Hast du mich nie geliebt
zu. Auch im Profil wirkte er außerordentlich attraktiv, vielleicht sogar noch ein wenig männlicher, wenn das überhaupt möglich war. Seine gerade Nase und die hohe Stirn verliehen seinem Gesicht etwas Edles und Stolzes. Und erst seine Lippen …
Wie mochte es sein, seine Lippen auf ihren zu spüren? Bestimmt konnte er wunderbar küssen!
Janine zwang sich, wieder aus dem Fenster zu blicken und die Landschaft zu bewundern. Sie sollte diese Gelegenheit nutzen, mehr über Stephanos' Land zu erfahren. Das Land, das er so sehr liebte und das vielleicht bald ihre neue Heimat werden würde.
Es war ein Land mit einer uralten Geschichte. Alles um sie herum – die Insel, die Berge, das Meer, die Wälder – hatte viel zu erzählen. Dies hier war die Wiege der westlichen Zivilisation, und ihr Einfluss war auch heute noch, zweitausendfünfhundert Jahre später, zu spüren.
Die Landschaft schien durch die Jahrhunderte die gleiche geblieben zu sein. Das Morgenlicht sponn goldene Fäden zwischen den Zweigen der Olivenbäume, ein Esel stand angebunden im Schatten eines Baumes. Sie fuhren durch Weinberge voll reifer Trauben, Weinberge, die von der Fruchtbarkeit der Erde kündeten.
Beinahe lautlos glitt die Limousine durch die engen, kurvigen Straßen. Plötzlich erschien ein Traktor vor ihnen, doch diesmal überholte Nikos nicht gleich, sondern wartete geduldig auf eine Gelegenheit, in aller Ruhe an dem langsamen Gefährt vorbeizuziehen, als die Straße breiter wurde.
Irgendwann erreichten sie die Südspitze der Insel. Das Land schien hier noch fruchtbarer zu sein, die Vegetation noch vielfältiger. Interessiert sah Janine sich um. Sie fühlte sich merklich entspannter.
"Was sind das für Bäume?" fragte sie. "Keine Olivenbäume, oder?"
Nikos schüttelte den Kopf. "Nein, das sind Zitrusbäume. Orangen und Zitronen. Die Ionischen Inseln sind berühmt für ihre großartige Flora und Fauna. Das gilt selbst für Skarios, obwohl sie die trockenste der Inseln ist. Skarios hatte schon immer eine große strategische Bedeutung, erst für die Venezianer, später für die Briten. Jetzt ist der Tourismus die Haupteinnahmequelle, wie auf den übrigen Inseln. Die Regierung hat beschlossen, dass die Insel nur behutsam erschlossen werden soll. Man will hier nicht dieselben Fehler machen wie auf Korfu, wo eine Bettenburg nach der anderen errichtet wurde."
Janine nickte. "Das ist gut so. Die Insel ist so ursprünglich, es wäre schade, wenn man ihren Charme zerstören würde."
"Ja, das stimmt. Stephanos hat es richtig gemacht, er hat sein Hotel der Landschaft angepasst. Hoffentlich nehmen sich andere daran ein Beispiel."
"Und Sie wollen hier wirklich eine Villa kaufen?" fragte sie gespannt.
Nikos antwortete nicht gleich. "Wenn ich etwas Passendes finde", sagte er schließlich. "Aber zuerst möchte ich mich hier ein wenig umsehen. Wir sind übrigens bald in Lethoni. Dort können Sie eine venezianische Burg besichtigen."
"Was hatten denn die Venezianer in Griechenland zu suchen?"
"Sie waren Eroberer", erklärte Nikos ihr. "Griechenland hatte schon immer eine große strategische Bedeutung als Schnittpunkt zwischen Ost und West."
Sie verließen die Küstenstraße und schlugen den Weg nach Lethoni ein. Die kleine Stadt wurde von einer großen Wehrburg dominiert. Ein langer Strand, einige Geschäfte und Restaurants und vor allem die venezianischen Stadthäuser waren ihre hervorstechendsten Merkmale. Nikos stellte den Wagen auf dem Parkplatz ab, und sie stiegen aus. Glühende Hitze schlug ihnen entgegen.
"Sie sollten besser Ihren Strohhut aufsetzen", sagte Nikos fürsorglich zu Janine. "Sonst bekommen Sie noch einen Sonnenstich."
Ohne ihre Antwort abzuwarten, griff er nach dem Hut und setzte ihn ihr einfach auf. Dann strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte sie an.
"So, das ist schon besser", meinte er zufrieden. "Jetzt sind Sie geschützt." Er ließ die Hände auf ihre Schultern gleiten und eine Weile dort ruhen.
Geschützt? Was meinte er damit? Janine war verwirrt. Sie stand bewegungslos da und sah ihn nur an. Seine Hände brannten wie Feuer auf ihrer Haut. Erneut ließ seine Berührung sie erschauern.
Geschützt? Nie zuvor war sie sich so schutzlos vorgekommen!
Nikos merkte, was in ihr vorging, und zog seine Hände zurück.
"Wie wär's mit einem Kaffee?" schlug er vor. "Die Bar dort drüben sieht ganz nett aus."
Er wies auf ein kleines Café am Ende des Strands, vor dem kleine Kinder spielten. Janine nickte
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