Hass
Ruth eine Nachricht aufs Handy geschickt, die sie um Mitternacht alarmieren sollte – nur falls er jemanden brauchte, der ihn auf Kaution aus dem Gefängnis holte.
Das alles musste endlich ein Ende finden. Wenn er früher gehandelt hätte, wäre Soldan Meissen vielleicht noch am Leben. Er war sprachlos gewesen, als Savich ihm von Courtney James’ Befragung erzählt hatte – dass sowohl Christie als auch Charlotte Pallack Margaret Pallack wie aus dem Gesicht geschnitten waren. Der Aberwitz des Ganzen drehte ihm den Magen um, der pure Irrsinn des Schicksals, der Christie Thomas Pallacks Aufmerksamkeit eingebracht hatte.
Trotzdem hatten sie nicht genug für einen Durchsuchungsbefehl, und Pallack könnte alles Belastende jederzeit beseitigen. Er würde mit dem Mord an Christie davonkommen, und in diesem Fall würde Dix niemals herausfinden, was ihr wirklich zugestoßen war. Deshalb war sein Plan der beste Weg. Der einzige Weg.
Wenn nur Ruth keinen Verdacht schöpfte. Er hatte ihr gesagt, dass er spazieren gehen wolle, um den Kopf freizubekommen, damit er darüber nachdenken könne, was er später Rob und Rafe erzählte. Als sie ihm angeboten hatte, ihn zu begleiten, sagte er ihr, er wolle lieber allein sein. Nach einem kurzen fragenden Blick hatte sie genickt und sich Julias und Cheneys Diskussion über August Ransoms Tagebücher zugewandt. Waren sie in dem Brand zerstört worden? Vielleicht fand er die verdammten Tagebücher in Pallacks Penthouse. Aber am dringendsten wollte er Christies Armband finden. Dann würde er es wissen. Natürlich war es gut möglich, dass Pallack es inzwischen weggeworfen hatte. Dix konnte es nicht ertragen, sich vorzustellen, was er tun sollte, wenn er keine handfesten Beweise finden würde, um den Dreckskerl festzunageln.
Er bewegte sich vorsichtig zum Hintereingang. Zusätzlich zu seiner dunklen Kleidung und den schwarzen Stiefeln hatte er sogar noch eine schwarze Strickmütze aufgesetzt und sich das Gesicht geschwärzt, damit er in den Schatten so gut wie unsichtbar war. Sein Arm tat nicht mehr allzu weh. Er bewegte ihn und ballte dabei die Faust. Das würde schon gehen.
Dix fand die Alarmanlage sehr schnell – ein erstklassiges System, wie erwartet – und deaktivierte sie.
Das Schloss an der Hintertür des Gebäudes bereitete ihm wenig Probleme. Leise glitt er aus dem Lagerraum in das elegante kleine Foyer mit den Briefkästen und Topfpalmen. Er nahm die Treppe zum oberen Stockwerk, nicht den Aufzug. Sechs Sekunden brauchte er dort für das Schloss. Vorsichtig öffnete er die Wohnungstür und trat in den Flur. Noch einmal wurde er sich der Ungeheuerlichkeit dessen, was er vorhatte, mit aller Macht bewusst. Nein, keine Zweifel oder Fragen mehr. Er musste handeln. Er war bereits eingebrochen. Dix ging sofort zu den Fenstern, ließ die Jalousien herunter und zog die Vorhänge zu. Erst danach knipste er die Taschenlampe an.
Das Penthouse nahm das gesamte fünfte und sechste Stockwerk ein und hatte insgesamt eine Fläche von mindestens dreihundertfünfzig Quadratmetern. Dix fing in der oberen Etage an. Im Schlafzimmer ging er sofort auf Charlotte Pallacks Schmuckschatulle zu, eine französische Antiquität, groß genug, um die Kronjuwelen des Fürstentums Liechtenstein darin aufzubewahren. Er durchsuchte verschiedene Beutel und Schachteln. Es gab jede Menge teures Zeug, aber nicht das, wonach er suchte.
Entweder trug Charlotte das Armband heute Abend, oder Pallack hatte sie vielleicht, seit Dix sie darauf angesprochen hatte, nicht mehr damit aus dem Haus gelassen. Möglich, dass er es sogar zerstört hatte. Oder aber es lag in einem Safe.
Dix durchsuchte methodisch das große Schlafzimmer mit den extravaganten Möbeln. Der Raum war völlig dunkel bis auf das Licht seiner Taschenlampe, der unbeschreibliche Ausblick war hinter den Vorhängen verborgen. Hinter keinem der sechs modernen Gemälde verbarg sich ein Safe, und auch im geräumigen Wandschrank blieb seine Suche erfolglos, obwohl er sogar die Wand hinter Pallacks Hemden abklopfte. Er öffnete die Vorhänge wieder und schaute sich noch einmal prüfend um, bevor er das Zimmer verließ. Alles sah genauso aus wie zuvor.
Dix hielt sich nicht mit den anderen Zimmern auf der oberen Etage auf, sondern ging schnurstracks hinunter in Pallacks Arbeitszimmer. Es wirkte wahrscheinlich auch bei Tageslicht trist und düster mit den weinroten Ledersesseln und den Bücherregalen, die sich über drei Wände hinweg und bis zur Decke
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