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Hauptsache, es knallt!

Hauptsache, es knallt!

Titel: Hauptsache, es knallt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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die Welt für uns alle nie wieder dieselbe sein? Ich bin wie in Trance.
    Als wir endlich freien Blick auf den Vorplatz haben, atme ich erst einmal auf. Keine Blutlachen, keine hin­gemetzelten Menschen und auch kein Dieter Bohlen als Überraschungsgast. Stattdessen Luft. Erstaunlich. Nichts als Luft. Luft an der Stelle, an der vorhin noch der riesige weiße Porsche Panamera stand. Und auf diese Luft starrt Vater Mitscherlich, der Mann, dem gerade das Allerliebste auf der ganzen Welt genommen wurde. Wieder bahnt sich in mir ein Gelächtervulkanausbruch tief von unten seinen Weg ins Freie, aber Jil steht neben mir und hat schon ausgeholt. Der Vulkan zieht sich sofort zurück und denkt sich: Stimmt, warum jetzt? Ich kann ja auch später noch.
    Natürlich ist es lächerlich, angesichts eines gestohlenen Brautautos mit einem Zeitwert in sechsstelliger Höhe nach Positivem zu suchen. Ich will es aber wenigstens erwähnen: Immerhin ist der Motorhauben-Blumenstrauß zurückgeblieben. Er liegt auf dem Asphalt, sicherlich schwer traumatisiert von den Ereignissen der vergangenen Stunde, aber äußerlich völlig unversehrt.
    Und auch zumindest erwähnenswert: Wenn ein großes Ding verschwunden ist, sieht man wieder andere, nicht so große Dinge, die vorher von ihm verdeckt wurden. Jetzt, wo der Porsche Panamera weg ist, sieht man zum Beispiel wieder Namida und Nashashuk Zieglers alten Golf mit den aufgemalten bunten Blumen und den Schleifen an den Spiegeln. Er steht ruhig und gelassen auf seinem Platz und betrachtet mit seinen Scheinwerferaugen den Blumenstrauß vor ihm auf dem Boden. Ein bisschen sieht es sogar danach aus, als würde er mit seinem Kühlergrill daran schnuffeln.

Revolverheld
    Der Schrei von Markus’ Vater war wirklich ein Pfund. Genau genommen klingt er mir immer noch in den Ohren. Aber, das muss man auch mal sagen, wie er sich jetzt schon wieder im Griff hat, ist einfach klasse. Und dass er seinem Freund Füllkrug, der erst einmal seine komplette Polen-Autoklau-Witzesammlung in die Menge donnern musste, keine reingehauen hat, ebenso. Ist vielleicht doch etwas dran, dass man mit so einem Schrei eine Menge rauslassen kann, und danach ist ­alles gar nicht mehr so schlimm? Jedenfalls hat sich Herr Mitscherlich sofort im Anschluss an seinen Schrei alle Beileidsbekundungen verbeten und mit eiserner Disziplin sein altes Lächeln wieder auf sein Gesicht gepresst. Und er hat es während des gesamten Sektempfangs vor dem Standesamt ohne Unterbrechung aufbehalten. Hut ab.
    Anschließend glänzte er weiter. Die Umverteilung der Hauptdarsteller auf die verbliebenen Wagen hat er ganz hervorragend organisiert. Besonderer Pluspunkt: Er hat meinen Opel Admiral als neues Brautauto aus­erkoren. Guter Geschmack, der Mann. Der weiße Brautstrauß und meine glanzpolierte blaue Motorhaube sind ein Dreamteam. Und gleich noch ein weiterer Pluspunkt für Markus’ Vater: Er hat nicht verlangt, dass er selbst ans Steuer darf. Nicht gerade typisch Torsten Mitscherlich, wenn ich das sagen darf.
    Wir starteten also mit dem Braut-Admiral los zum Schandauer Hof, dem, glaube ich, besten Restaurant von Salzminden, auf jeden Fall dem teuersten. Mein Auto und ich waren heimlich ein bisschen stolz. Und wir machten einen großartigen Job. Als wir da waren, wollte Herr Mitscherlich mir großzügig einen Platz an der Tafel anbieten, obwohl der Schandauer Hof eigentlich nur für den engsten Familienkreis vorgesehen war, aber das musste ich ablehnen. Ich war ja mit meiner Hochzeits-Task-Force in der Pizzeria verabredet. Und mit der Frau, deren Lippen ich noch etwas schuldig war.
    Jetzt sitzen wir zu fünft um einen runden Tisch bei Antonio. Und ich natürlich neben Jil. Mitten in der Kernzone des Strahlbereichs ihres gelben Kleides, ihres Dufts und allem, was sonst noch so von Jil abstrahlt. Janina mag eine wundervolle Eiche sein, geht es mir durch den Kopf. Aber Jil ist auch etwas Wundervolles. Mir liegt es auf der Zunge. Sie ist ein … ein … ein … Löwenzahn! Blöderweise ist »Löwenzahn« nicht gerade ein Wort, das man jemandem als zärtliches Kompliment ins Ohr flüstern kann. Aber nützt ja nichts, Jil ist wirklich ein Löwenzahn. Kämpferisch, entschlossen, beharrlich und auf ihre ganz eigene Art unverwechselbar schön. Es gelingt mir für einen kurzen Moment, mir einzubilden, dass es nicht auffällt, wenn ich jetzt meine Nase ein wenig an ihrer Schläfe reibe. Aber dann fängt Henriette auch schon an, die bisherigen Ereignisse des

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