Hassbluete
sind mehr schuld …!?«
»Pssst …«, unterbrach er mich erneut. »Wenn Mike wieder aufwacht, wird er dir bestimmt alles erzählen.«
Wie? Was denn noch? Ich starrte ihn erschrocken an.
Er sah wohl an meinem Blick, dass ich nicht Bescheid wusste. »Du weißt es nicht?«, fragte er vorsichtig.
Ich schüttelte den Kopf.
»Was Mike als Allerletzter zu Robin gesagt hat, was vielleicht das Letzte war, was Robin in seinem Leben gehört hat?«
Wieder schüttelte ich den Kopf und Übelkeit stieg in mir hoch wie eine schwere Ahnung. »Mike wollte bei Robin alles in Ordnung bringen!«
»Das ist ihm gelungen!« Zorn und Abscheu lagen in seiner Stimme. »Ja, da hat er wirklich etwas in Ordnung gebracht!«
»Ich dachte, er würde sich bei Robin entschuldigen!?«
»Bist du so naiv oder tust du nur so!?« Wolfgang sprang wütend hoch. »Du glaubst, so ein Psychopath wie Mike wollte sich bei Robin entschuldigen!? Weißt du, was Mike zu Robin gesagt hat!? Dass er das nächste Mal allein mit ihm zur Berkel gehen und ihm die Hände fesseln würde, bevor er ihn ins Wasser schmeißt. Das hat er angekündigt, wenn Robin dich nicht in Ruhe lässt!? Wie findest du das, hm?«
Ich zuckte zusammen. Nein! Das hatte er nicht gesagt! Das konnte nicht stimmen.
»Und jetzt frag bloß nicht, ob Robin mir das erzählt hat? Der Junge war wirklich viel zu gut für euch. Aber immerhin hatte Mike überhaupt noch so etwas wie ein Gewissen, und das hat sich dann doch irgendwann mal gemeldet.«
»Das … das wusste ich nicht«, konnte ich nur stammeln.
»Du machst es dir zu leicht, Michelle. Du handelst, ohne dir vorher zu überlegen, was das bei deinem Gegenüber auslösen könnte. Zwei Jungs hast du damit in die Irre geführt und die hast du jetzt auf dem Gewissen.«
»Nein! Es ist nicht meine Schuld, dass …«
Er ließ mich nicht ausreden. »Sei froh, dass ich der Polizei nichts davon gesagt habe. Das mach ich nur Mikes Eltern zuliebe. Außerdem soll er erst mal wieder richtig gesund werden. Ich will seinen Heilungsprozess nicht gefährden.«
Er sah mich an und ich sah ihn an und hatte das Gefühl, dass alle Karten gerade wieder neu gemischt wurden.
»Ich werde dich nicht verraten, Michelle. Damit wäre jetzt niemandem mehr geholfen. Aber dir muss klar sein, was du getan hast und was das für Konsequenzen hatte.«
»Ja! Danke!«, hörte ich mich sagen. Ich fühlte mich schlecht und gleichzeitig auch ungerecht behandelt. Schuldig und unschuldig zur gleichen Zeit. Und dieses letzte bisschen Unschuld in mir ließ mich zurückfragen, bevor nur ich den Schwarzen Peter zugeschoben bekam.
»Wo warst du eigentlich, als es passiert ist?«
»Unterwegs, zu einer Buchhandlung. Ich wollte mir das neue Buch eines erfolgreichen Managementtrainers besorgen. Als Inspirationsquelle für mein eigenes Buch. Und um Erkenntnisse zu vergleichen.«
»Und Lisa?«
Er lachte kurz auf. »Jetzt drehst du den Spieß um, was? Lisa war auf dem Heimweg vom Bagel-Bistro.«
Ich sah ihn nur an und sagte kein Wort. Ich merkte, wie ihn das irritierte und er unsicher wurde.
»Was guckst du so? Stimmt was nicht?«
»Ich weiß, dass sie lügt.«
»Lisa lügt nicht!«, empörte sich Wolfgang.
»Ich hab sie vorher gesehen, im Treppenhaus …«
»Aber sie kam doch erst unten dazu … und da kam sie direkt von der Arbeit … sie kann vorher gar nicht oben gewesen sein!« Wolfgang fing an zu schwimmen, ich merkte es ganz deutlich.
Ich schwieg und betrachtete ihn, genoss die Überlegenheit. Und dann sagte ich: » Ich hab der Polizei auch nichts gesagt.«
»Verdammte Scheiße«, fluchte Wolfgang und atmete schwer. »Ich hätte nicht gedacht, dass sie so weit geht.«
»Um dich mit einem eigenen Kind an sich zu binden?«, entfuhr es mir.
Wolfgang sah mich entsetzt an: »Woher weißt du?«
»Nichts … ich. Tut mir leid.«
»Was willst du damit sagen?« Wolfgang hatte bereits hektische rote Flecken am Hals, als er jetzt auf mich zukam. »Du glaubst doch nicht, dass Lisa etwas mit Robins Tod zu tun hat? Sie hat ihn abgöttisch geliebt. Neben Robin hatte ein anders Kind überhaupt keinen Platz.«
»Ich weiß es doch auch nicht. Ich weiß nur, was ich gesehen habe. Es ergibt alles überhaupt keinen Sinn, egal wie man es hin oder her wendet.« Plötzlich kam es mir wieder vollkommen absurd vor, Lisa zu verdächtigen. »Vielleicht war es ja auch so, wie du gesagt hast und Mike konnte mit seinem schlechten Gewissen einfach nicht mehr leben.« Ich war plötzlich unheimlich
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