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Hastings House

Hastings House

Titel: Hastings House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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würde alles immer wieder zurück in diesen Raum führen, in das Anrichtezimmer, in dem er gestorben war.
    Der Dead Room, wie sie das Zimmer nannten.
    So oft stand er hier und durchlebte noch einmal diesen letzten Moment. Das Stimmengewirr im Raum, wie er Interesse an der Unterhaltung vorgab, obwohl er in Wahrheit seinen Blick über die Menge schweifen ließ, bis er Leslies Augen fand. Es war eine tolle Party gewesen, umgeben von den richtigen Leuten, die Geld, Macht und politischen Einfluss besaßen. Ein perfekter Abend …
    Und dann war die Luft um ihn herum in Flammen aufgegangen.
    Aber wenigstens ging es ihr gut. Leslie hatte überlebt …
    Plötzlich fand er sich in der Küche wieder.
    Das Hastings House war bereits geschlossen, die Touristen waren gegangen. Jeff Green war da, nahm seine Perücke ab und sah sich um, um Gewissheit zu haben, dass sich Melissa nicht in der Nähe aufhielt. Dann zündete er eine Zigarette an und inhalierte den Rauch, während er weiter nach Melissa Ausschau hielt. Im nächsten Moment zog er einen Flachmann aus der Jackentasche und trank einen tiefen Schluck.
    Plötzlich flog ihm die Zigarette aus der Hand, und Jeff sah erst die Flasche, dann die Zigarette an. Von Panik erfasst ließ er den Blick durch das Zimmer schweifen, hob schnell die brennende Zigarette auf und warf sie in den Ausguss des Spülbeckens. Fluchtartig verließ er die Küche, und als Nächstes hörte Matt, wie die Haustür ins Schloss fiel.
    Und dann tauchte sie wieder auf – die Frau am Herd, die immer etwas über dem Feuer kochte. Sie lächelte Matt an.
    Er erwiderte das Lächeln.
    “Ich wurde verraten”, sagte sie.
    “Ich weiß, aber …”
    “Es hat nie jemand erfahren. Sie behaupteten, ich hätte ihn verlassen. Ich hätte einfach alles hinter mir gelassen. Doch das stimmt nicht. Er hat mich umgebracht. Mit einem Schuss in den Rücken. Und keiner hat es je erfahren.” Sie verzog das Gesicht zu einer schmerzhaften Miene. “Wie konnte irgendjemand glauben, ich hätte mein Kind zurückgelassen?” Sie sah ihn hilflos an. “Er mauerte meinen Leichnam ein.”
    “Was?”
    “Ich war hier in der Küche mit dem Kochen beschäftigt. Er hatte genug von mir, weil er eine andere liebte. Meine Aussteuer hatte ihn zu einem reichen Mann gemacht, aber er liebte mich nie wirklich. Mit einem Schuss in den Rücken tötete er mich hier, wo ich jetzt stehe, und dann erzählte er allen, ich sei mit einem anderen Mann durchgebrannt. Seine Geliebte zog hier ein, und sie war auch nicht glücklich mit ihm. Er hatte mich betrogen, und bald betrog er sie ebenfalls. Doch sie bekam die Schwindsucht, und noch bevor sie starb, steckte sie ihn an, und dann starb auch er, indem er an seinem eigenen Blut erstickte. Aber es war zu spät, weil es nichts daran änderte, was er mir angetan hatte, was er anderen über mich erzählt hatte. Ich sah alles mit an, und trotzdem …”
    “Trotzdem bleiben Sie hier.”
    “Ja … weil ich nicht weiß, wie ich meinen Namen reinwaschen soll.”
    “Wo versteckte er Ihre Leiche?”
    “Im Keller unter dem Anrichtezimmer. Der Butler half ihm dabei. Deshalb muss ich bleiben.”
    Sie wandte sich von ihm ab und widmete sich wieder ihrer Arbeit am Herd. Nach und nach verblasste sie, bis sie ganz verschwunden war.
    So spurlos verschwunden wie die Prostituierten, die in Matts Zeit vermisst wurden. Frauen verschwanden damals wie heute. Das Leben änderte sich nie, so wie sich auch der Mensch nie änderte. Grausamkeiten ließen sich vom Lauf der Zeit nicht aufhalten.
    Und nun drohte Leslie Gefahr. Er wusste es. Er fühlte es. War es seine eigene Entschlossenheit gewesen, über die Vermissten zu schreiben, die ihn das Leben gekostet hatte? Nun suchte Joe nach einer Frau, außerdem waren er und Leslie entschlossen, die Wahrheit über die Explosion zu enthüllen. War das der Grund, weshalb ihr Gefahr drohte?
    So viele Sünden ließen sich verstecken und begraben.
    Er fühlte sich zum Dead Room hingezogen, wo er einfach stehen blieb und sich fragte, warum er dort gestorben war.
    Plötzlich musste er an die Geheimtür unter dem Teppich denken, die in den Keller und damit zu den Knochen führte, die dort eingemauert worden waren.
    Seine Hilflosigkeit machte ihn rasend vor Wut, und einmal mehr fragte er sich, ob so wohl die Hölle aussah: machtloses Zuschauen … und Angst.
    Er entschied, wenn er nichts für sich selbst tun konnte, dann sollte er wenigstens der Frau in der Küche helfen. Das war ihm zumindest

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