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Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Frau gegeben?»
    «Es war niemand da. Ich schlich mich rein und wieder raus. Ich habe den Schlüssel dagelassen.»
    «Und niemand hat dich gesehn?»
    «Leider ja. Der Episkopalpfarrer hat mich nach Brewer zurückge fahren.»
    «Du bist in der Tat fromm, das muß man schon sagen.»
    «Ich hat ihn nicht darum gebeten.»
    «Was hat er gesagt?»
    «Nicht viel.»
    «Wie war er?»
    «Irgendwie komisch. Hat dauernd gekichert.»
    «Vielleicht über dich .»
    «Ich soll Dienstag Golf mit ihm spielen.»
    «Das ist ein Witz.»
    «Nein, im Ernst. Ich hab gesagt, ich wüßte gar nicht, wie.» Sie lacht, hört gar nicht wieder auf, lacht endlos, wie Frauen lachen, die erregt sind von dir und sich dessen schämen. «O Rabbit!» ruft sie zärtlich mit letztem Atem, «wie du so durchs Leben gehst!»
    «Er hat mich nicht mehr losgelassen», beharrt er und weiß, daß seine Bemühungen, es ihr zu erklären, sie belustigen, aus welchen Gründen auch immer. «Ich habe nicht das geringste dazu getan.»
    «Armer Mensch», sagt sie, «du bist einfach unwiderstehlich.» Mit heißer, geheimer Erleichterung entledigt er sich endlich seiner schmut zigen Kleider und zieht sich saubere Wäsche an, frische Socken, das Sporthemd und die Popelinhosen. Die alten Wildlederschuhe muß er leider anbehalten. Er hat vergessen, seine Turnschuhe mitzunehmen. «Jetzt wollen wir den Spaziergang machen», verkündet er, als er fertig angezogen ist.
    «Ich lese gerade», sagt sie aus einem Sessel. Das Buch ist ziemlich weit hinten aufgeschlagen. Sie behandelt Bücher gut, bricht die Rücken nicht; dabei kosten die Dinger nur fünfunddreißig Cents.
    «Komm doch, es ist so schön draußen.» Er geht zu ihr und versucht, ihr den Kriminalroman aus der Hand zu reißen. heißt er. Was gehen sie Todesfälle in Oxford an, wenn er hier ist?
    «Warte», sagt sie und blättert die Seite um, und während sie liest, zieht er ihr das Buch langsam unter den hin- und herfahrenden Augen weg; schließlich überläßt sie es ihm. «Mein Gott, du bist ein Tyrann.»
    Er legt ein abgebranntes Streichholz als Lesezeichen zwischen die Seiten und deutet auf ihre bloßen Füße. «Hast du Turnschuhe oder so was?»
    «Nein, huh, ich bin so müde.»
    «Wir gehn heute früh zu Bett.»
    Ihre Augäpfel drehen sich ihm zu, als er das sagt, ihre Lippen schieben sich ein wenig vor. Das ist so gewöhnlich an ihr: sie kann eine solche Bemerkung nicht auf sich beruhen lassen. Mag sie auch noch so geringfügig sein, diese Gewöhnlichkeit. «Na los», sagt er. «Zieh dir flache Schuhe an, und dann raus, damit dein Haar trocken wird.»
    «Ich muß Absätze tragen.» Als sie den Kopf niederbeugt, um die Schuhe anzuziehen, sieht er ihren weißen Scheitel, und er lächelt, so schnurgerade ist die Linie. Wie der Geburtstagsscheitel eines kleinen Mädchens.
    Sie gehen durch den Stadtpark auf den Berg zu. Die Papierkörbe und die tragbaren Eisenbänke sind noch nicht aufgestellt. Nur die Bänke aus Betonsockeln und Holzplanken stehen umher, und aufgeplusterte alte Männer sonnen sich darauf wie große Tauben; ihre grauen Vermum mungen sind reichschattiert wie Vogelgefieder. Die kleinblätterigen Bäume überstäuben den halbnackten Erdboden mit Schatten. Bindfä den, zwischen kleinen Pflöcken ausgespannt, schützen die neuangesä ten Rasensäume der ungeharkten Kieswege. Der leichte Wind, der unablässig vom Hang niederfällt, über den leeren Musikpavillon hin weg, ist kühl, wenn man aus der Sonne tritt. Tauben mit Spielzeugköp fen flüchten auf rosa Beinen vor den Schuhspitzen der Spaziergänger fort und lassen sich flügelschlagend hinter ihren Fersen wieder nieder. Ein Vagabund sitzt auf einer frischgestrichenen Bank und hat den Arm auf die Lehne gelegt, und er niest zierlich, katzenhaft aus seinem eingefallenen Gesicht heraus. Ein paar Bengel, vierzehn vielleicht oder jünger, lungern paffend am verriegelten Geräteschuppen eines Kinder pavillon herum, auf dessen gelbe Bretterwand jemand mit roter Farbe , geschmiert hat. Wo haben sie die Farbe her? Er nimmt ihre Hand. Der kleine Zierteich vor dem Musikpavillon ist abgelassen, und sein Grund ist mit Schmutz bedeckt. Sie gehen auf einem Pfad, der parallel läuft zum Schwung der kalten Teichlippe, und ihre Schritte hallen wider aus der Stille des Pavillons. Ein Panzer aus dem Zweiten Weltkrieg, der hier als Mahnmal steht, streckt seine Geschützrohre den Tennisplätzen entgegen. Die Netze sind

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