Hast du mich nie geliebt
schön.
Natürlich.
Atemberaubend.
Umwerfend.
Auch ihr Duft zog ihn in seinen Bann. Es war kein Parfüm, sie war klug genug, in der Sonne keines zu benutzen. Ihr Shampoo vielleicht? Oder ihre Hautcreme? Oder ihr ganz persönlicher Duft? Er wollte ihn tief einatmen, schmecken …
Er wollte sie …
Nein! Das durfte nicht sein. Er musste unbedingt die Kontrolle bewahren.
Für alles andere war es noch zu früh. Gut, dass er sie begehrte, sie besitzen wollte, gut für seinen Plan. Aber er durfte nichts übereilen, musste vorsichtig vorgehen. Äußerst vorsichtig. Janine war wie ein scheues Reh, das bei der kleinsten falschen Bewegung flüchten würde. Merkwürdig, er hatte sie sich ganz anders vorgestellt. Viel forscher, weniger zurückhaltend. Aber vielleicht war es ja genau dies, was Stephanos so gereizt hatte. Plötzlich konnte er seinen Schwager gut verstehen.
Er musste daran denken, wie Stephanos reagieren würde, wenn er wüsste, dass er jetzt neben seiner Geliebten im Auto saß. Und das bei seinem Ruf! Janine schien bisher keinen Verdacht geschöpft zu haben. Sie hatte ihm die Geschichte, die er ihr aufgetischt hatte, anstandslos geglaubt.
Irgendwie irritierte ihn ihr Vertrauen. Er verspürte erneut einen kleinen Stich, wenn er daran dachte, was er ihr antun musste. Sie wirkte so unschuldig, so naiv.
Aber sie war nicht naiv, im Gegenteil. Wenn Demetria Recht hatte, war sie ein raffiniertes kleines Biest, das jeden Mann um den kleinen Finger wickeln konnte. Männer jeden Alters …
Er würde ihrem Charme nicht zum Opfer fallen, das nahm Nikos sich fest vor. Er hatte einen Job zu erledigen, musste seiner Schwester helfen, koste es, was es wolle.
Plötzlich verschwanden seine Skrupel. Schließlich war nichts Unrechtes an seinem Vorhaben. Janine Fareham hatte einen Fehler gemacht, als sie sich seinen Schwager ausgesucht hatte, und dafür sollte sie büßen.
Aber vorher – und das bezweifelte er nicht – würden sie beide ein paar sehr vergnügliche Stunden miteinander verbringen. Er hatte die einzigartige Möglichkeit, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Er konnte seine Schwester rächen, indem er sich auf eine Affäre mit einer wunderschönen Frau einließ. Es gab bestimmt Schlimmeres im Leben.
Resolut trat er aufs Gaspedal und überholte mit lautem Hupen einen breiten Lastwagen. Es war ein riskantes Manöver, denn die nächste Kurve lag nur wenige hundert Meter vor ihnen. Janine hielt den Atem an und drückte sich tief in ihren Sitz. Sie war völlig in den Anblick der Landschaft versunken gewesen und hatte gar nicht mitbekommen, was auf der Straße los war. Aber schon waren sie wieder auf der rechten Fahrspur.
Ihre Angst war Nikos nicht verborgen geblieben, und er drosselte das Tempo.
"Fahre ich Ihnen zu schnell?" erkundigte er sich.
"Ehrlich gesagt wäre es mir lieber, Sie würden ein bisschen langsamer fahren", erwiderte Janine. Sie hatten inzwischen die Küstenstraße erreicht, die sich in Schwindel erregenden Serpentinen am Meer entlangzog.
"Bisher hatte ich noch keinen Unfall", beruhigte er sie.
"Das erstaunt mich", bemerkte Janine mit einem Anflug von Ironie. Sein wilder Fahrstil überraschte sie nicht. Nikos war ein Mann, der immer mit Vollgas durchs Leben rasen würde. Er setzte sich ein Ziel, dann verfolgte er es, egal, welche Hindernisse sich ihm dabei in den Weg stellten. Er war ein Mann, der stets bekam, was er wollte.
Das betraf ganz sicher auch Frauen.
Welche Frau, die all ihre Sinne beisammen hätte, würde Nein zu ihm sagen?
Wie würde sie sich verhalten, wenn es so weit wäre?
Würde sie die Kraft haben, ihn zurückzuweisen?
Einen kurzen Moment lang schwelgte Janine in der Vorstellung, wie es sein würde, wenn er auf sie zukäme, ein gewisses Funkeln im Blick, die Hand nach ihr ausstreckte und sie mit sich aufs Bett …
Allein die Gedanken erregten sie so sehr, dass Hitzewellen sie durchfluteten. Es war, als könnte sie ihn bereits spüren, als wüsste sie schon jetzt, wie es sich anfühlte, wenn er sie streichelte, wenn er ihren Hals mit kleinen Küssen bedeckte und sie …
Erneut drängte sich ihr die Frage auf, ob sie es so weit kommen lassen würde. Oder ob sie die Kraft hätte, sich ihm zu entziehen.
Nun komm schon, vergiss diese Tagträume, ermahnte sie eine innere Stimme. Er hat dich ja noch gar nicht gefragt. Vielleicht findet er dich ja nicht einmal attraktiv. Du bildest dir das alles bestimmt nur ein.
Sie warf Nikos einen verstohlenen Seitenblick
Weitere Kostenlose Bücher