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Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Kottmann
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Falsches Bauchgefühl?
    Vorsichtig steckte ich den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn leise um und öffnete die Tür. Nur einen Spaltbreit. Ich schlüpfte hindurch und drückte die Tür leise hinter mir zu, zog den Schlüssel ab, um ihn in meine Rocktasche zu stecken. Lisa lachte jetzt lauter, die Tür zum Badezimmer stand offen. Hoffentlich kam keiner von beiden raus. Hier gab es nichts in der Nähe, wo ich mich zur Not verstecken konnte.
    »Und jetzt den Trick von Seite 38«, kicherte Lisa.
    »Du bist betrunken«, sagte Wolfgang.
    »Ja, komisch eigentlich, dass du nicht betrunken bist!?«, lallte Lisa ein bisschen. »Wir … nein ich, ich bin schuld … ich hab Robin auf dem Gewissen. Nur weil ich unbedingt ein Kind mit dir haben wollte, um dich an mich zu binden, du … Arsch.«
    »Hör auf!«, sagte Wolfgang jetzt eindringlicher.
    »Du Arsch!«, wiederholte sie und kicherte hysterisch. »Jetzt hab ich überhaupt kein Kind mehr oder willst du jetzt doch noch eins mit mir? Und ich hab dir das alles finanziert, ich Vollidiot!«
    Wolfgang hatte ihr wohl endgültig klargemacht, dass er kein Kind mit ihr wollte. Jetzt nicht und auch später nicht.
    »Hör auf«, sagte er noch einmal. »Lass uns jetzt lieber weitermachen.«
    »Genau!«, posaunte sie. »Wo waren wir stehen geblieben? Ah ja, bei Trick 38, nein, Seite 38.«
    »Das ist kein Trick«, lachte jetzt Wolfgang. »Das ist eine durch empirische Feldforschung unterlegte Methode.« Es kam mir vor, als müsste er sich anstrengen, um diesen heiteren Ton anzuschlagen.
    »Mir doch egal. Ich les vor oder willst du?«
    »Nein. Lies du.«
    Lisa las vor, sie zitierte offenbar aus Wolfgangs Buchmanuskript: »Also, … wenn ein Mann das Herz einer Frau erobern will, trifft er sie besser auf einer wackeligen Hängebrücke als auf einer sicheren Stahlbrücke. Mindestens einer von beiden muss sich in Gefahr befinden und etwas zu befürchten haben, sich nicht stark und sicher fühlen, damit beide sich überhaupt für die Liebe öffnen können. In anderen Situationen sind Menschen meistens zu stolz, zu eigensinnig und zu unabhängig, um tatsächlich aufeinander zuzugehen.«
    Das war ja wohl ziemlicher Schwachsinn! Ich begriff immer noch nicht, was das Ganze mit Unternehmensmanagement zu tun haben sollte. Aber der Inhalt kam mir bekannt vor. Die Überschrift zu diesem Kapitel, die mir jetzt nicht mehr einfiel, hatte ich schon damals in diesem unvollständigen Inhaltsverzeichnis gelesen, als ich mich das erste Mal hier reingeschlichen hatte. Auch wenn ich nicht wirklich verstand, was die beiden da gerade machten und warum sie sich ausgerechnet im Badezimmer aus dem Manuskript vorlassen, schien ja alles so weit in Ordnung zu sein und mein Bauchgefühl hatte mich diesmal wohl tatsächlich getäuscht. Ich wollte mich schon umdrehen und wieder leise aus der Wohnung schleichen, als Lisa wieder das Wort ergriff.
    »Hier ist aber keine lebensgefährliche Hängebrücke«, scherzte sie. Sie klang immer noch etwas angetrunken.
    »Gefahr kann man auch anders herstellen, … du Arsch.« »Arsch« sagte er zwar zärtlich scherzend, aber es lag plötzlich ein Ton in seiner Stimme, den ich zuvor nicht vernommen hatte. Etwas Drohendes, Lauerndes lag darin.
    Also blieb ich doch stehen. Ich würde einfach schnell in Robins Zimmer verschwinden, wenn einer der beiden das Bad verlassen sollte.
    »Hier?« Lisas Stimme klang unbedarft.
    »Warum nicht?«
    »Beim Baden? Was soll denn da passieren?« Lisa zeigte ihm wohl einen Vogel. »Außerdem musst du noch heißes Wasser nachlaufen lassen, sonst ist es zu kalt. Das heißt, wir müssen erst was von dem kalten ablaufen lassen. Die Wanne ist ja schon fast voll. «
    »Kaltes Wasser ist doch viel gefährlicher.«
    »Was hast du vor?«
    »Vertraust du mir?«
    »Ja, das weißt du doch.«
    »Dann stell dich vor die Wanne und tauch solange deinen Kopf unter Wasser, bis ich dir einen Klaps auf den Po gebe.«
    Mein Gott, das war ja widerlich. Was war denn das für ein perverses Spiel, das er da mit ihr trieb. Mein Magen fing schon wieder an, sich zu drehen. Atmen, Michelle. Ein, aus. Ein, aus. Hier durfte mir jetzt bloß nicht schlecht werden.
    »Und was dann?«, fragte Lisa Wolfgang.
    »Das wirst du schon sehen. Du vertraust mir doch, oder?«
    Schweigen. Keine Antwort.
    »Also gut. Eins, zwei, drei …« Lisa holte tief Luft. Ich hörte, wie ihr Kopf ins Wasser eintauchte.
    Dann geschah eine Ewigkeit lang nichts. Meine Hände waren schweißnass. Ich wusste nicht,

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