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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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ich nicht mehr klar denken. Er sagt, sie sind gut untergekommen, aber ich merke, dass es ihn nervt. Er konnte noch nie gut mit Kindern umgehen.«
    Sara nahm Faith’ Finger und brachte die Lanzette in Stellung. » Wenn das alles vorüber ist, werden wir uns mal ausführlich über Ihre Nichtbefolgung der medizinischen Vorschriften unterhalten müssen. Ich weiß, dass es eine unglaubliche Untertreibung ist, wenn ich sage, dass Sie im Augenblick unter großem Stress stehen, aber Ihr Diabetes ist nicht etwas, bei dem Sie einfach auf den Pausenknopf drücken können. Ihr Sehvermögen, Ihr Kreislauf, Ihre Motorik…« Sara beendete den Satz nicht. Sie hatte die ganze Problematik schon so vielen Diabetikern eingeschärft, dass sie sich vorkam, als würde sie aus einem Manuskript vorlesen. » Sie müssen mehr auf sich achten, sonst werden Sie irgendwann blind oder landen im Rollstuhl oder noch Schlimmeres.«
    Faith sagte: » Sie sehen verändert aus.«
    Sara strich sich die Haare glatt, die am Hinterkopf in die Höhe standen.
    » Sie glühen ja fast. Sind Sie schwanger?«
    Sara lachte, weil die Frage sie überraschte. Eine Bauchhöhlenschwangerschaft mit Mitte zwanzig hatte zu einer partiellen Entfernung ihrer Gebärmutter geführt. Ein solches Wunder konnte auch Will nicht vollbringen. » Sie wiegen neunundfünfzig Kilo?«
    » Einundsechzig.«
    Sara stellte an dem Pen die entsprechende Dosis ein. » Sie werden sich das jetzt spritzen, während ich ein Frühstück für Sie mache, und Sie tun rein gar nichts, bevor Sie nicht auch den letzten Krümel aufgegessen haben.«
    » Der Herd da kostet mehr als mein Haus.« Faith beugte sich über die Theke, um ihn sich anzuschauen. Sara drückte sie wieder auf den Hocker. » Wie viel verdienen Sie?«
    Sie nahm Faith’ Hand und legte ihr die Finger um den Insulin-Pen. » Sie tun das, und ich hole Will.«
    » Sie können hier anrufen. Ich weiß, was Sie sagen werden.«
    Sara machte sich nicht die Mühe einer Erklärung, vor allem, da Faith offensichtlich Schwierigkeiten hatte, Informationen zu verarbeiten. Sie schnappte sich ihre Sachen von der Anrichte und ging ins Schlafzimmer. Will stand vor der Spiegelkommode und zog sein Hemd an. Sie sah seine breite Brust im Spiegel, die dunklen Flecken der Brandnarben, die über seinen flachen Bauch wanderten und in seiner Jeans verschwanden. Letzte Nacht hatte Sara ihren Mund auf jeden Quadratzentimeter seiner Haut gedrückt, jetzt aber, da sie im hellen Tageslicht beieinanderstanden, fühlte sie sich verlegen.
    Er schaute ihr Spiegelbild an. Sara zog sich den Morgenmantel enger um die Taille. Er hatte das Bett gemacht. Die Kissen lehnten sauber aufgeschüttelt am Kopfbrett. So hatte sie sich ihren Morgen nicht vorgestellt.
    Er fragte: » Was ist los?«
    Sie legte den Stapel mit ihren Sachen aufs Bett. » Faith ist hier.«
    » Hier?« Er drehte sich um. Er klang fast panisch. » Warum? Woher weiß sie es?«
    » Sie weiß es nicht. Sie hat mich gebeten, dich anzurufen. Sie befürchtet, dass ihr Telefon abgehört wird.«
    » Weiß sie über ihre Mutter Bescheid?«
    » Ich glaube nicht.« Sara raffte den Mantel über der Brust zusammen, spürte überdeutlich, dass sie darunter nackt war. » Sie sagte, dass man sie überwacht. Sie verhält sich paranoid. Ihr Blutzucker ist völlig aus dem Ruder. Sie nimmt jetzt ihr Insulin. Wenn sie erst mal was gegessen hat, sollte sie wieder normal werden.«
    » Soll ich Frühstück besorgen?«
    » Ich kann ihr was machen.«
    » Ich kann…« Er verstummte und machte ein deutlich unbehagliches Gesicht. » Vielleicht sollte ich das tun. Für Faith, meine ich. Du kannst mir ja nachher was machen.«
    So viel zum Morgen danach. Wenigstens wusste sie jetzt, warum Bob gestern Abend nach Rühreiern gerochen hatte. » Ich bleibe hier, damit ihr beiden ungestört seid.«
    » Könntest du…« Er zögerte. » Vielleicht wäre es besser, wenn du dabei bist. Ich muss ihr das mit ihrer Mutter sagen.«
    » Ich dachte, Amanda hätte gesagt, du solltest noch warten.«
    » Amanda sagt vieles, mit dem ich nicht einverstanden bin.« Er bedeutete ihr, dass sie vor ihm aus dem Zimmer gehen sollte. Sara ging den Gang entlang. Sie spürte Will dicht hinter sich. Trotz dem, was sich in der letzten Nacht ereignet hatte– ein Teil davon sogar hier im Flur–, fühlte er sich für sie wie ein Fremder an. Sara wünschte sich, sie hätte sich die Zeit genommen, sich etwas Vernünftiges anzuziehen.
    Faith saß noch immer an der Anrichte. Ein

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