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Harte Schule

Harte Schule

Titel: Harte Schule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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ich sehen, die vor deinem Haus warten.«
    Es warteten natürlich keinerlei Killer vor meinem Haus. Ich bot Richard an, ihn wieder hinaufzufahren.
    »Danke. Ich nehme ein Taxi.«
    Er überquerte die Straßenbahnschienen. Ich verlor ihn hinter dem Hochbahnsteig vor der Staatsanwaltschaft aus den Augen, fuhr Brontë einmal um den Block und brach te sie auf dem Fußweg vor dem Zeppelingymnasium in Wartestellung, das gleich neben der Staatsanwaltschaft hinter Bäumen stand. Scheinwerfer beleuchteten die Fassade des Bunkers von zwei Ecken her.
    Nach wenigen Minuten fuhr ein Taxi vor. Richard trat aus dem Schatten der Hinterhofeinfahrt, warf die Zigaret te weg und stieg ein. Das Taxi fuhr Richtung Neckartor. Am Bahnhof preschte es die Busspur entlang, während Brontë die Trödler auf drei Spuren umhäkeln musste. Aber das Ampelgrün war uns gnädig. Katharinenhospi tal, Herdweg, die nächste rechts: Panoramastraße. Sieh an. Und so was zelebrierte die Eifersucht als Weltuntergang.
    Das Taxi hielt.
    Ich setzte Brontë an die hundert Meter dahinter in eine Parklücke. Sie war ein allzu auffälliges Stück. Das Taxi fuhr nicht weg, und die Fenster von Isoldes Wohnung blieben dunkel. Richard kam zurück. Das Taxi rollte flott an, während ich Brontë aus der Parklücke kurbelte. Als ich die Straßenmündung erreichte, waren die Rücklichter des Taxis im Verkehrsfluss untergegangen.
    Brontë orientierte sich automatisch in Richtung Bahnhof. Auf der linken Spur entdeckte ich dann das Taxi wieder und riss Brontë rüber. Aber die nächste Ampel wurde gelb, und der Idiot vor mir bremste. Die Rücklichter des Taxis verschwanden ums Theater herum auf die Zufahrt zur Konrad-Adenauer-Straße, die der alte Wesel aus dem Feuilleton immer nur die Stalin-Allee nannte. Es war weniger Intuition als vielmehr Alltagslogik, dass ich beim Charlottenplatz vom Stadtautobähnchen fuhr und das Taxi auf der Weinsteige wieder einholte. Richard fuhr heim auf den Haigst. Wie uninteressant. Ich überleg te schon, wo ich umdrehen konnte – frühestens am Haigst – , da ordnete sich das Taxi links ein statt rechts. Die Grünphase für die Linksabbieger hinauf in Degerlochs Kern war nur ein Augenzwinkern. Meine Nerven! Das Taxi orgelte schwungvoll die Karl-Pfaff-Straße hinauf. Plötzlich saß ich ihm fast im Heck. Eine Ampel war unvermutet rot geworden.
    Wenn der Taxifahrer jetzt eine Bemerkung über den ungestümen hochzeitsweißen Porsche hinter sich machte, dann war ich geliefert.
    Wir landeten in der noblen Wohngegend an den Sportplätzen unterm Fernsehturm, deren Straßen nach Bäumen benannt sind. Hier steht das, was der Schwabe Villen nennt: klobige alte Häuser in Gärten mit Trauerweiden und Rotbuchen. Das Taxi kam im Rotdornweg zum Stehen. Ich wartete an der Ecke, bis Richard ausgestiegen, an einem Törchen geklingelt hatte und im Garten verschwand. Erst als auch die Hausbeleuchtung erlosch, suchte ich Brontë einen Parkplatz.
    Das glimmende Klingelschildchen im Torpfosten trug den Namen Elsäßer. Ich überstieg das Törchen. Ein Bewegungsmelder ließ die Außenbeleuchtung aufflammen. Im Licht der Laternchen schwärzte Moos die Platten, die zum überdachten Portal führten. Der Garten roch irgendwie nach Kater. Ich schlich am Haus entlang und gelangte unter teurem Gebäum wie Zeder, Eiche und Nuss hindurch auf eine Terrasse hinterm Haus, die von einem abschüssigen Steingarten gefasst wurde. Die Elsäßers hatten Vorhänge nicht nötig. Das Nachbarhaus stand weit entfernt hinter Bäumen.
    Das Wohnzimmer lag so hell vor mir, dass ich meinte, sie müssten auch mir ein Glas hinstellen. Richard saß schon. Elsäßer präsentierte das Etikett einer Weinflasche zur nickenden Begutachtung. Frau Müller-Elsäßer brach te ein Schälchen grüner Oliven und wunderte sich schnip pisch, dass ihr Gatte mit dem Uraltkorkenzieher hantier te. Wo denn der neue sei? Ich vernahm sogar das Klirren ihrer Armreifen. Eines der drei Fenster war gekippt. Da unterdrückte ich besser ein Räuspern.
    Elsäßer entzündete qualmend seine Pfeife. Seine Frau ordnete ihre langen Beine in einem Sessel und wandte ihr von roten Haaren gerahmtes Gesicht plötzlich dem Fenster zu. Ich erstarrte. Hoffentlich sah sie in der schwarzen Scheibe wirklich nur ihr eigenes Gesicht. Als sie sich wieder den Herren zuwandte, ging ich in die Hocke und kroch in den Schatten der Fenstersimse. Dort standen Topfbäumchen, darunter eine Weihnachtstanne, in der ein Faden Lametta blinkte. Über mir

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