Hastings House
Hand und drückte sie fest.
“Das ist schon in Ordnung”, erklärte Leslie gefasst und erwiderte sanft den Druck der kleinen Hand. “Nikki ist meine Freundin.”
“Und ich freue mich, dir zu begegnen”, ergänzte Nikki. “Wir glauben, dass Leslie deine Mutter gefunden hat, und wir können euch wieder zusammenbringen. Aber wir müssen deinen Nachnamen wissen, Mary.”
“Mary.”
“Nein, ich meine … Ich bin Nikki Blackhawk, und Leslie ist Leslie MacIntyre. Wie lautet
dein
Nachname?”
Das Mädchen flüsterte etwas.
“Was sagst du?”, fragte Nikki nach.
Leslie kniete sich hin und betete, dass sie in diesem entscheidenden Moment nicht gestört wurde. “Sherman. Mary Sherman”, antwortete die Kleine schließlich zaghaft.
“Miss Mary Sherman”, erklärte Leslie daraufhin. “Du musst keine Angst haben, ich verspreche dir hoch und heilig, dass ich mich um dich und deine Mutter kümmern werde. Jetzt muss ich nur noch ganz genau die Stelle finden, an der du beerdigt wurdest. Das müsste hier ganz in der Nähe sein, richtig?”
“Ich glaube schon”, antwortete Mary.
Leslie lächelte Nikki und Adam an, der den beiden Frauen nur zusehen konnte. “Wir suchen nach dem Kindergrab einer gewissen Mary Sherman. Los geht’s.”
Sie und Adam suchten in der Gruft nach einer entsprechenden Inschrift, Nikki sah das Register durch.
“Treffer”, sagte Adam nach einer Weile leise.
Leslie eilte zu ihm und sah, dass er eine Wandplatte freigelegt hatte, hinter der sich sechs kleine Särge befanden, allesamt Kinder, die an einem Fieber gestorben waren.
Der letzte Name auf der Tafel war der von Mary Sherman. Leslie sah sich um, doch das Mädchen war verschwunden.
Nachdem sie die Särge entdeckt hatten, musterte Leslie die Wände und klopfte mal hier, mal dort.
“Was machst du da, Leslie?”, fragte Nikki besorgt.”
“Es führt noch ein anderer Weg in die Gruft. Als wir gerade eben Mary Shermans Grab entdeckten, wurde mir bewusst, dass ich hier gestanden habe, als ich angeblich von einem Stück Deckenputz am Kopf getroffen wurde.”
“Okay, dann suchen wir mal.”
Gemeinsam tasteten sie alle Flächen und Ritzen in der Gruft ab, doch eine Geheimtür ließ sich nicht finden – jedenfalls keine, die nach so langer Zeit noch funktionstüchtig war.
Tröstend legte Nikki einen Arm um ihre Schultern. “Immerhin haben wir Mary gefunden.”
Leslie seufzte, weil Nikki recht hatte. Jetzt musste sie nur noch Laymon dazu überreden, die Knochen aus der Gruft in das Grab der Mutter umzubetten, das sie oben auf dem Friedhof entdeckt hatte.
“Mary?”, rief sie. “Mary, ich brauche deine Hilfe. Gibt es noch einen anderen Weg in diese Gruft? Bitte, Mary, ich muss das wissen.”
Eben noch war das Mädchen verschwunden gewesen, nun tauchte es wieder auf. Doch im gleichen Augenblick ertönte Lärm von oben – Laymon kehrte zu ihnen zurück.
Mary verblasste, doch es sah so aus, als würde in letzter Sekunde ein panischer Ausdruck über das Gesicht des kleinen Mädchens huschen.
War Laymons Rückkehr der Störfaktor? Oder lag es an Brad, der dem Professor auf den Fersen folgte?
17. KAPITEL
“S ie ist Ihre Tochter, Eileen, nicht wahr?”
Eileen Brideswell sah Joe eine Zeit lang schweigend an, ohne dass ihre Miene eine emotionale Regung verriet. Dann senkte sie den Kopf, und er bemerkte, wie eine Träne auf den Tisch tropfte.
“Es tut mir leid”, fügte er leise hinzu. “Ich wollte Sie nicht aufwühlen.”
Sie blickte hoch und wischte sich über die Augen. “Ja. Sie können das nicht verstehen. Als ich schwanger wurde … wir zählten zur besseren Gesellschaft. Den Vater konnte ich nicht heiraten, er war ein Einwanderer, ein Maurer. Und”, ihr Gesicht war von unendlich tiefer Trauer gezeichnet, “abgesehen davon starb er bei einem Unfall, noch bevor er von Genevieve erfahren konnte. Damals … fürchtete ich, dieser Makel könne ihr ein Leben lang anhängen. Mein Bruder und seine Frau wollten unbedingt ein Kind bekommen … und ich wurde von meinen Eltern unter Druck gesetzt. Ich musste meine Tochter weggeben, aber weil Donald sie großzog, konnte ich als Tante wenigstens in ihrer Nähe sein. Ich sollte reich heiraten, und ich muss Ihnen sagen, dass es eine gute Ehe war. Ich erwarte von Ihnen nicht, dass Sie das verstehen, und ich … ich muss mich vor Ihnen auch nicht rechtfertigen. Ihr Job ist es, Genevieve zu finden.”
Im Lauf der Jahre hatte er gelernt, dass Leute, die sich in die Enge getrieben
Weitere Kostenlose Bücher