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Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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am Armaturenbrett.
    «Ich hab mir gedacht, daß sie zu ihren Eltern geht», sagt Rabbit. Es ärgert ihn allmählich ein bißchen, daß der Geistliche nicht schilt mit ihm; er versteht sein Handwerk anscheinend nicht.
    Der Anzünder springt heraus. Eccles hält ihn an seine Zigarette, zieht und kehrt zum Thema zurück. «Offenbar», sagt er, «hat sie bei Ihren Eltern angerufen, als Sie nach einer halben Stunde noch nicht zurück waren, und hat Ihren Vater gebeten, den Jungen rüberzubringen in die Wohnung. Ihr Vater, nehme ich an, hat versucht, sie zu beruhigen, und gesagt, Sie seien sicherlich irgendwo aufgehalten worden. Und ihr ist dann eingefallen, daß Sie spät nach Haus gekommen sind wegen irgend eines Basketball-Spiels auf der Straße, und sie dachte nun, Sie seien vielleicht wieder dahin zurückgegangen. Ich glaube, Ihr Vater ist dann sogar durch die Stadt gegangen und hat nach so einem Spiel Ausschau gehalten.»
    «Und wo war der alte Springer?»
    «Sie hat ihre Eltern nicht angerufen. Sie hat sie erst um zwei Uhr früh angerufen, als sie wohl alle Hoffnung aufgegeben hatte, das arme Ding.» verschleift sich in seinem Mund zu einem einzigen Wort.
    «Erst um zwei Uhr?» fragt Harry. Mitleid packt ihn. Seine Hände fassen das Bündel fester, als wollten sie Janice trösten. «Um diese Zeit ungefähr. Mittlerweile war sie in einem derart schlimmen Zustand, Alkohol und auch sonst, daß ihre Mutter mich geholt hat.»
    «Warum Sie?»
    «Ich weiß nicht. Die Leute tun's eben.» Eccles lacht. «Sie sollen es ja; es ist tröstlich. Wenigstens für mich. Ich habe immer gedacht, Mrs. Springer kann mich nicht ausstehen. Sie ist seit Monaten nicht mehr zur Kirche gekommen.» Er wendet sich Rabbit zu, um seinem kleinen Scherz noch einen Blick hinzuzufügen, und seine Augenbrauen heben sich in leicht schmerzlichem Spott, und sein breiter Mund geht auf.
    «Und das war um zwei Uhr morgens?»
    «Zwischen zwei und drei.»
    «Das tut mir leid. Ich hab sie nicht aus dem Bett jagen wollen.» Der Geistliche schüttelt unwillig den Kopf. «Darauf kommt es doch nicht an.»
    «Ich finde es aber gräßlich.»
    «So? Das läßt ja hoffen. Hm, was haben Sie jetzt eigentlich vor?»
    «Ich weiß nicht recht. Ich spiele sozusagen rein nach Gehör.» Eccles’ Lachen erstaunt Rabbit. Es kommt ihm so vor, als kenne sich der Pfarrer aus mit solchen Geschichten wie zerbrochenen Ehen und aus reißenden Ehemännern, und als habe dies eine neue Taste in ihm angeschlagen. Er ist geschmeichelt. Eccles versteht ihn.
    «Ihre Mutter hat einen interessanten Standpunkt», sagt Eccles. «Sie meint, daß wir uns täuschen, Ihre Frau und ich, wenn wir denken, Sie hätten Ihre Familie verlassen. Sie sagt, Sie seien ein viel zu guter Junge, als daß Sie sowas tun würden.»
    «Sie haben sich ausschließlich mit dieser Angelegenheit beschäftigt, wie?»
    «Mit der und mit einem Todesfall gestern.»
    «Oh, das tut mir leid.»
    Sie sind im Bummeltempo durch die umliegenden Straßen gefahren, einmal haben sie die Eisfabrik passiert und ein andermal sind sie an eine Ecke gekommen, von wo aus man das Tal überblicken kann. «Hören Sie, wenn Sie mich wirklich irgendwohin fahren wollen», sagt Rabbit, «dann könnten Sie mich nach Brewer rüberbringen.»
    «Sie wollen nicht, daß ich Sie zu Ihrer Frau bringe?»
    «Um Gottes willen, nein. Ich meine, das würde nicht gut sein, oder?»
    Eine lange Weile sieht es so aus, als höre der andere ihn gar nicht. Sein knappes, müdes Profil ist Rabbit zugekehrt, und sein Blick ist starr geradeaus gerichtet durch die Windschutzscheibe, indes das Auto stetig vorwärtssummt. Harry holt gerade Luft, um zu wiederholen, was er gesagt hat, als Eccles ihm zuvorkommt:« Nicht, wenn Sie nicht wollen, daß es gut wird.»
    Das Thema scheint damit beigelegt. Sie fahren durch die Potter Avenue, auf die Autostraße zu. Die sonnigen Straßen sind nur von Kindern bevölkert; einige tragen noch ihre Sonntagsschulkleider. Klei ne Mädchen in weiten rosa Röcken, die ihnen steif von der Taille wegstehen. Ihre Haarschleifen harmonieren mit den Söckchen.
    Eccles fragt: «Was hat sie getan, daß Sie glaubten, sie verlassen zu müssen?»
    «Sie hat mich gebeten, ihr ein Päckchen Zigaretten zu kaufen.»
    Eccles lacht nicht, wie er gehofft hat. Er scheint diese Antwort als unverschämt abzulehnen, als zu weit gehend. Aber es ist doch die Wahrheit. «Es ist die Wahrheit. Immer hab ich entweder was holen oder was

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