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Haschisch

Haschisch

Titel: Haschisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar A. H. Schmitz
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herauszudringen vermochten. Sie fühlte sich wie abgetrennt von der allgemeinen unsichtbaren Kirche. Diesen Zustand benutzte der Priester, um Teresa zu bestimmen, ihre Zelle zu verlassen. Auf die Klöster habe es ja Satan besonders abgesehen, und zumal die, wo die Substitution geübt werde, seien wahre Magnete für die satanische Ausstrahlung. Eine schwache Natur, wie Teresa, sei daher überall besser aufgehoben als in einer einsamen Klosterzelle. Als Beichtvater wußte er ihr klarzumachen, daß es ihre Pflicht sei, einen so außergewöhnlichen, beunruhigenden Fall, wie den ihren, dem sanften, heiteren Gemüt der Oberin zu verschweigen, die dadurch nur in die höchste Verwirrung geraten würde.
    Eines Nachts verließ Teresa Alicocca das Kloster durch ein Gartenpförtchen. Fray Tomàs brachte sie in einem Kahn zu dem halb blinden, halb tauben Küster einer abgelegenen, wenig besuchten Kirche. Dort sollte sie eine Zeitlang die gefährliche Beschaulichkeit ihres bisherigen Lebens durch die niederen Handreichungen in einem ärmlichen Hauswesen ersetzen. Nichts war ihr einleuchtender, als durch ermüdende, demütige Arbeit ihre verwirrte Seele allmählich wieder zur Ruhe kommen zu lassen. Fray Tomàs besuchte sie täglich. Er erzählte, Teresas Mutter sei wieder in das alte Sündenleben zurückgefallen. Die früheren Versuchungen, vor denen die Tochter sie geschützt, seien nun von neuem an sie selbst herangetreten, und besonders habe sie sich, der Verzweiflung über das Verschwinden der Tochter nachgebend, zu den schimpflichsten Gotteslästerungen hinreißen lassen. Täglich brachte Fray Tomàs ähnliche Nachrichten. Teresa wäre am liebsten sofort zur Mutter geeilt, aber der Priester verstand es, sie zurückzuhalten. Man würde sie entdecken und in das Kloster zurückliefern. Was konnte sie auch der Mutter durch ihre Gegenwart nützen? Sie solle lieber durch Kasteiung und Gebete ihre frühere Reinheit zurückgewinnen und – die geziemende Demut vorausgesetzt – von neuem das Wunder der Substitution versuchen.
    Einmal rief sie aus: »Wenn schon ein Opfer Satans fallen muß, warum kann ich es denn nicht sein? Ich bin ja viel schlechter als die Mutter.«
    Der Priester sah sie lange forschend an. Der Gedanke, den er ihr allmählich eingeben wollte, war von selbst in ihr erwacht.
    »Was du verlangst, meine Tochter«, sagte er ruhig, »ist möglich. Wenn du dich dem Bösen als Pfand geben willst, um die Mutter zu retten, so nimmt er es an.«
    »Ich will«, erwiderte sie tonlos, und Fray Tomàs de Leon fiel vor ihr auf die Knie und küßte den Boden.
    »Gebenedeite unter den Weibern«, rief er aus. »Tochter Gottes, Schwester des Heilands. Weh mir Blindem, der ich dich für eine Sünderin hielt, da du freiwillig den Schein der größten Missetat auf dich nahmst. Aber zweifelte nicht auch Nikodemus zuerst an der Gottheit des Herrn, weil er irdischen Leib trug? Siehe, ich bin der erste, der vor dir niederfällt, nicht wert, die Riemen deiner Schuhe zu lösen. Vergib mir, wenn ich dich nicht erkannt.«
    In höchster Verwirrung hatte Teresa Alicocca zugehört.
    »Steh auf, rief sie zitternd, »was verlangst du von mir? Willst du mich versuchen, willst du in mir den Teufel des Hochmuts von neuem erwecken?«
    Fray Tomàs stand auf: »Siehe, ich bin berufen, dir eine letzte erschütternde Prophezeiung zu enthüllen, welche die Kirche bisher als tiefstes Geheimnis hielt. [Fußnote: Ist es nötig zu erklären, daß die Kirche niemals etwas Ähnliches anerkannte!] Jesus Christus ist Mensch geworden; über die Welt bis in das Fegefeuer reichte sein rettender Arm. Doch seine Göttlichkeit stand still vor den Pforten der Verdammnis. Unerlöst blieben die Kinder der Hölle, denn dorthin führt nur die Sünde wider den Heiligen Geist, die der Gottessohn nicht begehen kann. In den spätesten Zeiten aber – so heißt es – soll ein Weib geboren werden. Freiwillig wird sie die Tore der Hölle durchschreiten. Ihrem sündigen Menschentum werden sie sich nicht verschließen. Aus freier Wahl wird sie die größte Sünde begehen, um die Fesseln derer zu lösen, die an die Ewigkeit ihrer Qual geglaubt. Das ist die letzte Vollendung der Güte des Herrn. Dann aber wird sie umkehren und gen Himmel fahren. Sprengen muß sie die Dreieinigkeit, die nunmehr erfüllt ist, und sie wird thronen zu Häupten Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, reitend auf der Taube, in ewiger Viereinigkeit.«
    Wieder fiel Fray Tomàs auf die

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