Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Kottmann
Vom Netzwerk:
dreimal so groß wie meins und war ausgestattet mit allem, was ein Reiche-Leute-Kind so brauchte – Computer, Fernseher, Fitnessrad und Trampolin. Es sah immer noch so aus, als wäre die Putzfrau gerade da gewesen, obwohl ich das Bett ein bisschen zerwühlt hatte. Robin ließ seinen Blick durch das Zimmer wandern. Er war erst ein- oder zweimal kurz hier gewesen. Sein Blick blieb an dem Trampolin hängen. »Weil Mike hoch hinauswill«, hatte Mikes Mutter damals die Anschaffung des Trampolins gerechtfertigt. Kurz danach hatte er das Teil zum ersten Mal ausprobiert und sich den Kopf dermaßen an der Decke gestoßen, dass er danach mit einer Gehirnerschütterung eine Woche im Bett lag. Vermutlich hätte er sich auch noch ein paar Knochenbrüche zugezogen, wenn er nicht auf seinem Bett gelandet wäre.
    »Was ist los?«, fragte Mike. Er blieb an der Tür stehen, ich setzte mich auf den Schreibtischstuhl. Sofort kam Mike nach, setzte sich hinter mich auf den Schreibtisch und drehte mich an den Schultern hin und her. »Sag schon«, sagte er, aber es interessierte ihn nicht wirklich. Er griff immer fester in meine Schultern.
    Robin guckte erst zu Mike, dann zu mir. Wir guckten zurück. Dann beugte er sich runter und fing an, den Reißverschluss seiner Tasche zu öffnen, hielt aber mittendrin inne. »Was würdet ihr dafür geben, wenn ich nicht mehr da wäre?«, fragte er.
    »Nichts«, antwortete Mike wie aus der Pistole geschossen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Wieso fragst du so was? Was soll denn das?«
    Robin schwieg. Wie immer. In mir kochte die Wut hoch. Dieser Typ machte mich wirklich wahnsinnig. Schmiss einem die absurdesten Fragen und Kommentare an den Kopf, ohne irgendeine Erklärung. Immer schaffte er es, einen mit diesem merkwürdigen Gefühl zurückzulassen. »Ach hau doch ab, hau endlich ab!«, zischte ich ihm entgegen.
    Robin schluckte. Er starrte uns wie vom Donner gerührt an. Anscheinend hatte er mit dieser Reaktion nicht gerechnet. Er schien unfähig, sich zu bewegen.
    Mike sprang auf, lief zur Tür und öffnete sie mit einer theatralischen Geste, wie um meine Worte zu unterstreichen und zu verhindern, dass Robin wieder etwas missverstand. Er guckte dabei grinsend zu mir rüber. Robin warf mir einen flehenden Blick zu: So wollte er nicht gehen. Die Farbe wich aus seinen Wangen. Da war es wieder, sein Totengesicht! Ich wandte mich ab, sah ihn nicht mehr an.
    Mit dem Kopf deutete ich Mike an, dass er die Tür wieder schließen solle. Doch er verstand mich nicht oder er wollte mich nicht verstehen.
    Robin stand wortlos auf und griff nach seiner Tasche. Einen Moment lang nestelte er an dem Reißverschluss, dann ließ er ihn doch offen und schulterte die sperrige lange Rolle. Unter dem Gewicht beugte er sich etwas nach vorn. Ich bekam plötzlich feuchte Augen. War es immer noch Wut oder Mitleid, die mir in die Augen stieg? Mike nickte mit dem Kopf Richtung Tür und riss sie dann ganz auf. Dann klopfte er mit der Hand auf die Tasche und schob Robin damit ein Stück vorwärts, so als könne es ihm nicht schnell genug gehen. Mike warf die Tür hinter Robin ins Schloss. Dann rieb er sich die Hände, als wollte er sagen: Den sind wir los! Ich fand sein Gehabe abstoßend und mein Gesicht drückte das wohl auch aus.
    »Was guckst du so?«, fragte Mike. »Bist du nicht froh, dass wir ihn rausgeschmissen haben?«
    »Nein.«
    »Hey, der Spasti hat doch wirklich einen an der Waffel, den sind wir jetzt für immer los.«
    »Ja.«
    »Klingt nicht gerade begeistert. Du hast doch selbst gesagt, dass er abhauen soll!?«
    Ja, aber jetzt tut es mir leid. Es war, als würden zwei Seelen in meiner Brust kämpfen. Die eine, die immer nur wütend ist, weil ihr Robin furchtbar auf die Nerven geht, und die andere, die weiß, dass Robin ein hilfloser Haufen Elend ist, den man schützen muss.
    »Was hat er mit dieser Frage gemeint: Was gebt ihr mir dafür, wenn ich nicht mehr da bin?« , fragte ich.
    »Keine Ahnung? Ist doch egal. Die Antwort war jedenfalls eindeutig: Der soll abhauen, und wenn er nicht mehr da ist, umso besser!«
    Plötzlich bekam ich eine ganz komische Ahnung und ein Gefühl von Panik kroch mir den Hals hoch. Ich schnellte von meinem Stuhl hoch und stürzte zur Tür. Doch Mike stellte sich davor. Ich stieß ihn mit beiden Händen gegen die Brust: »Lass mich vorbei!«
    »Du, du hast doch gesagt, dass er abhauen soll.«
    Als ob Mike Robin nur mir zuliebe aus dem Zimmer geschubst hätte.
    »Aber er tut mir irgendwie

Weitere Kostenlose Bücher