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Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Kottmann
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mich von jemandem verabschieden zu müssen. Obwohl jetzt alles so endgültig vorbei war, hatte ich das Gefühl, dass Robin immer noch unter uns war, mehr als jemals zuvor.
    Nachdem Lisa Richter eine ganze Weile vor der Grube gestanden und sich nicht gerührt hatte, trat meine Mutter schließlich von hinten an sie heran und nahm sie am Arm. Mit Robins Vater wechselte sie einen Blick.
    Da warf Lisa schließlich ihre Rose auf den Sargdeckel und trat zur Seite, um anderen Trauergästen den Weg frei zu machen.
    In diesem Moment warf ich zufällig einen Blick zur Seite und sah sie kommen: das dunkle Haar offen und glatt anliegend. Ein dunkelgrünes Kleid zu den im Vergleich nicht ganz so dunkelgrünen Augen. Ohne lange zu überlegen, ging ich ihr entgegen. Schon nach einigen Metern roch ich das Parfüm.
    »Hallo«, sagte ich.
    »Hallo.«
    Und dann fiel ich ohne Umschweife mit der Tür ins Haus. Ich wollte wissen, wie sie reagierte, wenn man sie mit den Tatsachen konfrontierte. Diesmal würde ich nicht mehr so lange warten, sodass sie mir wieder entwischte und plötzlich wie vom Erdboden verschwunden war: »Sie waren doch damals am Bahnhof und sind Robin in der U-Bahn nach Hause gefolgt. Und als er vom Balkon gestürzt ist, waren Sie auch da!«
    »Wie bitte?«, erwiderte sie.
    Ich beschloss, aufs Ganze zu gehen. Vielleicht konnte man sie damit am besten zum Reden bringen: »Sind Sie Tsunami?«
    »Wie bitte? Was soll das? Was willst du von mir?«
    »Sie wissen genau, was ich meine.«
    Sie schaute kurz zur Beerdigungsgesellschaft rüber.
    »Sind Sie Tsunami?«, wiederholte ich meine Frage.
    »Tsunami? Was soll das sein?«, fragte sie. Dabei flackerte es kurz in ihren Augen, bevor sie sich auf dem Absatz umdrehte und in Richtung Ausgang lief.
    Aber so leicht ließ ich mich nicht abschütteln. »Wieso waren Sie genau in dem Moment vor Robins Haus, als er vom Balkon gefallen ist? Und was wollen Sie jetzt hier?«, bohrte ich weiter, während ich ihr ein kurzes Stück nachlief.
    Sie machte Halt und drehte sich abrupt zu mir um: »Entschuldigung, aber wer bist du?«
    »Ich bin Michelle, eine … Freundin … eine … Mitschülerin von Robin, Robin Richter.«
    »Ich bin … ich bin nur hier, weil ich zufällig vor Ort war, als es passiert ist, wie du ja weißt. Die Zeitungen waren voll davon«, sagte sie knapp. »Aber es war wohl ein Fehler.« Sie wollte schon wieder gehen.
    Ich musste sie aufhalten. Mir blieb nur eine Möglichkeit und ich setzte alles auf eine Karte: »Warum haben Sie für Robin ein Handy und Geldscheine in einem Schließfach am Bahnhof deponiert und sind ihm dann in die U-Bahn gefolgt? Sie waren nicht zufällig am Unfallort!«
    »Ich!?«, tat sie verblüfft.
    »Ich hab Sie gesehen.«
    »Mich!?«
    »Sie hatten einen Sommerhut und eine Sonnenbrille auf.«
    Die Frau zuckte nur mit den Schultern und warf ihr Haar zurück.
    »Ich hab Sie vor unserem Haus an Ihrem Parfüm wiedererkannt. Meine Mutter benutzt dasselbe. Andy Dream.«
    Sie lachte, wie wenn man sich über jemanden lustig macht, drehte sich endgültig um und ging davon. Plötzlich war Robins Vater hinter mir, ich hatte ihn nicht kommen hören. »Wer war das?« Er deutete in die Richtung der Fremden.
    »Keine Ahnung«, log ich. »Sie kannte Robin irgendwie. Sonst wär sie ja nicht hier.«
    »Wie - sie kannte Robin?«
    »Mehr weiß ich nicht!«
    Lasst mich doch alle in Ruhe!
    Da klingelte Wolfgangs Handy mit dem Klingelton von »All you need is love«, viel zu laut für eine Beerdigung. Er hatte wohl vergessen, es auszuschalten. Hektisch zog er es aus seiner Hosentasche, wodurch die Melodie noch lauter wurde. Die Frau stoppte plötzlich und drehte sich langsam zu uns um. Hatte sie es sich anders überlegt? Wolfgang sah auf das Display, drückte den Anrufer aber nicht weg, sondern wartete, bis die Mailbox ansprang. Die Frau musterte ihn und ich rief ihr zu: »Das ist Robins Vater, Robins Stief vater.« Ich deutete auf Wolfgang. Ich hoffte irgendwie, dass sie wieder zurückkommen würde.
    »Und wer sind Sie?«, fragte Wolfgang, hob den Blick und steckte sein Handy wieder weg.
    Sie schüttelte nur den Kopf, drehte sich wieder auf dem Absatz um und hastete davon. Sie hatte es jetzt noch eiliger als vorher. Wolfgang runzelte die Stirn.
    Ohne ein weiteres Wort setzte ich mich wieder in Bewegung und ging ebenfalls in Richtung Ausgang. Ich wollte zu Mike ins Krankenhaus. Er würde mich vielleicht verstehen, auch wenn er mir nicht antworten konnte. Aber vielleicht

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