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Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Kottmann
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müde und hatte einfach keine Lust mehr auf diese Diskussion, die sich seit Tagen in meinem Kopf im Kreis drehte.
    Wolfgang setzte sich jetzt auf die Lehne meines Sessels und strich mir übers Haar. »Nein, es klingt auf den ersten Blick zwar hart, aber jeder ist für seine Gefühle und für sein Handeln selbst verantwortlich. Was Robin mit euch gemacht hat, könnte man auch als eine emotionale Erpressung bezeichnen.«
    Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Was hatte Mike ihm denn noch alles erzählt? »Und der Brief?«
    »Vielleicht wollte Robin einen großen Abgang inszenieren und hat dann gemerkt, dass er sich damit nur lächerlich macht und den Brief versteckt. Denn was in dem Brief steht, passt doch gar nicht zu Robins Leben. Das ist ja ein Brief aus einem Horrorkabinett. Lisa macht sich total Vorwürfe, dabei war sie die liebevollste Mutter, die man sich nur vorstellen kann.«
    »Vielleicht hatte er mehrere Gründe, so wie er es im Brief angedeutet hat?«, warf ich ein.
    »Gut möglich«, meinte Wolfgang und fuhr sich wieder mit der Hand durch die Haare: »Mein Gott, Robin! Was hast du alles auf dich genommen!?«
    Auch ich konnte Robins Last jetzt deutlich spüren, sie drückte meine Schultern herunter. »Wolltest du wirklich noch ein eigenes Kind mit Lisa?«, fragte ich.
    Mir kam wieder in den Sinn, was Mom zu dem Thema ausgeplaudert hatte. Ob Wolfgang mich jetzt anlügen würde – wie Lisa?
    »Nein«, sagte Wolfgang mit einer entwaffnenden Offenheit. »Aber ich habe ihr das nicht so gesagt, das hätte sie zu stark verletzt. Und jetzt, nach Robins Tod … jetzt ist der Zeitpunkt denkbar ungünstig.«
    Das war ungefähr das, was er auch meiner Mutter anvertraut hatte.
    Ich konnte ihn irgendwie verstehen. »Warum wollen Frauen immer unbedingt ein Kind mit einem Mann?«, fragte ich und musste auch an meine Mom und meinen Pa denken. Sie hatte nur eins von ihm gewollt, nicht aber mit ihm. Das heißt, er hatte vorher nicht zugestimmt und fühlte sich hinterher total hereingelegt, weil sie ihm ein Kind untergeschoben hatte, also mich. »Ist ein Kind ein Liebesbeweis?«
    »Wenn es immer ein Kind bräuchte, um Liebe zu beweisen, wäre das schlimm«, meinte Wolfgang. »Das Kind selbst ist dann doch völlig überfordert. Wunschkinder sind oft viel unglücklicher als andere, weil sie so viele Erwartungen erfüllen müssen.«
    »Da ist vielleicht was dran.«
    »Was du vorhin meintest, gibt es nur im Tierreich. Löwenmännchen töten manchmal die Jungen einer Löwin, um selber zum Zug zu kommen. Aber das machen wie gesagt nur die Männchen.«
    »Wie?«, fuhr ich hoch. Was wollte er denn jetzt damit andeuten?
    Wolfgang seufzte tief. »Ach so, ich dachte, du wolltest so was andeuten, weil Lisa gelogen hat!?«
    Er sah mich durchdringend an. Ich wusste wirklich nicht, wie ich ihn einschätzen sollte. »Du glaubst doch, dass es einen Grund dafür gibt, dass Lisa die Polizei und sogar mich angelogen hat, oder nicht!?«
    »Vielleicht hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie zu spät gekommen ist … oder weil … !?« Meine Stimme versagte.
    »Von mir erfährt sie jedenfalls nicht, dass du sie gesehen hast«, versprach er.
    Als wäre das jetzt meine schlimmste Befürchtung: »Ich glaube nicht, dass Lisa mir was tun würde.«
    »Das war es auch nicht, was ich damit andeuten wollte!«, giftete er mich unerwartet scharf an. »Das sind ganz schön schwere Anschuldigungen, die du da gegen meine Frau vorbringst!«
    Irgendwie fühlte ich mich getäuscht. Er hatte mich doch quasi ermutigt, alles zu sagen, alle Vermutungen zu äußern, die ich hatte. Jetzt hatte ich plötzlich das Gefühl, in eine Falle getappt zu sein und mich auf der ganzen Linie verplappert zu haben. Als Schadensbegrenzung versuchte ich, ihn zu beschwichtigen. »So war das nicht gemeint«, sagte ich. »Ich will nur einfach auch nicht wahrhaben, dass Mike … und ich …«
    »Das versteh ich doch«, sagte er jetzt in einem einlenkenden Ton. »Du hast wahnsinnig große Schuldgefühle und klammerst dich an jeden Strohhalm, der andeutet, dass es anders gewesen sein könnte.«
    Ich schüttelte nur den Kopf und er strich mir so lange darüber, bis ich damit aufhörte.
    Und Tsunami?
    »Und Tsunami?«, rutschte es mir heraus.
    »Tsunami?« Wolfgang runzelte irritiert die Stirn. »Was da in der Zeitung stand? Ich glaube, das ist nur ein Hirngespinst des Reporters gewesen.«
    »Robin hat jemanden angerufen und gesagt, Tsunami ist kein Mann.«
    »Wen? Wen hat er

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