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Hass

Hass

Titel: Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Coulter
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gerettet. Er schloss die Augen. Er konnte noch immer nicht glauben, dass er das zugelassen hatte. Die zahlreichen kleinen Schnitte in seinem Gesicht und am Hals erinnerten ihn fortwährend daran, und er spürte noch immer den scharfen Schmerz von dem Augenblick, als er die Splitter einzeln herausgezogen hatte. Das Geschoss hatte nur eine Fleischwunde verursacht und war zum Glück glatt durch den Arm gegangen. Er hatte sich selbst versorgen können.
    Sie hätte dich töten können. Wieso hat sie das nicht getan? Warum hat sie dich gewarnt? Er war dort, um sie umzubringen, verdammt. Sie war eine schwächliche Amateurin, Gott sei Dank, vor lauter Angst wie gelähmt, selbst wenn es darum ging, sich selbst zu retten. Sie hätte dir mitten ins Kreuz schießen können, als du vor dem Bett standest. Du hattest wahnsinniges Glück …
    Erneut verkrampfte er die Hände. Wie gerne er jetzt seine Kalaschnikow hätte. Damit könnte er geradewegs zu ihrer Tür gehen, und wenn sie aufmachte, würde er zwanzig Schuss auf sie feuern, alle mitten ins Gesicht, sodass Knochen und Fleisch zerfetzt würden und Blut und Gehirnmasse über den endlosen Marmor, das edle Holz und die Gemälde an der Treppe spritzten. Und auf alle, die bei ihr waren. Dann könnte er pfeifend vor dem piekfeinen Haus des Todes kehrtmachen und endlich diese neblig kalte Stadt verlassen.
    Aber er hatte nur seine dreißig Jahre alte Škorpion VZ 61, die nicht mehr hergestellt wurde. Sie hatte seinem Mentor in einer Guerillatruppe im südlichen Afrika gehört, bis der bei einem Angriff ums Leben gekommen war und Xavier sie ihm aus den im Tod verkrampften Fingern genommen hatte. Die Maschinenpistole war klein, leicht und gut zu verbergen. Außerdem hatte sie einen wirksamen Schalldämpfer.
    Er schluckte drei weitere Aleve-Schmerztabletten.
    Er hatte schon zwei solide Chancen gehabt, und sie lebte immer noch. Sein Auftraggeber war nicht glücklich darüber, aber das spielte keine Rolle. Er würde sich jetzt nicht einfach davonschleichen, egal, welche Befehle oder stumpfsinnigen Tiraden er über sich ergehen lassen musste. Das war absolut inakzeptabel. Er war noch nie gescheitert – und das würde er auch diesmal nicht.
    Er setzte sich an den mickrigen Schreibtisch und nahm den billigen Hotelkugelschreiber und ein Blatt Hotelbriefpapier aus der Schublade. Dieses Mal würde er sie erwischen. Er stellte eine Liste mit Dingen zusammen, die er dafür benötigte.

KAPITEL 32

Die östliche Bucht Montagnachmittag
    Cheney benutzte sein tragbares GPS-Gerät nur, wenn er aus der bekannten Welt über die Bay Bridge zur östlichen Bucht nach Mittelerde hinüberfuhr. So nannte er für sich diese Region mit ihren überfüllten Städten, ihrem Gewirr von Überführungen und Schildern, die auf noch mehr Highways mit noch mehr Schildern verwiesen. Oakland, Hayward und ein Dutzend anderer Städte wuchsen über die öden Hügel, irgendwann würden sie bis nach Palm Springs reichen.
    »Ich sehe, es gefällt Ihnen nicht, in der östlichen Bucht zu fahren«, sagte Julia, als er die Adresse in Livermore ins Navigationssystem eingab.
    »Es macht mich verrückt. Bis ich das hier hatte, habe ich mich dort jedes Mal verfahren.« Er zeigte mit großer Zuneigung auf sein GPS-Gerät. Er mochte die angenehme Frauenstimme, die ihm sagte, er solle in dreihundert Metern links abbiegen, und den beruhigenden Ton beim Abbiegen. »Okay, das ist heute unsere letzte Befragung. Der Verkehr wird jetzt schon dichter. Wenn wir zurück nach San Francisco fahren, werden wir im Pendlerstau stecken bleiben.«
    Julia nickte. »Bei Bevlin haben Sie das gut gemacht. Kann ich davon ausgehen, dass Sie Ihren Sarkasmus auch bei Kathryn Golden ausschalten?«
    »Ich bin ein neuer Mensch«, sagte er und legte dabei die Hand aufs Herz. »Ich bin verständnisvoll und einfühlsam. Versprochen.«
    »Wer’s glaubt, wird selig.«
    Ein paar Minuten später drehte sich Julia zu ihm. »Woran denken Sie, Cheney?«
    »Diese Cold-Reading-Geschichte, von der Bevlin Wagner gesprochen hat. Also, wenn der Tote direkt neben dem Medium steht, sagt er ihm dann nicht einfach seinen Namen und wen er sprechen will? Weiß er seinen Namen nicht mehr? Spielen die Toten irgendein bizarres Spiel? Tut mir leid, Julia, aber das leuchtet mir alles nicht ganz ein. Es hört sich an, als ob sie nur im Trüben fischen und versuchen, einen armen verzweifelten Trauernden zu ködern, der nur hören will, dass sein verstorbener Angehöriger noch irgendwie

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