Hasenherz
sich schon wieder verdichtet im Zimmer, nicht näher kommen läßt. Sie trägt die durch weichten, verschmierten Windeln ins Badezimmer und wirft sie in die Toilette und kniet sich dann vor die Wanne und fingert an dem Stöpsel herum, bis sie ihn im Abflußloch hat. Sie dreht beide Hähne auf, so weit, wie's geht, aus Erfahrung weiß sie: wenn man beide ganz auf dreht, entsteht die richtige handwarme Temperatur. Das Wasser stößt wie mit Fäusten aus den Hähnen. Sie sieht das Glas mit dem wässerigen Whisky auf dem Toilettendeckel stehen und nimmt einen langen, abge standenen Schluck und weiß dann nicht, wo sie mit dem Glas bleiben soll. Und Rebecca indessen hört nicht auf zu schreien. Als hätte sie Verstand genug zu wissen, daß sie dreckig ist. Janice nimmt das Glas ins Zimmer mit und gießt es auf dem Teppich aus, als sie sich hinkniet, um dem Baby das Nachthemdchen und das Jäckchen auszuziehen. Sie trägt die triefenden Sachen zum Fernsehapparat und legt sie obendrauf und kniet sich wieder hin und sammelt die Buntstifte in die Schachtel ein. Der Kopf tut ihr weh von diesem dauernden Rauf und Runter. Sie legt die Schachtel mit den Stiften auf den Küchentisch und stopft den verschmähten Speck und den Salat in die Papiertüte unter dem Spülbec ken, aber das Tütenmaul geht nur zur Hälfte auf, und so fällt der Salat in die Finsternis hinter der Tüte, und sie hockt sich auf den Boden und stößt sich den Kopf, sie will sehen, ob sie den Salat nicht hervorholen kann, aber es gelingt ihr nicht. Ihre Knie brennen vom vielen Knien. Sie gibt's auf und sitzt zu ihrem Erstaunen plötzlich auf einem Küchen stuhl und starrt die bunten, weichen Schnauzen der Stifte an, die aus der Schachtel schnüffeln. Der Whisky, sie muß ihn verstecken. Eine Sekunde lang rührt ihr Körper sich nicht, aber als er's dann doch tut, sieht sie, wie ihre Hände mit den schmalen Schmutzrändern unter den Nägeln die Flasche ganz unten in einem Schränkchen verstauen, zwischen alten Hemden von Harry, die sie dahin gelegt hat, um sie mal als Putzlappen zu verwerten, er zieht ja ein geflicktes Hemd nicht mehr an, nicht etwa, daß sie sich nicht aufs Flicken verstanden hätte. Sie schlägt die Tür zu, sie knallt, schnappt aber nicht ein, und an der Linoleumkante unterm Ausguß liegt der Verschluß der Whiskyflasche und guckt sie an wie ein kleiner Zylinder. Sie wirft ihn in die Mülltüte. Jetzt ist die Küche einigermaßen ordentlich. Im Wohnzimmer liegt Rebecca noch immer nackt auf dem fusseligen Sessel, ihr Bauch ist an den Seiten gebläht vom Brüllen, und ihre formlosen, krummen Beinchen sind verrenkt und ganz rot. Janices erstes Baby ist ein Junge gewesen, und sie kann sich noch immer nicht an diese zwei kleinen Fettwülste zwischen den Beinen des Mädchens gewöhnen, ein Junge hat doch so eine dreiteilige Angelegenheit dort (Harry wollte nicht, daß der Arzt Nelson beschneidet, er selber ist nicht beschnitten worden und hielt es für unnatürlich, und sie hat ihn ausgelacht damals, er war so aufgeregt). Rebeccas Gesicht wird immer röter vom Schreien, und Janice schließt die Augen und denkt, daß es wirklich gemein von Mutter ist, herzukommen und ihr den Tag noch ganz und gar zu vermasseln, nur weil sie sich davon überzeugen will, daß sie, Janice, Harry zum zweitenmal verloren hat. Sie hat jetzt nicht mal mehr eine Minute Zeit, sich zu präparieren, und das gräßliche Baby denkt nicht daran, mit dem Brüllen aufzuhören, und da drüben auf dem Fernsehapparat liegen noch die schmutzigen Sa chen. Sie nimmt sie mit ins Bad, wirft sie in die Toilette auf die Windeln und dreht die Wasserhähne zu. Die zitternde graue Linie des Wassers läuft ganz oben am Rand der Wanne entlang. Schnelle kleine Falten rippeln über die Oberfläche, und unter ihnen lauert eine farblose, tiefe Masse. Sie denkt, wenn sie doch jetzt reinsteigen könnte! Zum Platzen gefaßt und ruhig geht sie ins Wohnzimmer zurück. Sie kippt viel zu leicht vornüber, so versucht sie es also gar nicht erst, das winzige, glitschige Ding senkrecht von oben aus dem Sessel zu graben; sie kniet sich hin und schöpft Rebecca mit den Armen an sich, preßt sie seitlich an ihre eine Brust und trägt sie so ins Bad. Sie ist stolz, daß sie dies eine wenigstens zustande bringt: Rebecca wird sauber sein. Sie läßt sich sacht auf die Knie nieder neben der großen, stillen Wanne, aber daß ihre Ärmel von unten bis oben naß werden, das hat sie nicht erwartet. Wie zwei breite Hände
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