Hauptsache Hochzeit
entdecken. So viel nachholen.«
Sie schniefte, und Max legte ihr sofort den Arm um die Schultern. »Natürlich. Und du kannst wirklich stolz sein. Jess ist gerade dabei, unsere größte Kampagne für unseren wichtigsten Klienten auf die Beine zu stellen. Projekt Handtasche . Eine ganz große Sache.«
»Ach ja?« Sie blickte mich bewundernd an. »Das ist wunderbar.« Dann wandte sie sich wieder Max zu. »Hör mal, ich dachte, wir drei könnten zusammen brunchen gehen, wie gestern. Das hat so viel Spaß gemacht, nicht wahr?«
Max lächelte bedauernd und zwinkerte mir zu. »Nichts täte ich lieber, Esther, aber ich fürchte, das geht nicht. Wir haben gleich eine wichtige Sitzung. Aber wie wär’s denn mit später?«
Meine Mutter nickte verständnisvoll. »Natürlich. Später. Ihr habt zu tun. Das hätte ich wissen müssen. Ich gehe dann mal lieber, habe selbst noch viel zu erledigen. Aber später wäre schön. Ich melde mich, ja?«
Sie lächelte mich an, und ich lächelte starr zurück.
Wenn ich ihr sagte, ich hätte keine Zeit, spielte das keine Rolle, aber sobald Max das sagte, machte sie sich vom Acker?
»Prima, mach das«, sagte ich und geleitete sie zur Tür, während Max in sein Büro zurückkehrte. »Meine Nummer hast du ja. Nach der Arbeit wäre gut.«
»Nach der Arbeit.« Sie lächelte. »Das hört sich …«
Doch sie brachte den Satz nicht zu Ende, denn in diesem Augenblick sprang die Eingangstür auf, und drei Männer kamen hereinmarschiert. Sie waren in ein Gespräch vertieft. Einer hatte einen unüberhörbaren Akzent.
»Chester!«, sagte ich. »Sie sind aber ziemlich früh dran!«
»Morgenstund hat Gold im Mund.« Er grinste. Beim Anblick meiner Mutter blieb er unvermittelt stehen. »Und mit wem habe ich hier das Vergnügen?«
Meine Mutter trat auf ihn zu und setzte ein strahlendes Lächeln auf. »Ich bin Jessicas Mutter. Und Sie?«
»Chester Rydall, zu Ihren Diensten.«
»Kommen Sie doch mit in den Sitzungsraum, Chester«, sagte ich. »Ich hole Max …« Aber Chester schien mich gar nicht zu hören.
»Jessicas Mutter«, wiederholte er, ohne den Blick von der Frau zu wenden, die für meinen Geschmack schon längst nicht mehr in diesen Räumen hätte weilen sollen. »Erfreut, Sie kennen zu lernen. Sehr erfreut sogar.«
Er wandte sich mir zu und lächelte. »Ist Ihr Vater also auch hier?«
»Nein, er …«, setzte ich an, aber meine Mutter unterbrach mich sofort.
»Nein, ist er nicht«, antwortete sie mit einem kleinen
traurigen Lächeln. »Er und ich sind … nun ja, wir sind nicht mehr zusammen.«
Ich starrte sie fassungslos an; so hörte sich das an, als sei sie erst seit kurzer Zeit geschieden.
»Tut mir leid«, sagte Chester.
»Nicht so schlimm«, erwiderte meine Mutter, jetzt schon mit einem weniger traurigen Lächeln.
Ich zog indigniert die Augenbrauen hoch. Immerhin sprach sie über meinen Vater. Ein bisschen Achtung hätte er eigentlich verdient. Dachte ich mir. Nun gut, sicher konnte ich mir nicht sein …
Ich merkte, dass meine Mutter nach einem Ehering an Chesters Hand Ausschau hielt. Da war jedoch keiner. »Nun, es freut mich jedenfalls sehr, einen so wichtigen Kunden meiner Tochter kennen zu lernen. Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Projekt Handtasche klingt wirklich faszinierend.«
Ich sah sie mit großen Augen an. Was wusste sie denn über Projekt Handtasche ?
»Das ist es auch«, sagte Chester, ohne den Blick von ihr zu wenden. »Und haben Sie auch einen Namen, Jessicas Mutter, wenn ich fragen darf?«
»Esther«, antwortete meine Mutter und streckte ihm die Hand hin.
»Nun, es ist mir eine besondere Freude, Sie kennen zu lernen, Esther«, sagte Chester mit wohltönender Stimme. »Und wenn Sie sich so für Projekt Handtasche interessieren – vielleicht dürfte ich Sie zum Abendessen ausführen und Ihnen noch etwas mehr darüber erzählen? Aus Kundensicht, natürlich. Über die Kampagne hat Ihre begabte Tochter Sie ja bestimmt schon informiert.«
»Gewiss«, säuselte meine Mutter. »Das klingt … sehr verlockend.«
»Nur verlockend?«, fragte Chester und zog eine Augenbraue hoch.
»Rufen Sie mich doch einfach an«, sagte meine Mutter und förderte im Handumdrehen eine Visitenkarte zutage.
»Das werde ich tun«, erwiderte Chester prompt. Er nahm die Karte in Empfang, blickte darauf und steckte sie in seine Jackentasche. »Vielen Dank.«
»Ich freue mich.« Meine Mutter sah ihn an, lächelte liebreizend und wandte sich dann wieder mir zu. »Liebling, es
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