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Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie

Titel: Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: beltz Verlag
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Tages anlässlich einer privaten Begegnung mit mir sprach, schien er mir von maßlosem, aufgeblähtem Stolz erfüllt. Bei den sorgfältig gesetzten Worten meines Gegenübers musste ich unwillkürlich an Charles Baudelaire denken, wie genau er doch in seiner scharfsinnigen Charakterisierung manches unter Haschischeinfluss stehenden Zeitgenossen den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Eine falsche Stimme schien meinem Gesprächspartner Baudelaires Worte einzuflüstern:
    »Du hast das Recht, dich allen Menschen überlegen zu fühlen; niemand kennt und könnte begreifen, was du alles denkst und empfindest; sie wären nicht einmal fähig, das Wohlwollen zu schätzen, das sie dir einflößen. Du bist ein König, den die Vorübergehenden verkennen und der in der Einsamkeit seiner Überzeugungen lebt: doch was kümmert dich das? Besitzest du nicht jene höchste Verachtung, welche die Seele so gut macht?«
    Größenfantasien und heimliche bis offene Verachtung sind in der Tat ein Thema bei nicht wenigen Konsumenten von Cannabis. So, wie mein Gesprächspartner sich gab, schien er mir von seinem Thron herunter quasi huldvoll Audienz zu gewähren, um mich an seinen weltumspannenden Gedankengängen teilhaben zu lassen. Hinter der zur Schau getragenen Selbstherrlichkeit wirkte er vordringlich unsicher und angreifbar auf mich. Sein Glück »des Eingeweihten« schien eher verderblich und versprach kein langes Haltbarkeitsdatum.
    Nicht immer erheben sich die nach dem Motto »Ich kiffe, also bin ich wer« verfahrenden Cannabiskonsumenten in einem Maße über ihre Mitmenschen wie der gerade erwähnte geistige »Überflieger«. In aller Regel geht es bescheidener zu. Ein 19-jähriger Auszubildender, der keinen leichten Stand in seinem Leben hat, sieht es auf dem Boden der Tatsachen weitaus nüchterner:
    »Auf meiner Arbeit geht es hart her. Da herrscht ein rauer Umgangston, sowohl von meinem Chef wie unter den Kollegen. Wenn ich manchmal kiffe, gibt mir Haschisch das Gefühl, ein Mensch zu sein, der einen eigenen Wert hat.«
    Ein wieder anders gelagertes Motiv, jemand sein zu wollen, offenbarte mir ein erst 13-jähriger Schüler, der mit fünf Gleichaltrigen aus freien Stücken in eine Kleingruppenberatung kam. Äußerlich war er selbst für sein noch junges Alter ein sehr kleinwüchsiger und schmächtiger Junge, der den anderen körperlich in allen Belangen unterlegen war. In seiner Aufgewecktheit und Pfiffigkeit übertraf er seine Kameraden indes bei Weitem. Nach kurzem »Abchecken« führte er in dem Gespräch das große Wort. Obgleich es aufgrund der bislang gewechselten Worte wenig Anlass dafür gegeben hätte, betete er mir nahezu das vollständige Einmaleins des Kiffens herunter. Es war eindeutig, dass er bereits über ein gerüttelt Maß an Eigenerfahrung mit dem Gebrauch von Haschisch verfügte. Seine Klassenkameraden kamen anfänglich kaum zu Wort, blickten ihn allerdings mehr mit fragender Neugier oder sogar Bewunderung denn mit kritischer Distanz an. Das mochte mir nicht gefallen. Es roch zu stark nach »Verführung«. An manchen Stellen seiner geschilderten Cannabiserfahrungen bemerkte ich eindeutige Ungereimtheiten in der Darstellung des Jungen. Es war spürbar, dass er sich dort auf unsicheres Terrain begab und noch mehr bieten wollte, als er tatsächlich an gesicherter Erfahrung besaß. Seinen Kameraden fiel das nicht auf. Sie lauschten ihm andächtig. Die Rolle des Jungen war klar ersichtlich: Er beanspruchte das Sagen und war der Boss in der Clique. Eine einleuchtende Erklärung für sein Mehr-scheinen-Wollen war unmittelbar ersichtlich: Wie musste sich der Junge in seiner Haut fühlen, so klein und schmächtig, wie er geraten war?
    Mit Sicherheit war ihm die Erfahrung nicht erspart geblieben, dass die Jungen- wie Männerwelt gnadenlos brutal sein können im Herabsehen auf körperlich zu klein geratene Geschlechtsgenossen. Der Junge behalf sich in der Not. Mit körperlicher, »männlicher« Größe hatte die Natur ihn bisher nicht begünstigt. Folglich bot der 13-Jährige anderes auf. Mit seiner listigen Schläue, pfiffigen Aufgewecktheit und einer guten Portion Durchtriebenheit hatte er sich die Rolle des Wortführers in seiner Clique erkämpft. Er suchte seine Position zu festigen mit den fesselnden Reden über Drogenerfahrungen, die seine Kameraden bisher nicht aufzuweisen hatten. Ich legte die Unstimmigkeiten im Wissen des Jungen über Cannabis nicht offen, um ihn nicht bloßzustellen, gab ihm aber für ihn

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