Hasenherz
ist zu sehen, nur eine runde, schwarze Insel, die glänzt, ein klares Bild, das plötzlich zittert im Wasser, wie auf dem Schirm eines gestörten Fernsehapparats; dieser vertrauenerweckende Anblick schwellt sein Herz und umklammert seinen Körper hart und kalt mit Besitzerstolz. Sie gehört ihm, ihm, er kennt sie so gut, wie das Wasser sie kennt; wie dem Wasser, so ist auch ihm ihr Körper zugänglich an jeder Stelle. Wenn sie auf dem Rücken liegend schwimmt, bricht das Wasser sich an ihren Schultern und spült zu ihren Brüsten hinein, berührt sie mit zärtlichem Fließen. Der Bogen ihres untergetauchten Körpers spannt sich, ihre Brüste werfen sich abwechselnd empor. Sie schließt die Augen und gleitet blind weiter. Zwei magere Jungen, die im flachen Teil des Bassins herumplanschen, stieben spritzend zur Seite, als sie, mit dem Kopf voran, angeschwom men kommt. Einen von ihnen streift sie mit dem Arm beim Schwim men, sie wacht auf und kauert sich lächelnd im Wasser nieder; schwere los, als hätten sie keine Knochen, bewegen sich ihre Arme, um den Körper im Gleichgewicht zu halten in der aufgerührten Strömung des überfüllten Bassins. Chlorgeruch moussiert in der Luft. Es macht ihn froh, wie sauber sie aussieht. Sauber. Wie kommt es, daß einen nichts berührt, was man nicht selbst ist? Sie im Wasser, er im Gras, an der Luft. Ihr Kopf hüpft auf dem Wasser wie eine hohle Kugel, und sie schneidet ihm eine Grimasse. Er selber ist kein solches Wassertier. Nässe bedeutet Kälte für ihn. Wenn er einmal untergetaucht ist, zieht er es vor, fortan auf dem gekachelten Bassinrand zu sitzen, mit dem Beinen zu baumeln und sich vorzustellen, daß irgendwelche Schulmäd chen hinter ihm das Muskelspiel seines breiten Rückens bewundern. Bedachtsam läßt er seine Schultern kreisen und fühlt, wie die Schulter blätter seine Haut in der Sonne ausspannen. Ruth watet ans Ende des Bassins; das Wasser dort ist so flach, daß das Karomuster des Bodens sich an der Oberfläche bricht. Sie klettert die kleine Leiter hinauf, und große Tropfentrauben fallen von ihr ab. Er krabbelt auf die Wolldecke zurück und streckt sich aus, und Ruth kommt und steht über ihm, hoch wie der Himmel, und das schwarze Haar ganz oben an den Innenseiten ihrer Schenkel ist vom Wasser zu Strudeln zusammengedreht. Sie reißt sich die Badekappe herunter, schüttelt das Haar und bückt sich nach dem Handtuch. Wassertropfen rollen ihr dabei den Rücken herauf, durch sanfte Täler aus Fett, und fallen dann über ihre Schultern herab. Er sieht ihr zu, wie sie sich die Arme rubbelt, und der Duft des Grases steigt durch die Wolldecke auf, und Rufe erschüttern die kristallene Luft. Sie legt sich neben ihn und schließt die Augen und gibt sich der Sonne hin. Ihr Gesicht ist, in dieser Nähe besehen, aus großen Hautflä chen gefügt, denen die Sonne alle Farbe ausgesogen hat; nur ein gelbli cher Glanz liegt über ihm, der den großflächigen Partien mineralisches Gewicht gibt, das Gewicht eines klaren, ungemaserten Steines vielleicht, der unmittelbar aus dem Bruch zum Tempel gekarrt worden ist. Die Worte, die von dieser monumentalen Ruth kommen, haben ein entspre chendes Maß; sie rollen wie mächtige Räder gegen die Pfeiler seiner Oh ren, trudeln wie riesige stumme Münzen im Licht. «Du bist fein raus.»
«Wieso?»
«Oh» – sie läßt die Worte zögernd über die Lippen, Rabbit sieht, wie sie sich formieren, bevor er sie vernimmt – «sieh dir an, was du alles geschafft hast. Du hast Eccles, der jede Woche Golf mit dir spielt und deine Frau davon abhält, daß sie dir die Hölle heiß macht. Du hast deine Blumen, und du hast Mrs. Smith dahin gekriegt, daß sie in dich verliebt ist. Du hast mich.»
«Du glaubst, sie ist wirklich in mich verliebt – ich meine Mrs. Smith ?»
«Alles, was ich weiß, weiß ich von dir. Du sagst doch, daß sie's ist.»
«Nein, das habe ich nie so gesagt. Oder doch?»
Sie macht sich nicht die Mühe, ihm zu antworten aus ihrem mächti gen Gesicht, das noch vergrößert wird von Rabbits schläfriger Zufriedenheit. Kreidiges Licht läuft über ihre gebräunte Haut.
Er wiederholt: «Oder doch?» und kneift sie in den Arm, heftig. Er wollte es nur ganz sacht tun, aber bei der Berührung ihrer Haut hat irgend etwas ihn erbittert. Ihre Indolenz. «Au! Du Vieh.»
Aber sie bleibt liegen, mehr Aufmerksamkeit der Sonne schenkend als ihm. Er stützt sich auf einen Ellenbogen und sieht über ihren leblosen Körper hinweg zu zwei
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