Hastings House
Feierabend triffst du dich mit Brad auf einen Drink?”, fragte sie.
“Ja. Können wir uns danach irgendwo zum Abendessen verabreden?”
“Du kannst mich auf meinem Handy erreichen”, gab sie zurück und sah ihm tief und forschend in die Augen. Offensichtlich war sie beunruhigt, was seine geplante Unterhaltung mit Brad anging.
“Und
du
kannst mich jederzeit anrufen, wenn du mich brauchst.
Jederzeit.”
Er sah von Leslie zu Nikki und Adam und zurück zu Leslie. Sie lächelte ihn wieder an. Er wusste, dass sie seine Fürsorge zu schätzen wusste. Inzwischen glaubte er aber, immer mehr Anzeichen dafür zu haben, dass sie auch seine Nähe mochte.
Er winkte zum Abschied und machte sich auf den Weg.
Sein Ziel war das Katasteramt, aber er fuhr nicht geradewegs dorthin. Obwohl auf den Straßen recht viel los war, steuerte er seinen Wagen eine Weile durch das Viertel, um sich im Geiste ein Bild von der Gegend zu machen – wo die Straße verlief, in der die Prostituierten anschaffen gingen, wo die Ausgrabungsstätte und das Hastings House lagen und welchem Streckenverlauf die U-Bahn folgte. In diesem Viertel wurde momentan viel gebaut, und überall standen Kräne, Gerüste und Bauzäune. Schließlich passierte er das Gebäude, in dem er sich mit Heidi Arundsen und Didi unterhalten hatte, und nahm Kurs auf sein eigentliches Ziel.
Leslie war zufrieden mit der Arbeit, die sie an diesem Tag geleistet hatte. Zum Glück ließ Laymon Nikki und Adam weiter mithelfen, ohne viele Fragen zu stellen, wer sie waren und woher sie kamen. Als er sah, dass beide behutsam mit dem Pinsel umgingen und sich Adam als wahrer Zauberer entpuppte, was das Entziffern von Aufzeichnungen betraf, gab es für ihn keinen Grund, sie von der Baustelle wegzuschicken. Abgesehen davon waren sie beide Helfer, die ihn nichts kosteten, wie er mit einem Lächeln kommentierte.
Zum Mittagessen verließen sie noch nicht einmal das Gelände, sondern setzten sich mit einem Sandwich in den Schatten und aßen in Ruhe. Als es fünf Uhr war, fühlten sich alle völlig erschöpft.
“Das war ein sehr erfolgreicher Tag”, stellte Leslie zufrieden fest und streckte sich. Jetzt war sie bereit, den Feierabend zu genießen.
Laymon schnaubte. “Der erste nach langer Zeit”, gab er zurück.
Leslie zwinkerte Nikki und Adam zu, als sie sich so gut wie möglich vom Staub befreiten, der sie von Kopf bis Fuß bedeckte. Brad schien es kaum erwarten zu können, sich mit Joe zu treffen.
“Na dann … viel Spaß”, wünschte sie ihm und verkniff sich, ihm zu sagen, dass Joe ihn für einen verrückten Killer zu halten schien.
Als sie, Nikki und Adam ins Hastings House zurückkehrten, war es für das Publikum bereits geschlossen, und auch das Personal war inzwischen nach Hause gegangen. Adam zog sich zurück, weil er sich vor dem Abendessen noch ein wenig hinlegen und ausruhen wollte. Leslie und Nikki duschten, um sich von dem Staub und Schmutz aus der Gruft zu befreien. Dann schlug Leslie vor: “Wie wär’s mit einem Spaziergang?”
“Gern. Ich bin für alles zu haben, was du für hilfreich hältst.”
Ein paar Minuten später verließen sie das Haus.
“Was ist?”, fragte Leslie, als sie bemerkte, wie betrübt Nikki plötzlich dreinblickte.
“Nichts.”
“Jetzt sag schon”, drängte Leslie.
“Es … es könnte sein, dass ich Matt gesehen habe”, sagte sie leise.
Leslie stutzte und fasste sie am Arm. “Wo und wann? Und wieso sehe ich ihn nicht?”
Ihr war nicht klar, wie sehr sie sich in Nikkis Arm verkrallte, die ihre Hand sanft wegschob. “Ich habe damit schon länger zu tun als du, und ich bin mir keineswegs sicher. Es war ein sehr fahles Bild.”
“Was hat er gemacht?”
“Es war so, als würde er die Haustür bewachen”, erklärte Nikki. “Und …”
“Und was?”
“Er wollte nach dir greifen, als wir aus dem Haus gingen.”
Leslie starrte sie an, dann rannte sie die Stufen hinauf und machte die Tür auf, wobei sie fast vergaß, die Alarmanlage auszuschalten.
“Matt?”
Nikki wartete draußen.
“Matt, bitte!”, flehte Leslie und ging weiter in den Flur hinein. Plötzlich glaubte sie es zu fühlen. Eine sanfte Berührung an ihrer Wange, auf ihrem Haar. Sie stand da und wartete, unfähig sich von der Stelle zu rühren.
Nikki folgte ihr ins Haus und schloss die Tür hinter sich.
“Siehst du ihn?”, wollte Leslie wissen.
“Nein, tut mir leid.”
Leslie konnte ihn nicht sehen, nur fühlen. Da war sie sich ganz sicher. Dann, auf
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