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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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ich noch niemals gesehen hatte: goldfleckiges Bernstein. Ihr Haar war fast so rot wie im Comyn-Tal. Ich reichte ihr die Hand, wie ich es auch bei Beltran getan hatte. Es erinnerte mich ein wenig daran, wie die Frauen auf dem Arilinn mich akzeptiert hatten, einfach als einen Menschen, ohne Getue und ohne Flirt. Ich verspürte ein merkwürdiges Zögern, ihre Hand wieder loszulassen. Dann fragte ich: »Bist du eine Verwandte?«
    Beltran sagte: »Marjorie Scott, ihre Schwester und ihr Bruder sind Mündel meines Vaters. Es ist eine lange Geschichte, die er dir eines Tages erzählen wird, wenn ihm danach ist. Ihre Mutter war die Pflegeschwester meiner Mutter, daher nenne ich sie alle drei Bruder oder Schwester.« Er zog die anderen nach vorn, um sie mir vorzustellen. Rafe Scott war ein Junge von elf oder zwölf Jahren. Er war meinem Bruder Marius nicht unähnlich, und auch er hatte die gleichen goldgefleckten Augen. Er sah mich scheu an und sagte nichts. Thyra war ein paar Jahre älter als Marius, eine schlanke, unruhige Frau mit scharfen Zügen, mit den Augen der Familie, aber auch Zügen des alten Kermiac. Sie blickte mich an, bot mir aber nicht ihre Hand. »Das ist eine lange, beschwerliche Reise aus dem Tiefland hierher, Verwandter!«
    »Das Wetter war gut, und ich hatte exzellente Führer für das Gebirge«, sagte ich und verbeugte mich vor ihr, wie ich es vor einer Dame der Domänen getan hätte. Ihre dunklen Züge blickten belustigt, doch sie war recht freundlich, und wir redeten ein wenig. Nach einer Weile zog Beltran die Unterhaltung wieder an sich.
    »Mein Vater war in seiner Jugend gut ausgebildet und hat uns einige der Fertigkeiten eines Matrixtechnikers beigebracht. Aber man sagt auch, daß ich ein nicht geringes Talent dazu habe. Du hast die Ausbildung gehabt, Lew, erzähl mir, was am wichtigsten ist, das Talent oder die Ausbildung.«
    Ich sagte ihm, was man mir auch gesagt hatte: »Talent und Ausbildung sind wie rechte und linke Hand. Es ist der Wille, der beides beherrscht, und der Wille muß diszipliniert werden. Ohne Talent kann man nur einen geringen Ausbildungsgrad erreichen, aber das Talent ist ohne Ausbildung auch nicht viel wert.«
    »Man sagt, ich hätte die Gabe«, sagte Marjorie. »Mein Onkel hat es mir gesagt, doch ich habe noch keine Ausbildung, denn zu der Zeit als ich alt genug war zu lernen, war er zu alt, mich zu unterrichten. Und ich bin Halbterranerin. Kann auch eine Terranerin es lernen?«
    Ich lächelte und sagte: »Auch ich bin Halbterraner, und doch habe ich auf Arilinn gedient – Marjorie?« Ich versuchte, ihren terranischen Namen auszusprechen, und sie lächelte über meine holprigen Silben.
    » Marguerida , wenn du das besser findest«, sagte sie leise in Cahuenga . Ich schüttelte den Kopf. »Wie du es aussprichst, klingt es selten und kostbar«, sagte ich und hätte fast hinzugefügt: »Wie du.«
    Beltran schürzte verächtlich die Lippen und sagte: »So haben dich die Comyn mit deinem terranischen Blut in ihren heiligen Turm gelassen? Wie gnädig von ihnen! Ich hätte ihnen ins Gesicht gelacht und ihnen gesagt, sie könnten tun was sie wollten mit ihrem Turm!«
    »Nein, mein Cousin, glaube mir, so war es nicht«, sagte ich. »Nur in den Türmen hat niemand an mein terranisches Blut gedacht. Unter den Comyn galt ich als Nedestro , als Bastard. In Arilinn hat sich niemand darum gekümmert, was ich war, nur, was ich konnte.«
    »Du vergeudest deine Zeit, Beltran«, sagte eine ruhige Stimme vom Feuer her. »Ich bin sicher, er weiß mehr über die Geschichte als jeder der Hali’imyn , und sein terranisches Blut hat ihm wenig genützt.« Ich blickte hinüber zur Bank auf der anderen Seite des Feuers und sah einen großen, schlanken Mann mit silbrigem Haar, das von seiner Stirn abstand. Sein Gesicht lag im Schatten, doch mir schien es einen Moment, als blitzten seine Augen aus der Dunkelheit wie Katzenaugen im Fackelschein. »Ohne Zweifel glaubt er, wie die meisten aus dem Tal, daß die Comyn direkt aus den Armen des Herrn des Lichts herausgefallen seien, und glaubt allmählich auch all ihre Märchen und Geschichten. Lew, soll ich dir deine eigene Geschichte beibringen?«
    »Bob«, sagte Marjorie, »niemand bezweifelt dein Wissen. Aber dein Benehmen ist schrecklich.«
    Der Mann lachte kurz auf. Jetzt konnte ich seine Züge beim Schein des Feuers erkennen, schmal und falkenartig, und als er eine Handbewegung machte, erkannte ich, daß er an jeder Hand sechs Finger hatte. Um seine Augen

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