Hartland
mit nur wenigen Gefährten.
Es war Don Coronados Goldzug, dem ich in Council Grove wiederbegegnete, und der Priester, um den es ging, war Juan de Padilla aus seinem Gefolge. Padilla wußte, was er tat, als er ein zweites Mal nach Quivira aufbrach, ohne bewaffneten Schutz, begleitet allein von zwei Ordensbrüdern, einem portugiesischen Glücksritter und einigen mexikanisch-indianischen Helfern. Er hatte den langen Marsch durch Wüsten und Steppen mitgemacht und den Vorstoß von Coronados letztem kleinen Trupp ins angebliche Goldland. Er hatte die Enttäuschung der Männer gesehen, die kein Gold fanden, nicht den kleinsten Krümel, und ihren Zorn, als sie El Turco erwürgten, der sie hergeführt hatte und endlich bekannte, sie genarrt zu haben, um sie fort von den Pueblos zu locken, in die Irre. Mit Coronadokehrte der Priester zum Hauptheer zurück, zum Rio Grande. Dort faßte er seinen Entschluß, rüstete sich aus und zog los.
Juan de Padillas Gang nach Quivira war der radikalste, vielleicht reinherzigste Eroberungszug, den Spanier je in der Neuen Welt unternahmen. Ob Cortés in Mexiko, Pizarro in Peru, Coronado in den Great Plains – sie alle waren ihrer Goldgier gefolgt, die Kreuze und Hostien in ihrem Gefolge waren besudelt vom Blut der Erschlagenen und Gequälten. Diesmal würde es anders sein. Juan de Padilla und seine Brüder zogen los ohne jede Hoffnung auf Gold oder Ruhm.
Nach einem Marsch von ungefähr tausend Meilen erreichten sie ohne Verluste die Quivira-Siedlungen am Fluß, die Padilla wenige Jahre zuvor mit Coronado entdeckt hatte. Er fand das Kreuz, das er dort errichtet hatte, so heißt es, gut erhalten und gereinigt vor, was darauf schließen ließ, daß die Indianer ihm eine gewisse Verehrung entgegenbrachten. Einige Zeit lebte und missionierte er bei den Quivira, die ihn anscheinend freundlich behandelten. Aber es hielt ihn nicht dort, es gab noch andere Stämme.
Die Quivira warnten ihn vor ihren Feinden und versuchten, ihn von seinem Plan abzubringen. Padilla brach dennoch auf, wieder mit einigen Gefährten. Als sie auf freier Prärie einen Trupp Krieger entdeckten, war es zu spät zu fliehen. Sei es aus Haß auf den fremden Priester, sei es, um ihren Feinden, den Quivira, diesen heiligen Mann zu nehmen, der seit einiger Zeit bei ihnen lebte und ihnen womöglich Glück brachte, töteten sie Padilla – kniend, im Gebet habe er sie erwartet,heißt es. Seine Mörder warfen ihn in eine Grube. Man habe seinen Leichnam mit Steinen bedeckt, sagt die Legende, entweder die Indianer, die ihn erschlugen, oder seine Freunde, die man laufenließ und die zurückkamen, um den Priester auf diese Weise zu bestatten. Seine Spur führte bis zu dem Monument, von dem mir Ron erzählt hatte. War Juan de Padilla hier gewesen? Lag der erste christliche Märtyrer Nordamerikas in Council Grove begraben unter der rätselhaften Steinpyramide, von der niemand zu sagen wußte, wer all die ersten Kalksteine hingelegt und alle weiteren darauf geschichtet hatte? Die Legende behauptete das. Später las ich einen zeitgenössischen Bericht über Padillas Mission und Tod. Weder bestärkte er diese Deutung, noch schloß er sie aus. Ich wollte das alte Monument sehen, aber Ron sagte, es existiere nicht mehr. Vor ein paar Jahren sei ein Blitz hineingefahren und habe es zerstört.
Der Sheriff und der Priester
An einem Sonntagmorgen verließ ich Council Grove bei schönstem Wetter. Ein dunstiger Schleier hing vor der Sonne und machte das Gehen angenehm leicht, kaum jemand war außer mir unterwegs. Nach vielen Hügeln, viel Auf und Ab, kam ich ins rußige Land. Seit Tagen hatten Rauchwolken am Himmel gestanden, jetzt sah ich, warum. So weit das Auge reichte, war alles schwarz, alles Gras abgebrannt, ganze Höhenzüge waren verkohlt. Ein einzelner grünender Baum stand in der Schwärze. Aber das apokalyptische Bild trog. Die Farmer zündeten ihr Land an, damit es sich erneuerte. In ein paar Wochen würde, wo jetzt alles schwarz war, alles grünen und blühen.
Als der Wagen des Sheriffs mich langsam überholte und rechts ranfuhr, stand mir eine Urszene amerikanischer Filme vor Augen: Der Aufgegriffene, am Sheriffwagen lehnend, Beine gespreizt, Arme auf dem Dach, wird mit vorgehaltener Waffe nach Waffen durchsucht. Genauso kam es. Während der Sheriff mich abtastete, dachte ich, wie seltsam, heute früh noch ein zu seinem Vergnügen Reisender in einer weißen Villa, jetzt das hier. Ein paar Stunden lagen dazwischen, ein paar
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