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Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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bin.»
    «Hhhh.» Sie sinkt tiefer ins Kissen, und eine satte Freude schiebt ihr die Wangen auseinander. «Ich hab ein kleines Baby gekriegt.»
    «Es ist wunderbar.»
    «Du bist wunderbar. Du siehst so groß aus.» Sie sagt das mit ge schlossenen Augen, und als sie sie wieder öffnet, laufen sie schier über von einem trunkenen Einfall. Rabbit hat ihre Augen nie so funkelnd gesehen. Sie flüstert: «Harry. Das Mädchen aus dem andern Bett ist heute rausgekommen, du könntest doch nachher, wenn du gehn mußt, ums Haus rumschleichen und zum Fenster reinsteigen, und dann liegen wir die ganze Nacht wach und erzählen uns Geschichten. Wir tun so, als kämst du gerade vom Militär zurück oder so. Hast du was mit ändern Frauen gehabt?»
    «He, ich finde, du solltest dich jetzt ausruhen.»
    «Ist schon gut, du wirst jetzt besser mit mir schlafen.» Sie kichert und versucht, sich aufzurichten. «Nein, so hab ich's nicht gemeint, du bist ein guter Liebhaber, du hast mir ein Kind gemacht.»
    «Mir scheint, du bist ziemlich munter, für deinen Zustand.»
    «Gefall ich dir?» fragt sie. «Ich würde dich ja zu mir ins Bett einladen, aber es ist so schmal. Oooh.»
    «Was ist denn?»
    «Gerade kriege ich wieder diesen fürchterlichen Durst auf Orangen saft.»
    «Bist du nicht ein bißchen drollig?»
    « Du bist drollig. Oh, das Baby hat mich so böse angeguckt.»
    Eine Nonne tritt in die Tür und füllt sie mit ihren Schwingen aus. «Mr. Angstrom. Zeit.»
    «Komm, küß mich», sagt Janice. Sie berührt sein Gesicht, als er sich niederbeugt und wieder ihren Ätherhauch atmet. Ihr Mund ist eine warme Wolke, die sich jäh zerteilt, und ihre Zähne drücken sich in seine Unterlippe. «Geh nicht weg», sagt sie.
    «Nur für heute. Ich komme morgen wieder.»
    «Ich lieb dich.»
    «Ich liebe dich .»
    Eccles wartet auf ihn im Vorraum. «Wie war sie?» fragt er.
    «Fabelhaft.»
    «Wollen Sie jetzt wieder dahin zurückgehn, wo Sie – wo Sie gewesen sind?»
    «Nein», antwortet Rabbit, und es schüttelt ihn. «Um Gottes willen. Das kann ich nicht.»
    «Gut, wollen Sie dann zu mir nach Haus mitkommen?»
    «Hören Sie, Sie haben wirklich mehr als genug getan, ich kann doch zu meinen Eltern gehn.»
    «Es ist zu spät, Sie können sie jetzt nicht aufwecken.»
    «Nein, wirklich, ich kann Ihnen diese Mühe nicht auch noch aufhalsen.» Aber er hat sich schon entschlossen, die Einladung anzunehmen. Jeder einzelne Knochen in seinem Körper fühlt sich aufgeweicht an.
    «Es ist keine Mühe. Ich bitte Sie ja nicht, bei uns Ihr Leben zu verbringen», sagt Eccles. Die lange Nacht hat seine Nerven strapaziert. «Wir haben massenhaft Zimmer.»
    «Also gut. Vielen Dank.»
    Sie fahren nach Mt. Judge, über die vertraute Autostraße. Um diese Stunde ist sie nicht einmal von Lastwagen befahren. Harry sitzt wortlos da und starrt durch die Windschutzscheibe; sein Körper ist starr, sein Geist ist starr. Die gewundene Straße erscheint ihm wie eine breite, schnurgerade Spur, die ihm den Weg weist. Nichts will er tun außer dieser Spur folgen.
    Man führt ihn in sein Zimmer; am Bettüberwurf baumeln Quasten. Er benutzt verstohlen das Badezimmer und rollt sich dann, angetan mit seiner Unterhose, zwischen den Bettüchern zusammen, macht sich so klein, wie es nur geht. Und so an der Bettkante aufgerollt, zieht er sich in den Schlaf zurück wie eine Schildkröte in ihren Panzer. In dieser Nacht ist der Schlaf nicht, wie sonst, ein dunkles, unheimliches Gebiet, in das vorzudringen der Geist sich bewußt konzentrieren muß; in dieser Nacht ist er eine Höhle in ihm selbst, eine Höhle in Rabbit, in der er sich zusammenkuschelt, indes der Bär draußen mit seinen Pranken rüttelt wie Regen.
     
    Sonnenschein, der alte Clown, füllt das Zimmer bis zum Rand. Zwei rosa Stühle flankieren das tüllbauschige Fenster, durch das gelb das Licht einströmt über den kleinen Schreibtisch hinweg, der beladen ist mit Briefpapier. Darüber hängt ein Bild, das eine Dame in Rosa zeigt, die auf einen zukommt. Eine Frauenstimme hämmert gegen die Tür: «Mr. Angstrom! Mr. Angstrom!»
    «Ja, hallo!» ruft er heiser zurück.
    «Es ist zwanzig nach zwölf. Jack hat gesagt, ich soll Ihnen sagen, von eins bis drei ist Besuchszeit in der Klinik.» Er erkennt den knusprigen, kratzbürstigen kleinen Unterton in Mrs. Eccles’ Stimme wieder, so, als wollte sie hinzufügen: «Und was haben Sie überhaupt in meinem Haus zu suchen?»
    «Ja danke. Ich bin gleich soweit.» Er zieht die

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