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Haschisch

Haschisch

Titel: Haschisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar A. H. Schmitz
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Säule, machte eine Schlinge daraus und stellte mich an der Kirchentür auf. Es dauerte nicht lange, bis der Graf mit einer Verbeugung seinen Zuschauerinnen anzeigte, daß die Vorstellung zu Ende sei. Mit selbstzufriedenem Lächeln durchschritt er die Kirche, von den bewundernden Blicken der Herzoginnen verfolgt. Eben wollte er auf die Straße treten, als ich ihm meine Schlinge über den Kopf warf. Er wußte nicht recht, was mit ihm vorging, aber als Mann von Welt lächelte er und sagte mit Ironie: »Ihrer hübschen Tracht nach müssen Sie aus dem neunzehnten Jahrhundert sein. Kann ich Ihnen mit etwas dienen?«
    »Tun Sie nicht, als ob Sie mich nicht kennen«, erwiderte ich ärgerlich. »Sie versprachen mir ...«
    »Oh, verzeihen Sie, diese Damen hielten mich ein wenig auf. Nun bin ich wieder ganz der Ihre. Wir haben übrigens noch viel Zeit vor uns«, dabei zog er seine Uhr aus der Tasche. »Es sind noch über zwanzig Jahre bis zur Revolution. Wir können uns noch lange unterhalten.«
    Mein Ärger wurde plötzlich durch ein rasendes Bedürfnis nach ausgelassenster Lustigkeit abgelöst.
    »Ich will lachen, schreien, purpurne Visionen haben«, bemerkte ich aufgeregt.
    Der Graf erschrak ein wenig.«Wir werden ja sehen«, begütigte er.
    Wir stiegen in ein Kabriolett, um nach dem Marais zu fahren. Es war Nacht, aber ungemein belebt in den Straßen. Es mußte wohl Karneval sein. Bunt Maskierte begegneten uns und warfen Blumen in den Wagen. Überall herrschte ausgelassenes, trunkenes Geschrei.
    »Die Leute wissen, daß es nur noch zwanzig Jahre dauert«, sagte Saint-Germain. »Aber sie stellen es sich schlimmer vor, als es wirklich werden wird. Ich habe ihnen nämlich vorgeschwindelt, die Jakobiner würden ganz Paris niederbrennen und alle, die fortlaufen wollen, erschlagen.«
    Saint-Germain konnte sich vor Lachen über diesen Spaß kaum halten.
    »Warum haben Sie das getan?« fragte ich verständnislos.
    »Um ihre Lustigkeit ins Maßlose zu steigern. Solche kleine weltgeschichtliche Schauspiele sind das einzige Amüsement meines Lebens. Glauben Sie, ich wolle mich langweilen wie der kleinbürgerliche Ahasver? Das Hübscheste, was ich mir leistete, war doch die Geschichte mit den Albigensern. Denen habe ich nämlich eingeredet, sie müßten die Sünde durch die Sünde heilen. Im neunzehnten Jahrhundert nennen sie das – glaube ich Homöopathie, similia similibus. Die Leute bildeten sich in der Tat ein, sie müßten alles Böse mit Gewalt aus sich heraussündigen. Nun, Sie können sich denken, was das für Szenen gab. Aber ich will Sie nicht mit Beschreibungen ermüden, denn Sie sollen heute etwas Ähnliches in Wirklichkeit sehen.«
    »Halten Sie nur Wort!« erwiderte ich etwas ungläubig. »Ich habe nämlich eine kleine auserlesene Gesellschaft zu einem Fest bei dem Grafen Gilles de Laval eingeladen, den Sie in Deutschland, soviel ich weiß, Ritter Blaubart nennen, aber die Gäste wissen selbst nicht, wo sie sich befinden. Man ahnt nur, daß es einen Hauptspaß geben wird, verraten Sie also nichts. Mein Freund Gilles möchte, als Kapuzinermönch verkleidet, unbekannt bleiben. Er liebt das achtzehnte Jahrhundert nicht sehr.«
    Unter solchen Gesprächen kamen wir auf der Place des Vosges an. Wir trieben uns einige Zeit, ohne Aufmerksamkeit zu erwecken, unter den Arkaden umher und ließen uns dann in einer Sänfte an das Guisenpalais im Marais tragen. Nachdem wir uns überzeugt hatten, daß die Träger weit entfernt waren, schlüpften wir. in eine kleine Gasse, an deren Ende sich ein armseliges Holzpförtchen befand. Der Graf schlug an die Tür. Ein scheußliches altes Weib öffnete. Wir standen in einem feuchtkalten dunklen Vorraum. Ich folgte Saint-Germain durch einige schlecht beleuchtete, unangenehme Gänge, bis er stehen blieb, seinen Mantel abwarf und in reicher Hoftracht dastand. Er strich sich das gepuderte Haar zurecht, betrachtete unter einer Kerze in einem Handspiegel sein Gesicht, das er wie ein seidenes Tuch zusammenzufalten und wieder aufzurollen schien, bis ihm eine Lage gefiel. Ich wurde vor Ungeduld nervös. Schließlich öffnete er eine Tür. Wir traten in einen gelb und silbernen Vorraum. Vor ungeheuren, kerzenlichtüberströmten Spiegeln bewegten sich reich gekleidete Damen und Kavaliere. Eine breite Treppe führte nach einer an die Decke stoßenden Flügeltür hinauf. Alle schauten gespannt nach dieser Tür. Mein Bedürfnis nach Lustigkeit wich einem faszinierten Starren vor den Lichtfluten, die mich

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