Hauptsache Hochzeit
aufknöpfen
konnte. »Max war mit einer Kundin Abendessen, Schluss aus. Umarmt hat sie ihn vermutlich, weil das Gespräch gut lief. Er ist ziemlich gut im Verhandeln.«
Ivana zog eine Augenbraue hoch.
»Und du kannst ruhig aufhören mit deinen Andeutungen, Ivana«, sagte ich. »Nicht alle Männer sind Schweinehunde. Nicht alle Männer finden tiefe Dekolletees toll oder halten hautenge Plastikkleider für das Sexyste unter der Sonne. Max liebt mich. So wie ich bin. Ist das jetzt klar? Ja?«
Ich merkte, dass ich mit den Tränen zu kämpfen begann, und Ivana sah es auch. Sie hob die Hände. »Okay, ich nemme alles zurrick. Kein Bumm-Bumm. Nur Geschefft.«
Ich ärgerte mich über Ivanas Tonfall, bei dem sich alles irgendwie anzüglich und zweideutig anhörte. Aber ich würde ihr einfach nicht länger zuhören. Max war nicht wie andere Männer. Ich vertraute ihm. Wirklich. Auch wenn er behauptet hatte, dass er mit einem Mann verabredet sei. Es gab bestimmt eine Erklärung dafür. Ganz sicher.
»Ja, in der Tat, nur Geschäft«, erwiderte ich aufgebracht und wünschte mir, ich könnte das selbst so leicht glauben.
»Hallo!« Vanessa, die Verkäuferin, streckte den Kopf durch den Vorhang.
»Hallooo!«, erwiderte ich übertrieben munter.
»Und, das ist wohl das Kleid für den großen Tag, wie?« Sie half mir beim Ausziehen und drapierte es über ihren Arm. »Es ist auch wirklich zauberhaft.«
»Ist es«, pflichtete ich ihr bei.
Sie lächelte bedeutungsvoll. »Und diesmal heiraten Sie aber auch wirklich, nicht wahr?«
Das war natürlich als Witz gemeint – als ich den Termin mit ihr vereinbart hatte, hatten wir beide über meine verflossenen Hochzeitspläne gewitzelt; aber in dem Moment fand ich ihren Kommentar alles andere als witzig. Nicht im mindesten.
»Ja«, fauchte ich. »Natürlich heirate ich wirklich. Max. Den ich liebe.« Ich blickte Ivana herausfordernd an. »Und der mich liebt. Wer ein Problem damit hat, kann sich gerne allein damit befassen – es interessiert mich nämlich nicht die Bohne.«
Während ich meine Alltagskleidung wieder anzog – die ich jetzt langweilig und abscheulich fand, weil ich gar nicht strahlend darin aussah -, herrschte Schweigen in der Kabine.
»Ja, sicher, gar keine Frage«, murmelte Vanessa schließlich und wich zurück. »Ich … ich … warte dann draußen.« Sie schien es sehr eilig zu haben, die Kabine zu verlassen. Und ich merkte, dass es mir genauso ging.
»Ich muss los«, sagte ich und griff nach meiner Handtasche.
»Jess, ist alles …«, begann Helen, aber ich hörte ihr nicht zu, weil ich schon halb an der Tür war. Ich musste jetzt unbedingt zur Arbeit zurück, zu Max, wo alles wieder normal sein und es eine vernünftige Erklärung für Ivanas Geschichte geben würde. Wo Max mich beruhigen und ich wieder restlos glücklich sein würde.
Ich brauchte zwar nicht lange bis zum Büro, hatte mich aber schon wieder etwas beruhigt, als ich dort ankam. Wahrscheinlich war ich einfach nur nervös, wie das vor Hochzeiten eben so üblich ist, sagte ich mir. Es war ausgeschlossen, dass Max am Samstagabend mit einer Frau
ausgegangen war. Oder jedenfalls war es ausgeschlossen, dass es sich bei dieser Frau nicht um eine Kundin gehandelt hatte. Ivana hatte die Situation vollkommen falsch gedeutet, weil sie das immer tat; sie unterteilte die Welt in Schwarz und Weiß, und Männer waren ihrer Ansicht nach immer erpicht auf »Bumm-Bumm«. Sie kannte Max ja auch gar nicht. Und wusste nicht, was uns verband.
»Hi, Gillie«, trällerte ich, als ich auf den Empfangstisch zusteuerte. »Ist Max in seinem Büro?«
»Max?« Gillie schüttelte den Kopf. »Nee. Ist weggegangen.«
»Weggegangen?« Ich starrte sie verunsichert an. »Aber wir haben in einer halben Stunde eine Sitzung für das Projekt Handtasche .«
»Ja, aber er hat mir aufgetragen, das abzusagen«, erwiderte sie und blickte auf ihren Bildschirm. »Er meinte, er hätte was anderes zu erledigen. Hat wahrscheinlich gedacht, du seiest bei der Anprobe aufgehalten worden. Und, hast du jetzt eines ausgesucht? Wie sieht’s aus? Unten eng oder weit? Oh, du solltest unbedingt eins mit weitem Rock nehmen. Du hast die richtige Taille dafür.«
Ich seufzte ungeduldig. Ich war nicht in der Stimmung für Gespräche über Brautkleider, ob weit oder eng. »Ja, ich hab eins gefunden«, antwortete ich knapp. »Aber ich muss jetzt unbedingt mit Max reden. Es ist wichtig. Kannst du mir wenigstens sagen, wo er hingegangen
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