Hasturs Erbe
nicht mehr, doch zugleich fühlte er, wie die ruhigen Energieströme Danis stoppten und der Puls jagte und unregelmäßig wurde wie ein Strudel in einem ruhigen Fluß. Er wußte nicht, was es bedeutete, doch er spürte, ohne es zu wissen, daß es wichtig war, daß er etwas anderes entdeckt hatte, etwas, das er unbedingt wissen mußte, etwas, von dem sein Leben abhängen konnte.
Danilo sagte mir rauher Stimme: »Du? Wie Dyan? Niemals! «
Regis rang um eine ruhige Stimme, doch er spürte jetzt die Energieströme. Das ruhige Pulsieren, das seine Wahrnehmungen wieder deutlich und zuverlässig gemacht hatte, begann unruhig und ungleichmäßig zu werden. Er sagte mit mühsamer Beherrschung: »Nicht genauso … nichts, das du fürchten müßtest. Ich schwöre es. Aber es stimmt. Haßt du mich jetzt, oder verachtest du mich?«
Danilos Stimme klang rauh. »Glaubst du, ich kenne da keinen Unterschied? Ich würde deinen Namen nicht in einem Atemzug mit seinem nennen …«
»Es tut mir leid, wenn ich dir die Illusion nehmen muß, Dani«, sagte Regis sehr ruhig, »aber es würde nur schlimmer, wenn ich dir jetzt nicht die Wahrheit sagte. Das hat vorher alles so schwierig gemacht. Ich glaube, ich habe mit aller Mühe versucht … es vor dir zu verbergen, es vor mir selber zu verbergen – das war es wohl, was mich so krank gemacht hat. Ich kannte deine Angst. Du hast dazu guten Grund. Ich habe mich bemüht, es vor dir fernzuhalten. Ich wäre lieber gestorben, als zu denken, du hieltest mich für einen wie Dyan. Ich weiß, du bist ein Cristoforo , und eure Bräuche sind anders.«
Er mußte es wissen, nach drei Jahren in einem ihrer Klöster. Und jetzt wußte Regis auch, was sein Laran unterdrückt hatte: diese beiden Dinge zusammen. Die erwachende Zuneigung für Lew, und das telepathische Bewußtsein. Und drei Jahre lang, in jenen Jahren, in denen er die Gabe hätte entwickeln und stärken sollen, hatte er jeden emotionalen oder physischen Impuls verdrängt, und jedesmal wenn er auch nur einen schwachen telepathischen Eindruck hatte, hatte er ihn unterdrückt. Um sich vor all der Sehnsucht, dem Schmerz und der Erinnerung zu verschließen …
Sankt-Valentin-im-Schnee, ob nun heilig oder nicht, hatte Regis beinahe zerstört. Vielleicht, wenn er weniger gehorsam, weniger ängstlich gewesen wäre …
»Es ist mir gleich«, sagte er. »Ich muß dir jetzt die Wahrheit sagen, Dani. Es tut mir leid, wenn es dir weh tut, aber ich kann mich nicht selber durch die Lüge verletzen, wenn ich dich oder mich betrüge. Ich bin wie Dyan. Immerhin werde ich nicht tun, was er getan hat, aber ich fühle wie er, und ich glaube, ich weiß es schon seit langem. Wenn du das nicht akzeptieren kannst, brauchst du mich nicht mehr Herr und Freund zu nennen, aber bitte, glaube mir, ich habe es selbst nicht gewußt.«
»Aber ich weiß, daß du ehrlich zu mir warst«, keuchte Danilo. » Ich habe versucht, es vor dir zu verbergen – ich habe mich so geschämt –, ich wollte für dich sterben, das wäre leichter gewesen. Glaubst du etwa nicht, ich würde den Unterschied erkennen?« fragte er. Tränen rannen über sein Gesicht. »Wie Dyan? Du? Dyan, dem ich völlig egal war, der sein Vergnügen darin fand, mich zu quälen, und meine Angst war seine Freude …« Er holte tief und keuchend Luft, als bekäme er nicht genug Sauerstoff. »Aber du. Du hättest so weitergemacht, Tag für Tag, hättest dich weitergequält, dich fast in den Tod getrieben, nur um mich nicht zu ängstigen … glaubst du etwa, ich hätte vor dir Angst? Oder vor irgend etwas, was du sagen … oder tun könntest?« Die Lichtspuren um ihn flammten auf, und Regis fragte sich, ob Dani in der aufwallenden Emotion, die sie beide umspülte, wirklich wußte, was er sagte.
Er streckte Danilo beide Hände entgegen und sagte leise: »Ein Teil der Krankheit war, glaube ich, daß wir uns voreinander verschlossen haben. Wir haben uns gegenseitig fast zerstört deswegen. Es ist aber einfacher. Wir brauchen nicht darüber reden und nach Worten zu suchen. Dani – Bredu – willst du jetzt mit mir reden, und zwar so, daß wir uns nicht mißverstehen können?«
Danilo zögerte einen Moment, und Regis fühlte die alte Angst vor einer Zurückweisung und konnte kaum atmen. Dann streckte Danilo – wenngleich Regis auch, wie in sich selbst, einen letzten schmerzhaften Moment der Angst, des Zögerns, der Scham spüren konnte – beide Hände aus und legte die Handflächen gegen die Regis’, geleitet
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