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Haus aus Erde

Haus aus Erde

Titel: Haus aus Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woody Guthriie
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hinüber, hinunter und hindurch. Sich bei den Händen haltend, hatten sie sich die Füße angestoßen und die Sohlen abgelaufen, an flachen Sandsteinen und an runden Feuersteinen, an den Wurzeln und Stämmen der Eisenholzbäume, an Scheinastern und Dutzenden von Kakteen- und Amsinckienarten mit ihren spitzen, ins brennende Gift der Natur getauchten Dolchen und Stacheln. Sie hatten sich die Hände an die Ohren gehalten und den starken Wind gespürt, der an ihren Haaren zog. Die rasch dahinrollenden Steppenläufer waren über die Ebenen gehüpft und gesprungen, und die beiden hatten gerufen: »Guck dir die alte Steppenhexe an! Guck mal, wie sie rennt! Guck mal! Guck mal, wie sie über die Klippe rollt und springt!«
    Und stets ließen die Steppenläufer sich irgendwo dort unten nieder, irgendwo »auf dem Land irgendeines Baumwollfarmers«, wie Tike es ausdrückte. »Wenn die gute alte Mutter Natur unsere guten alten Upper Plains mal so richtig gründlich sauber machen will, kehrt sie ihren Dreck immer auf den Lower Plains zusammen!«
    Und dann lachte Ella May. Sie lachte immer. Sie lachte auf eine Art, die ihr leichtfiel. Am besten, am meisten lachte sie, wenn es um die Feldfrüchte, die Winde, die Schulden, die Sorgen, die Ängste und Zweifel der Welt am schlimmsten stand. Dieses Lachen war kein Lachen, das sich über eine schlanke Dame lustig machte, weil sie schlank, über eine dicke Dame, weil sie dick, oder über einen hässlichen Menschen, weil er hässlich war, es war kein Lachen dieser Art, kein Lachen, das sich über jemanden lustig macht, weil er ist, der er ist. Es sprang aus ihrer Kehle, ihrem Bauch, ihrem ganzen Körper gleichzeitig in ihr Gesicht und fiel ihr so leicht, dass das ganze Land es nur »Ella Mays Lachen« nannte. Andere versuchten, es noch ein wenig auszuschmücken, und sagten: »Da fliegt Ella May wieder mal mit dem Wind.« »Ella Mays Kicherkasten is umgeweht.« »Muss bei ihr zu Hause ziemlich schlimm zugehen, sie lacht schon wieder.« Schon als kleines Mädchen hatte sie ihre Stimme eingesetzt, um sich Gehör zu verschaffen gegenüber den hohen, harten Winden, dem Sand, dem Kies, dem Stroh, den Papieren und allen möglichen ausgedörrten, morschen, lärmenden Dingen, die, wenn die Winde der Plains sie erfassen, die Luft mit lauten Geräuschen erfüllen. Mehr als ihr Lachen war es ihre Art, die Stimme zu heben und gellend zu rufen: »Huuuuhh!« oder »Uhuuuuiiii!«, oder »Tiiiikkkkey!« oder »Graaannndpa!« oder »Guuuck mal!« Woran auch immer sie gerade dachte oder wenn sie bei den Kühen oder Hühnern, auf dem Traktor oder bei der Ernte arbeitete, stets brüllte sie dieses erste Wort hinaus, darauf folgte ihr Lachen, und dann fiel ihr plötzlich ein, dass andere Leute sie gehört hatten, und so wie sie war, machte sie sich im gleichen Atemzug ein bisschen über sich selbst und über all ihre irdischen Sorgen lustig, all das in einem Atemzug. Die Menschen auf ihrer Luvseite konnten ihre ersten paar Wörter eine Meile weit hören und spitzten die Ohren, um mitzukriegen, was als Nächstes kam, aber das konnten sie natürlich nicht mehr verstehen.
    Als sie zur Haustür an der Ostseite kamen, fiel Tikes Blick auf den flachen alten Sandstein, der aus den Canyons heraufgetragen worden war. Er lachte auf seine eigene Art. Auf eine Art, die ganz anders war als die von Ella May. Seine Kehle füllte sich mit einem leisen Glucksen, das in seiner Lunge und in seinem ganzen Körper widerhallte. Stets lachte er so leise wie die Fasern des Strohs, so still wie die Haut des Neumonds, schneller als Ella May und niemals so laut, außer wenn er ihr etwas über den Hof oder einem Freund in der Stadt etwas über die Straße zurief. Wenn er lachte, wurde sein Gesicht lebendig und gab sein ganzes Leben preis, innerlich aber schien er nur über sein eigenes Elend zu lachen. Er betrachtete die flachen alten Steinstufen, den alten Sandstein und sagte: »Und das, Elly, äh, das is, glaub ich, unser erstes Sprungbrett zu was Wirklichem.«
    Sie setzte einen Fuß auf den Stein, trat ins Haus und knurrte: »Puh, ich hoffe, dass wenigstens etwas von dem, was wir tun, ein Sprungbrett zu etwas Wirklichem ist.« Als sie sich voller Hass in dem Raum umsah, hatten ihre Augen etwas Junges, Feuriges, Wildes. Tike hörte sie mit den Zähnen knirschen, als er hinter ihr eintrat.
    »Hier gibt’s nich viel zu gucken, oder?« Mehr konnte er nicht sagen, als er sich bäuchlings aufs Bett fallen ließ. Eine pulvrige Staubwolke

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