Hauch der Verfuehrung
Sie brachen gemeinsam in einer locker zusammengewürfelten Gruppe auf, die sich schon bald zerstreute.
Ob nun aus Glück oder aufgrund sorgfältiger Planung, das mag dahingestellt bleiben, jedenfalls bildeten Jacqueline und Gerrard das Ende. Das gefiel Matthew Brisenden gar nicht. Er wurde von den anderen weitergezogen, doch immer wenn die Windung des Weges es erlaubte, schaute er zu ihr zurück, wie sie da an Gerrards Arm einherschritt.
Gerrard war sich der finsteren Blicke des jungen Mannes durchaus bewusst - und zwar weit mehr, als ihm recht war. Der Bursche benahm sich albern besitzergreifend. Gerrard durchschaute sein Verhalten, war aber überhaupt nicht begeistert. Er konnte es noch nicht einmal komisch finden. Jacqueline an seiner Seite spürte er mit jeder Faser, doch sie schien von keiner Sorge betrübt, wie sie so neben ihm ging. Es gefiel ihm, dass sie sich entspannt hatte, dass sie in der Lage war, mehr und mehr ihr wahres Ich zu zeigen, aber dennoch ...
Schritt für Schritt fielen sie zurück. Sie schien völlig versunken in die Betrachtung der Blumen und Bäume, wofür er dankbar war. Er war nicht in der Stimmung für müßiges Geplauder. Er betrachtete ihr Gesicht und merkte, wie er ihr immer stärker verfiel, ihrem Zauber erlag.
»Oh!« Sie blieb stehen und schaute nach vorne.
Er folgte ihrem Blick. Der Rest der Gruppe war um die nächste Wegbiegung verschwunden und außer Sicht.
Sie schaute ihn an; ein herausforderndes Licht tanzte in ihren Augen. »Es gibt da eine Abkürzung; wenn du es wagen willst?«
Er war willens, noch viel mehr zu wagen, wenn ein paar Minuten mit ihr allein der Lohn war. Er bedeutete ihr voranzugehen. »Bitte!«
Sie lächelte und bog ab, ging um einen ausladenden Busch herum auf einen schmaleren Pfad. »Der führt zum Flüsschen. Der Hauptweg kreuzt ihn an einer Holzbrücke ein Stück von hier entfernt, ehe er wieder im Halbkreis zurück zum Haus läuft. Aber das ist weit.«
»Worin besteht dann das Wagnis?«
Während er die Frage noch stellte, lichteten sich die Büsche vor ihnen, und er sah Wasser in einem breiten Streifen glitzern und hörte einen Bach plätschern, über den ein umgefallener Baumstamm als Steg führte.
»Sieh da!« Jacqueline deutete mit dramatischer Geste auf den Baum. »Die Herausforderung für den Waghalsigen.«
Sie begann, den abschüssigen Weg hinunterzusteigen. Gerrard folgte ihr. Der Bach hatte sich in sein Sommerbett zurückgezogen, sodass die Flächen, die er im Winter überflutete - auf jeder Seite etwa zehn Fuß - üppiges Grün bedeckte. Dennoch war der Bach noch zu breit, um einfach hinüberzuspringen, und zu tief, um hindurchzuwaten. Der Baumstamm war nicht lang.
Jacqueline wandte sich zu ihm um. »Und? Bist du dabei?«
Er schaute sie an. »Bekomme ich eine Belohnung, wenn ich es schaffe?«
Jacqueline blickte ihm in die Augen und fragte sich, wie es ihm nur gelang, dass sie sich wie eine Sirene vorkam. Sie drehte den Kopf zur Seite und sagte nur: »Vielleicht.«
»In diesem Fall« - er lehnte sich vor, sodass seine Worte ihr Ohr streiften - »dann bitte nach dir.«
Für ihre überreizten Sinne klang seine Stimme gar wie das Brummen eines Löwen.
Sie holte tief Luft, nahm die Hand, die er ihr reichte, um ihr beim Schritt auf den Stamm zu helfen, und wartete, bis sie ihr Gleichgewicht gefunden hatte, dann lief sie leichtfüßig darüber. Sie hatte das schon zahllose Male getan. Am anderen Ende sprang sie anmutig auf den festen Boden, drehte sich um - und entdeckte Gerrard dicht hinter sich, der gerade ebenfalls herunterstieg.
Er hielt sie fest; er legte ihr die Hände um die Taille, hob sie an und wirbelte sie einmal im Kreis, dann stellte er sie hin. Einen endlosen Moment starrten sie einander in die Augen, dann zog er sie an sich. Suchend sah er ihr ins Gesicht, dann senkte sich sein Blick auf ihre Lippen. »Zeit für meine Belohnung, glaube ich.«
Er beugte den Kopf und nahm ihre Lippen gefangen, stürzte sie in einen hitzigen Kuss, der unter ihrer Haut Flammen züngeln ließ. Hitzewellen flossen durch ihre Adern, sammelten sich pochend in ihrem Schoß - erfüllten sie mit einem Sehnen, das sie nun verstand.
Sie klammerte sich an seine Schultern, während ihre Lippen und ihre Zungen miteinander rangen - nicht um die Vorherrschaft, sondern gemeinsam um Lust und Wonne.
Der Augenblick nahm einfach kein Ende.
Schließlich hob er aber doch den Kopf; sie atmeten beide zu schnell, während er ihr in die Augen sah. »Hast du
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