Hauptsache, es knallt!
verliebt. Und wenn Maik Proschitzki dann auch noch dazustößt und ebenfalls Rechte geltend machen will … Nein, keine Katastrophenszenarios. Maik hat sich noch nicht blicken lassen. Vielleicht kommt er gar nicht. Und auch bei Sven muss man sagen, er hat immerhin keine Uniform an. Gibt also keinen Grund, warum Linda ausgerechnet ihn und so weiter.
Auf dem Parkplatz hat Turbo-Erich derweil ein paar Jungs zum Kurzstreckenrennen herausgefordert. Regula Richter hat ihren Kindern nach langen Ermahnungen (»Immer schön tief durchatmen beim Rennen, nicht ruckartig! Und wenn ihr ein Schwindelgefühl spürt, sofort stehen bleiben! Und denk an dein wehes Knie, Kasimir-Mehmet-Achim!«) erlaubt, ganz vorsichtig mitzumachen. Kasimir-Mehmet-Achim ist, trotz Knie-Auas, der schnellste Läufer, aber selbst er hat gegen Erichs Feuerstuhl keine Chance.
Ja, doch, im Moment ist alles ganz gut. Wäre halt schön, wenn sich jetzt alle außer Jil und mir in Luft auflösten. Nur für fünf Minuten. Dann kann es gerne weitergehen. Ach ja, und das Wettergrummeln im Hintergrund stört auch ein bisschen. Genau genommen ist es etwas stärker geworden. Etwas. Nur ein kleines bisschen. Aber solange wir trockenen Fußes ins Schloss kommen, ist alles geritzt. Danach kann es meinetwegen losduschen. Die Feier wird schön, so oder so.
Wieder schaue ich mich nach Jil um, ich kann nicht anders. Sie steht an der Parkplatzausfahrt und beobachtet fleißig Janinas verrückte Nichte Sinja mit den bunten Plastikohrringen. Doch das Mädchen pflückt im Moment nur ein paar Feldblumen an der Straßenböschung und steckt sie sich ins Haar. Von potentieller Zerstörungskraft 9 ist nichts zu sehen. Ich richte kurz meine Frisur und nehme allen Mut zusammen. Aber gerade als ich mich auf den Weg zu meinen löwenzahnigen Locken mit dem großen Mund machen will, kommt Henriette ins Bild und fängt an, ein Schwätzchen mit ihr zu halten. Blöd. Kann die nicht auf ihrem Posten bleiben? Na ja. Konzentriere ich mich halt wieder auf die mir zugeteilten Zielpersonen: Eltern des Brautpaars, besonderer Fokus auf Markus’ schwer gebeuteltem Vater.
Markus’ schwer gebeutelter Vater denkt aber weiter nicht daran, sich schwer gebeutelt zu geben. Er sprüht vor Energie. Gerade begrüßt er den dicken Pfarrer Kühlbrodt in seinem Talar, der ein paar Schritte links vom Kircheneingang zwischen zwei beeindruckenden Buchsbäumen steht und scheu in die Menge blinzelt. Janina und Markus kennen den Mann bis jetzt nur von einem Telefongespräch und haben ihn noch nie persönlich getroffen. Wird langsam Zeit, denkt sich wohl der wackere Markusvater. Er löst das Brautpaar sanft aus seinen Plaudereien und geleitet es zum Gottesmann hin. Ich folge ihnen nicht sofort, das wäre zu plump. Lieber schaue ich noch einmal kurz nach Nashashuk und Namida Ziegler.
Nein, auch hier keine Probleme. Im Gegenteil. Namida plaudert entspannt mit der fröhlich gackernden Margitta Mitscherlich. Ich gehe etwas näher an sie heran. Aha. Sie unterhalten sich über Yoga. Bei den Indianern gab es etwas Ähnliches, lerne ich, kann mir aber den Namen nicht merken. Währenddessen überprüft Janinas Vater noch einmal, ob sein Feuerwerkzeug im Kofferraum während der Fahrt keinen Schaden genommen hat. Er scheint zufrieden. Alles bestens.
Ich stecke die Hände in die Hosentaschen und schlendere nun doch unauffällig zu den großen Buchsbäumen, wo sich der Pfarrer mit Markus’ Vater und unserem herrlichen Brautpaar unterhält. Janina und Markus sehen nun wieder entspannt aus. Finde ich toll, wenn so ein Talarträger kurz vor dem Trauungsakt noch die passenden Worte findet, um die nervösen Gemüter zu beruhigen. Klar, das Ja-Sagen hat auf dem Standesamt schon einmal ganz gut geklappt. Fast könnte man meinen, Janina und Markus sind alte Hasen. Aber in so einer Kirche, das ist doch schon wieder was ganz anderes. Altar, Kreuz, hohe Decken, und jedes Wort hallt endlos lange nach. Da ist es schon gut, vorher in aller Ruhe ein paar Worte mit dem Pfarrer zu wechseln. Kriegt man mit, dass er ein ganz normaler Mensch ist und alles. Und so, wie Pfarrer Kühlbrodt Janina und Markus gerade anstrahlt, das lockert ganz bestimmt das »Ja« in der Kehle. Wenn es so weit ist, wird es hervorschießen wie ein Häftling aus der unversehens geöffneten Kerkertür.
Nun entlässt er die beiden mit einem warmen Händedruck wieder zurück in die Menge. In zehn Minuten geht es los. Jeder weiß, was er zu tun hat. Wir sollten
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