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Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Kottmann
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angerufen?«
    »Weiß ich nicht«, sagte ich wahrheitsgemäß.
    »Und was hat er noch gesagt?«
    »Weiß ich nicht. Ich hab nur den Schluss mitgekriegt. Aber Robin hat dabei ausgesehen wie der Tod.«
    »Weil Tsunami kein Mann ist?«
    Ich nickte langsam, obwohl ich keine richtige Antwort darauf hatte.
    »Also wegen Mike?« Er sah mich prüfend an.
    Ich nickte erneut und er sagte: »Was Mike an der Berkel mit Robin gemacht hat, war bestimmt schlimmer als jeder Tsunami.«
    Und mir dämmerte, dass Tsunami und der verrückte Briefschreiber oder die verrückte Briefschreiberin vielleicht zwei verschiedene Personen waren. Aber was Lisa und diese grün funkelnde Parfüm-Frau damit zu tun hatten, war mir immer noch nicht klar.
    Der Einzige, der hier klare Antworten geben konnte, lag im Koma.
    Plötzlich verabschiedete Wolfgang sich hastig, weil er sich jetzt um seine Frau kümmern musste, wie er sagte. Irgendwie war ich auch erleichtert, dass die Berkel jetzt kein Geheimnis mehr war.
    Mom würde ich es nicht heute erzählen. Für heute hatte ich genug. Sie hatte mir eine SMS geschickt, dass sie nach dem Leichenschmaus noch zu Evelyn gehen würde. So war ich heute Abend allein.

15
    Nachts träumte ich, dass sich ein Löwe an eine Löwin mit ihren Jungen heranpirschte und eins nach dem anderen totbiss. Die Löwin sah nur zu, verteidigte ihre Kleinen nicht. Vielleicht weil der Löwe sie sonst auch totgebissen hätte? Der Löwe streckte stolz seinen Kopf mit der Riesenmähne in die Höhe. Der Wind blies von hinten dagegen, bauschte sie auf und ließ ihn noch furchterregender aussehen. Als er sich über die Löwin hermachen wollte, zeigte sie plötzlich ihre Krallen und schlug damit nach ihm. Sie wurde immer wütender und schlug nur so um sich. Und je mehr sie raste und nicht mehr wusste, wo vorne und hinten war, desto deutlicher trat ein menschliches Gesicht in dem der Löwin hervor: das von der duftenden Frau mit den grünen Augen.
    Total benommen wachte ich auf. Draußen war es noch dunkel. Ich sah auf mein Handy, es lag neben dem Bett auf einem Stapel Bücher. Es war erst kurz nach vier.
    Ich versuchte, den Traum zurückzuholen? Hatte Mike ihn mir geschickt? Was wollte er mir damit sagen?
    Sollte er mir zeigen, dass die Frau mit den grünen Augen der Schlüssel zu allem war?
    Tsunami ist kein Mann.
    Wusste sie, wer Tsunami war? Oder war sie es am Ende doch selbst?
    Was war aus diesem Handy geworden, das sie Robin ins Schließfach gelegt hatte und das Mike an sich genommen hatte? Ihre Reaktion auf dem Friedhof hatte mir eindeutig gezeigt, dass ich damals am Bahnhof richtig gesehen hatte: Es waren Geld und ein Handy gewesen, das Robin aus dem Fach geholt hatte.
    In der Zeitung hatte nichts darüber gestanden. Die Polizei hatte mich nicht danach gefragt, weil sie nichts davon wussten, und ich hatte nicht gelogen, als ich es nicht erwähnte. Ich hatte es nur verschwiegen, genauso wie die Geschehnisse an der Berkel.
    Hatte Mike das Handy im Keller versteckt?
    Natürlich, dort musste es sein.
    Der Gedanke ließ mich nicht mehr los. Blitzschnell zog ich mich an und fuhr hinunter. Um diese Zeit war ich noch nie allein im Keller unten gewesen. Und zum ersten Mal war ich nervös und hatte Angst. Ich lauschte auf jedes Geräusch. Dann stand ich vor der Kellertür und konnte mich nicht überwinden, sie aufzuschließen. Ich war wie blockiert, obwohl mir mein Verstand sagte, dass das kompletter Unsinn war. Aber seit Robin und Mike diese schlimmen Sachen passiert waren, hatte ich nicht mehr das Gefühl, dass alles nach meinen Regeln lief. Dass ich immer, egal wie es war, entscheiden konnte, welche Bedeutung die Dinge für mich hatten. Denn wichtig war nicht, was einem passierte, sondern wie man darüber dachte. Das war immer mein Grundsatz gewesen. Doch jetzt zitterte ich, weil ich allein hier unten war und mich schutzlos und allein fühlte und nicht mehr dazu in der Lage war, spontan irgendwelche Schritte zu unternehmen. Und dann fiel mir Janni ein und ich lief die Treppe hoch ins Erdgeschoss, weil es hier immer Handyempfang gab, und rief sie an.
    »Weißt du, wie spät es ist?«, stöhnte sie.
    »Ja«, sagte ich. »Es geht um Mike.«
    »Mike? Ach, da wollte ich dir übrigens noch sagen, dass Daniel ihn zusammen mit Robins Vater im Blue Sea gesehen hat. Genau an dem Abend, bevor er von der Brücke gefallen ist. Mike war da ganz schön von der Rolle.«
    Ich reagierte nicht darauf, das war jetzt nicht wichtig.
    »Darum geht’s jetzt

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