Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
wenn andere Interessen oder die Sehnsucht nach »klarem Kopf« den Drogen dauerhaft den Rang ablaufen.
Der bewusste Individualist
unter den Kiffern
Um den bewusst Cannabis einsetzenden Individualisten unter den Kiffern brauchen wir uns nicht zu sorgen. Er gehört nicht zur gefährdeten Klientel von Drogenberatungsstellen. Meist wird er ein Altkiffer, der Jahre oder gar Jahrzehnte einen ausgesuchten Umgang mit Haschisch und Marihuana pflegt. Weil er das gern im Alleingang tut und überdies den am seltensten ausfindig zu machenden Typus des Cannabiskonsumenten darstellt, beschreibe ich ihn als singulären »Einzeltäter«. Für ihn ist der gezielte Gebrauch der Droge eine der schönsten Nebensachen in seinem Leben. Er ist theoretisch belesen und praktisch erfahren im Erleben der Drogenwirkungen. Sein Risiko hält er gering, da er der Droge keine bestimmende Macht in seinem Lebensalltag gewährt. Er bleibt beständig Herr der Lage. Der Individualist pflegt den sorgfältigen Umgang mit der Droge wie die seltenen Begegnungen mit einer ihm menschlich nahen, aber entfernt lebenden Bekanntschaft. Das Wort »pflegen« ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn von Beginn an hat er stets beherzigt, was bereits Charles Baudelaire in »des Haschischs Stammbuch« schrieb. Im Kapitel »Wirkungen« habe ich seinem berühmten Haschischgedicht diesen treffenden Zusatztitel gegeben. Der Individualist unter den Kiffern benutzt Cannabis über die Zeit selten und dann ganz gezielt. Er hat nicht die Erwartung, die Droge könne Probleme für ihn lösen oder ihn von einem schlechten Gemütszustand erlösen. Er kifft nicht »einfach so«, zufällig oder unüberlegt. In aller Regel plant er ein Drogenerlebnis bewusst vor, indem er sorgfältig Zeit, Situation, Ort und eventuelle Begleitung wählt. Er benutzt Cannabis, um auserkorene Situationen nahezu zeremoniell zu erhöhen: vielleicht an einem stillen Wochenende zu Hause oder an einem schönen Ort draußen in der Natur; allein mit sich oder mit einer vertrauten Person als Gemeinsamkeitserlebnis, durch Haschisch zwar getrennt, aber mit dem fühlenden Herzen verbunden. Es wäre nicht verfehlt, zu behaupten, dass der Individualist die Wirkungen der Droge für manch »romantische« Augenblicke des Lebens in Dienst nimmt. Es geht ihm um »Spüren« und niemals um »Zumachen«. Im gleichen Sinn gönnt er sich an bestimmten »Feiertagen« in seinem Leben vielleicht sogar eine Drogenreise mit einem stärker wirkenden Halluzinogen wie LSD oder magischen Pilzen.
Auf diesen Typus des Cannabisgebrauchers trifft die Bezeichnung »Kiffer« kaum noch zu. Dafür ist sein Kontakt mit dem Stoff zu selten. Er ist nicht gefährdet, süchtig zu entgleiten, da er von seinem inneren Gerüst her in der Lage ist, süchtigen Verlockungen jedweder Art zu widerstehen. Maßloser Gebrauch und Abhängigkeit von Suchtmitteln sind nicht »sein Ding«. In der Regel ist er trotz gelegentlichen Kiffens sogar Nichtraucher, bezogen auf den Konsum von Nikotin.
Das Leben des cannabisgebrauchenden Individualisten ist nicht ohne Stolpersteine und Klippen. An den Schwierigkeiten in seinem Leben wächst er jedoch. Er ist nie der trügerischen Hoffnung erlegen, sie mit der Hilfe von Drogenwirkungen aus seinem Leben verbannen zu können. Offen für das Leben, sammelt er Lebens- und Selbsterfahrung und erfährt darüber, was Glück und Leid bedeuten. Mit Persönlichkeit und Charakter füllt er seinen gefundenen Platz im Leben aus. In aller Regel verfügt er über zwar wenige, dafür aber umso tragendere soziale Beziehungen und eine gesicherte berufliche Existenz. Als Cannabisgebraucher ist er gänzlich unauffällig und ein lebender Beweis dafür, dass die Droge bei Menschen, die ihr bloß eine Nische in ihrem Leben einräumen, keinen Schaden anrichtet.
Die ideologischen Weltschmerzkiffer
Bewusste Individualisten eines ganz anderen Kalibers sind die von mir unterschiedenen »ideologischen Weltschmerzkiffer«. Es handelt sich bei ihnen um chronischen Cannabiskonsum betreibende junge Erwachsene zwischen etwa 16 und ältestens 24 Jahren, wobei die Geschlechterwaage sich eindeutig zur Seite der jungen Männer neigt. Sie zeichnen sich durch eine besondere Spielart von willentlicher wie unbewusster Lebensverweigerung aus. Mit ihren charakteristischen Nöten stellt diese spezifische Gruppe lebensverneinender junger Leute alle anderen Menschen in ihrem sozialen Umfeld privat wie professionell vor besondere Herausforderungen. Bei unbezweifelbarer
Weitere Kostenlose Bücher