging. »Das ist doch irgendwie unnatürlich.«
    »Was zählt schon die Natur«, sagte Richard ungnädig, »in einer hochkomplexen Zivilisation wie der unseren? Sie spielen männliche und weibliche Rollen, je nachdem, was Sie erreichen wollen.«
    Ich dankte ihm im Stillen.
    »Aber«, sagte Isolde, »bei uns kann man heutzutage als Frau alles erreichen, was auch die Männer erreichen können.«
    »Wenn Sie es sagen«, erwiderte Richard.
    »Sind Sie anderer Meinung?«
    »Mit Ihrer Intelligenz und Ihrem Charme werden Sie bestimmt Ihren Weg machen, daran habe ich keine Zweifel.«
    »Danke«, lächelte Isolde wie eine Schlittschuhprinzessin auf brüchigem Eis.
    Richard blickte auf die Uhr und schaute nach der Bedienung aus. Isolde griff sofort zur Handtasche.
    »Lassen Sie nur«, sagte Richard.
    »Vielen Dank auch.«
    Doch wenn sie gehofft hatte, Richard werde sich erbieten, sie heimzufahren, so sah sie sich getäuscht, obgleich sie alles tat, um ihn mit der Schilderung ihrer Straßenbahn- und Busfahrt hinauf zur Panoramastraße auf das Problem aufmerksam zu machen. Ich weidete mich an seiner Begriffsstutzigkeit. Von der Selbstverständlichkeit, mit der er das Interesse an Frauen von einem Augenblick zum nächsten auf höfliche Gleichgültigkeit reduzierte, konnte ich mir noch einiges abschneiden.
    Sally wusste, dass sie bei mir extra kassieren musste. Das wiederum gab Isolde Rätsel auf. Der schweigsamen Allianz distanzierter Rivalen war sie nicht mehr gewachsen. Sie verabschiedete sich eilig und mit jenem Zug um den Mund, den Frauen haben, wenn sie merken, dass sie von einem Mann als Zeitvertreib missbraucht worden sind.
    Kaum war sie raus, setzte sich Richard wieder, und Sally war mit Kaffee zur Stelle.
    »Könnte es sein«, sagte ich, »dass du gegen diesen Kurt Holzer und TVCinema ermittelst? Findest du es fair, dich an seine Freundin ranzumachen?«
    »Was treibt ausgerechnet dich, Frau Ringolf gegen mich in Schutz zu nehmen?«
    »Das ist eine prinzipielle Frage der Frauensolidarität.«
    Richard lachte. Wenn er lachte, offenbarte er den schwäbischen Pietisten, der selbst mit Heiterkeit sparsam umging.
    Ich zuckerte säuerlich meinen Kaffee. »Du ermittelst also.«
    »Habe ich nicht gesagt.«
    »Sag bloß, dein Flirt mit Frau Ringolf dient allein dem Zweck, mich eifersüchtig zu machen.«
    »Du weißt doch gar nicht, was das ist.«
    Es klang so verschluckt, dass ich nach seiner Hand griff. Er zog sie eigensinnig weg.
    »Richtig ist vielmehr«, sagte er, »dass wir gegen TVCinema ermitteln. Es besteht der Anfangsverdacht, dass die Verkaufsstelle, die Holzer leitet, Videos und DVDs im Inland verkauft statt im Ausland.«
    »Und?«
    »Wenn das stimmt, haben sie sich die beim Innenhan del fällige Umsatzsteuer mit gefälschten Exportpapieren vom Finanzamt rückerstatten lassen. So ein Umsatzsteuerbetrug geht schnell in die Millionen. Außerdem besteht der Verdacht, dass TVCinema Raubkopien auf den Markt bringt, die in Korea und Polen gezogen werden.«
    »Hast du mit Isolde darüber gesprochen?«
    »Um Gottes willen!«
    »Und wie verquicken wir das

Weitere Kostenlose Bücher