Hauch der Verfuehrung
schien ihm schwerzufallen, das Offensichtliche zu begreifen - dass Jacqueline eine sehr beliebte junge Dame war, die seiner Hilfe nicht bedurfte, ausreichend Tanzpartner zu finden. Er blinzelte noch einmal. »Verstehe. Nun, dann ... werde ich ... besser weitergehen und dich deinen Vergnügungen überlassen.«
Mit einer knappen Verbeugung machte er auf dem Absatz kehrt und entfernte sich.
»Jacqueline, meine Liebe.« Sie drehten sich um und sahen Millicent zu ihnen kommen; sie bot in ihrem Abendkleid aus lila Musselin einen beeindruckenden Anblick. Sie lächelte in die Runde - sämtlich männlich - und verkündete dann: »Lady Tannahay und die Entwhistles sind eingetroffen, mein Liebes, und sie würden sehr gerne mit dir sprechen. Und mit Mr. Debbington natürlich.« Sie lächelte erneut, diesmal entschuldigend. »Die Herren werden dir bestimmt verzeihen, wenn du sie kurz verlässt.«
Gerrard nahm Jacquelines Hand, legte sie sich auf den Arm und bedeckte sie mit seiner. Er schaute sie an, nickte ihr ermutigend zu. »Sei einfach du selbst - mehr musst du gar nicht tun. Und hab keine Angst, dir anmerken zu lassen, was du empfindest.«
Er spürte, wie ihre Finger zitterten; sie holte tief Luft und drückte ihr Rückgrat durch. Ihre Augen ruhten bereits auf ihrem Ziel in einer Ecke des Raumes, wo Lady Tannahay neben einem älteren Herrn stand, hochgewachsen, aber mit gebeugten Schultern. An seiner Seite befand sich eine kleine, rundliche Dame, die ein nüchtern geschnittenes Kleid aus dunkelgrauer Seide trug.
Jacqueline ging erhobenen Hauptes auf sie zu; Gerrards geflüsterte Worte gingen ihr durch den Sinn. Was sie für die Entwhistles empfand, für Thomas empfunden hatte ... Als sie näher kamen, konzentrierte sie sich allein darauf, hielt ihre Gefühle nicht zurück.
Gerrard blieb vor Sir Harvey und Madeleine, Lady Entwhistle, stehen. Jacqueline blickte Ihrer Ladyschaft in die Augen; sie war sich entfernt bewusst, dass Millicent Gerrard Sir Harvey vorstellte, doch Lady Entwhistle betrachtete sie eindringlich, suchend. In ihrem Gesicht sah sie Verständnis, Mitgefühl und den schmerzlichen Verlust, den sie selbst noch spürte.
»Meine Liebe.« Mit einem zitternden Lächeln griff Lady Entwhistle nach ihren Händen.
Jacqueline überließ sie ihr gerne, erwiderte den leichten Druck der Finger Ihrer Ladyschaft.
»Ich weiß, du teilst unseren Verlust, meine Liebe - du hast um Thomas ebenso getrauert wie wir. Er war ein lieber Junge, ein guter Sohn, und er fehlt uns jeden Tag, aber du ...« Lady Entwhistle bemühte sich um ein Lächeln und drückte Jacqueline die Hände. »Das Auffinden seiner Leiche war ein schlimmer Schreck, doch nun hoffe ich, dass wir den armen Thomas in Frieden ruhen lassen können und unser Leben weiterleben. Wir waren sehr froh, als er dich wählte, aber wir wünschen uns nicht, dass sein Tod dein Leben ruiniert. Ich hatte keine Ahnung, bis Elsie mit uns gesprochen hat, dass irgendjemand in Erwägung gezogen hatte ... Aber nachdem ich gehört habe, was diese Herren hier« - ihr Blick glitt zu Gerrard, und sie lächelte schwach - »erfahren haben, sollte die Sache allen klar sein.«
Lady Entwhistle atmete ein und lächelte deutlicher. Dann zog sie Jacqueline impulsiv näher zu sich, sodass ihre Wangen sich berührten. »Meine Liebe«, sagte sie leise, »ich hoffe sehr, du kannst das alles hinter dir lassen und ein frohes Leben führen. Ich weiß, dass sich Thomas das gewünscht hätte.«
Jacqueline lehnte sich zurück und erwiderte das Lächeln von Thomas’ Mutter, ohne sich um die Tränen in ihren Augen zu scheren. »Danke.« Sie schauten sich in die Augen; es bedurfte keiner weiteren Worte.
»Ähm.« Sir Harvey räusperte sich und nickte Jacqueline zu. »Freut mich zu sehen, dass Sie so gut ausschauen, meine Liebe.« Er sah seine Frau an. »Habe gerade mit Debbington hier gesprochen.«
Gerrard schüttelte Lady Entwhistle die Hand, dann fuhr Sir Harvey fort: »Er sagt, sein Freund Mr. Adair kann die Einzelheiten besser erläutern - ah, da kommt er ja schon.«
Barnaby, den Gerrard zu ihnen gewinkt hatte, erreichte sie und wurde vorgestellt. Sir Harvey und Lady Entwhistle entschieden, sich mit ihm in die Bibliothek zurückzuziehen und sich alles in Ruhe berichten zu lassen.
Mit Gerrard zusammen verabschiedete sich auch Jacqueline von ihnen. Als sie sich wieder umdrehte, fing Elsie Tannahay ihren Blick auf. »Komm und geh ein wenig mit mir, meine Liebe. Das bewahrt dich vor den allzu
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