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Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Kottmann
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ist?«, fragte er. »Ist das nicht eine geniale Methode?«
    »Das ist nicht genial, das ist krank. Du bist widerlich! Wenn so etwas in deinem Buch steht, dann sperren die dich eher in die Klapse als dass du Bestsellerautor wirst. Was willst du denn damit beweisen?«
    »Natürlich steht das nicht so direkt da, sondern in Form von Fabeln und Geschichten. Und dann übersetzt in diese Managementsprache für Personalreferenten und Chefs.«
    »Dann übersetze mal, da bin ich mal gespannt.«
    »Robin hat es auch so begriffen.«
    »Was?«
    »Dass man dem anderen jederzeit etwas Schlimmes antun kann.«
    »Wie jederzeit?«
    »Ich hätte in diesen Momenten alles mit ihm machen können, ihn ertränken, abstechen, erschießen, erwürgen …«
    Mein Gott, war dieser Mann krank! War das wirklich der Wolfgang, den ich glaubte zu kennen? Der mich heute Morgen noch auf der Brücke in den Armen gehalten hatte. Mir wurde wieder schlecht, als mir einfiel, dass auch ich ihm in diesem Moment auf dem Geländer blind vertraut hatte und mein Leben in seine Hände gelegt hatte.
    Doch Lisa blieb diesmal erstaunlich sachlich. »Dazu braucht es wohl keine Methode. Das kann man auch so, wir können uns jederzeit gegenseitig ein Küchenmesser in die Brust rammen oder uns vor die U-Bahn stoßen«, sagte sie trocken.
    »Sehr gut, du kommst allmählich drauf. – Wir denken aber nicht ständig daran, dass uns etwas passieren könnte, dass jeder Mensch uns jederzeit etwas antun könnte. Wir fühlen uns viel zu sicher, auch in der Arbeitswelt.«
    »Du willst den Leuten Angst machen, damit sie gefügiger würden und alles mitmachen?«
    »Nein, das ist doch viel zu plump. Susanne wusste es sofort.«
    »Susanne?«, fragte Lisa.
    Mir brach erneut der Schweiß aus. Hatte er Mom etwa dasselbe angetan?
    »Ich dachte, da war nichts zwischen euch? Willst du mich eifersüchtig machen oder gehört das auch zu deiner Methode?«
    »Schon möglich. – Nur mit Angst zu arbeiten, ist zu einfach, die Mischung aus Angst und Vertrauen ist es. Du hast dich auf Teil drei eingelassen, weil du einerseits Angst vor den Konsequenzen hattest, wenn du es nicht tust. Andererseits hast du mir vertraut, dass ich nicht bis zum Äußersten gehe. – Am Ende sind die Mitarbeiter sogar dankbar dafür, dass sie geschont und damit belohnt werden für ihre Vertrauensangst – oder ihr Angstvertrauen. Danach kannst du alles mit ihnen machen und sie haben sogar Spaß dabei.«
    Lisa sagte nichts.
    Was sollte man auch noch dazu sagen? Wie konnte ein Mensch sich so etwas ausdenken. Das war Manipulation auf die Spitze getrieben.
    »Das ist ein ganz neuer Ansatz im Personalmanagement, viel effektiver als diese ganze Motivations- und Kooperationsscheiße. Das wird ein Mega-Erfolg! Und es hat bisher bei allen funktioniert!«
    »Bei allen? Wen hast du denn alles getestet?«
    »Susanne, Michelle, Mike …«
    Mich auch?
    »Komm mit, ich zeig’s dir.«
    Hilfe! Ich schrak zusammen. Hastig sprang ich in Robins Zimmer, ließ die Tür aber einen Spalt offen. Die beiden gingen durchs Wohnzimmer auf den Balkon, ich hörte, dass der Hebel der Balkontür nach unten gedrückt wurde.
    Leise schlich ich aus Robins Zimmer wieder in den Flur, damit ich um die Ecke lugen konnte, und hörte Wolfgang dabei sagen: »Susanne hat sich auf ihrem Balkon weit über das Geländer gelehnt. Ich stand hinter ihr und es hätte nur ein kleiner Schubs gefehlt und sie wäre hinuntergestürzt.« Er schien die Situation sehr genossen zu haben. Aber ich wurde ganz krank vor Angst, als ich das hörte.
    »Wie krank ist das denn?«, zischte jetzt auch Lisa.
    »Das ist aufregend und Nervenkitzel pur. Probier’s mal aus.«
    »Spinnst du?«
    »Susanne hat mir vertraut.«
    »Und wenn ich das Gleichgewicht verliere?«
    »Halt ich dich fest.«
    Wer’s glaubt!?, dachte ich, aber Lisa sagte es nicht.
    »Versprochen?«, fragte sie.
    Nein, lass dich nicht drauf ein, dachte ich.
    »Versprochen.«
    Ich wusste nicht, was besser war: sofort Hilfe zu holen oder lieber zu bleiben, wo ich war, um zur Not eingreifen zu können. Aber wie konnte ich ihr noch helfen, wenn sie einmal ins Rutschen geraten würde? Bis ich auf dem Balkon ankam, war sie längst in die Tiefe gestürzt.
    Ich traute Wolfgang nicht mehr über den Weg. Mein Bild von ihm war vollkommen in sich zusammengestürzt. Er hatte die ganze Zeit eine Maske getragen und erst jetzt zeigte er sein wahres Gesicht. Er hatte uns allen die ganze Zeit die Rolle des lieben, verständnisvollen,

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