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Haschisch

Haschisch

Titel: Haschisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar A. H. Schmitz
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sie aufwärts tragen, werden singen: »Gloria patri et filiae!«
    Fray Tomàs bekreuzte sich und ließ sie allein. Er wußte sie nun vorbereitet genug, um sie im letzten Augenblick überrumpeln zu können.
    In einer der folgenden Nächte lag Teresa Alicocca nach ihrer Gewohnheit vor dem Altar der dunklen kleinen Kirche flehend ausgestreckt. Ihr lautes Schluchzen durch die Finsternis wurde plötzlich unterbrochen, indem die Orgel wie unter Geisterhänden leise zu spielen begann, und zwei zerbrechliche Kinderstimmen sangen hell und zart: »Gloria patri et filiae.«
    Ein heftiges Beben überkam Teresa. Sie glaubte an ein Wunder der Erleuchtung, und heiße Dankgebete strömten von ihren Lippen. Da trat mit einer Kerze in der Hand Fray Tomàs de Leon hinter dem Altar hervor. Er war silberweiß gekleidet. Unter dem Arm trug er einen Schrein.
    »Steh auf, Gebenedeite!« rief er ihr zu. »Laß den niedrigsten der Diener deinen Leib zum Opfer schmücken!«
    Und die hellen Kinderstimmen tönten licht und wie durchsichtig durch das Gewölbe.
    »Steh auf, Tochter Gottes, Schwester Jesu!«
    Willenlos, geblendet von der Helle, die den Priester umfloß, erhob sie sich. Mit sanften, gewandten Händen half er ihr, das armselige Klostergewand zu öffnen. Es sank um sie herab, wie die irdische Hülle einer Verklärten. Die Augen mit Heftigkeit auf den Christ gerichtet, suchte sie ihre Scham wie einen Schmerz zu verbeißen. Die letzten Gewänder fielen nieder. Sanft zog ihr der Priester das rauhe Hemd ab und legte segnend die Hände über das nackte Weib. Dann öffnete er den Schrein und nahm funkelnde Geschmeide heraus ...
    »Trage die sündenschwangere Schwüle der mattgrauen Wolkentage, die Last unserer trügerischen Sehnsucht!«
    Er legte blasse, siebenfache Perlenschnüre um ihren Hals.
    »Laß dich umwinden vom golddurchfunkelten Blau der Himmel, vom Jauchzen der Kreatur, die den Menschen aufregt zum farbigen Baalstanz seiner götzendienerischen Kunst.«
    Der Priester wand ein hellblaues Atlasband mit maßlosen sonnigen Topasen unter ihre Brüste, die spitz und starr heraustraten.
    »Laß dich lüstern streifen von lauen Wäldern, den Unterschlupfen der Wollust, von den gärenden Wassern im Regenbogenglanz, wo Tiere dämmern, Geschwister der schwülsten Begierden!«
    Wie Blätter des Waldlaubs streute er tannengrün-tiefen Smaragd, sanften Beryll, birkenblasse Chrysoprase. Moosiger Nephrit und verfänglich schillernde Opale lagen um ihre Lenden.
    »Beuge dich dem zehrenden Feuer, das den Bauch der Erde zersprengt, den Aufruhr entzündet im Schöße der Völker!«
    In fesselloser Verschwendungsgier umschloß er sie mit Spangen von glühendem Rubin und weichrotem Karneol. Granaten, Almandinen und Korallen sanken wie Blutstropfen auf den Schoß der Jungfrau.
    »Wühle auf deine Locken, den Ozean, den Duftausbruch des verworrenen Verlangens, trage darin das Irrlicht der Erkenntnis, das schaukelt über den Sümpfen der Sinne, die ewige Lampe des Hochmuts der Wissenden!«
    Fray Tomàs löste mit wildem Griff das wogende Haar und drückte eine Diamantenkrone hinein. Trunken vor seinem funkelnden Werke sagte er: »Nackt prunke, leuchte, singe dein Leib unter der Pracht und den Sünden hervor, auf daß dich Satan zeichnen möge!« Doch, wie in plötzlicher, verzweifelnder Entsagung fuhr er fort: »Deine Schritte beschwere der finstere Fluch unserer purpurnen wühlenden Nächte, da uns die Atemzüge der Hölle glühend ins Antlitz fauchen, das da funkelt in steter Empörung und Wollust, im Schrei nach endlichem Licht!«
    Und Fray Tomàs de Leon legte ihr trüben Amethyst, nächtigen Saphir und Aquamarin in finster-bläulichen Schnüren von dem Lendengurt bis zu den Knöcheln wie durchsichtige orientalische Beinhüllen.
    Beladen mit aller Herrlichkeit, mit allen Freveln der Erde starrte die Vierzehnjährige auf den Christ über dem Altar und wußte nicht, wie ihr geschah. Auf einer goldenen Schale reichte ihr Fray Tomas das grünlich schimmernde Wachshaupt Jesu. Dann ergriff er sie an der Hand und wandte sie gegen die Kirche, die indessen in überhellem Kerzenschein erstrahlt war. Auf den Fliesen lag ein weißer Teppich ausgestreckt, an dessen Ecken Fackeln brannten und Myrrhenbecken dampften. Fray Tomàs führte die Zagende mitten auf den Teppich.
    »Tanze, Tochter des Himmels, tanze den Tanz der Erlösung und erfülle in prahlender Unzucht in dieser einen Stunde alle die Frevel, die der Satan noch von der Menschheit zu fordern

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