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Haus aus Erde

Haus aus Erde

Titel: Haus aus Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woody Guthriie
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über sein Gesicht, und die Gefühle durchströmten seine Adern hundert Mal, alles in nur einer einzigen Minute aus seinem Hass heraus in sein Blinzeln, sein Lächeln, sein Lachen.
    »Ella, Schatz«, fragte er sie, »was meinen die Leute eigentlich, wenn sie ›Termite‹ sagen?«
    »Termite?« Ella reckte den Hals, um durch das verrostete Fliegengitter und das halb geöffnete Fenster einen letzten Blick auf die beiden Autos zu werfen. »Eine Termite?« Sie legte das Kinn aufs Fensterbrett.
    »Ja.«
    »Das is n klitzekleines Insekt oder ne Art winzig kleiner Wurm oder ne kleine Spinne oder so.« Ihr stieg der Rost vom Fliegengitter in die Nase. »So was halt, schätz ich.«
    »Wovon lebt sie?«
    »Weiß nich. Stell mir nich so viele alberne Fragen. Wofür hältst du mich, für n wandelndes Bücherregal?« Sie rieb sich einen Muskel über dem Knie und spürte die Hitze ihrer Hand auf ihrer Haut. Sie machte einen Schmollmund. Tike sollte sein Leben nicht damit vergeuden, über das Weideland auf den Highway zu schauen, wenn es wärmere Dinge und nähere Dinge gab. Sie hoffte, er würde den blauen Fleck auf ihrem Muskel bemerken, und jede Minute, die er in die andere Richtung blickte, ließen den Schmerz und das Gefühl der Einsamkeit in ihr wachsen. Sie rieb sich den Schenkel schneller und fester und schob die Hand langsam an ihrem Bein hoch, damit der blaue Fleck besser zu sehen war. Einige Augenblicke lang schien Tike sie nicht wahrzunehmen. Sie spürte, wie etliche einsame Jahre der Winde auf den Plains sie durchwehten, und sagte: »Blödmann.«
    »Bist doch Lehrerin, oder?« Er blickte nach Osten und sah mehrere seiner Milchkühe am Stall stehen, die darauf warteten, gemolken zu werden. »Dein halbes Leben haste damit verquasselt, den Kindern in der Star Route School Vernunft in die Dickschädel zu hämmern. Aber wenn ich dich frage, was n kleines Insekt ist, ich meine, was ne Termite ist, sitzt du da und sagst einfach, ich bin n Blödmann.«
    »Du bist n Blödmann. n Blödmann. Genau das bist du.« Sie rieb den blauen Fleck noch fester. »Alter Blödmann. Blöder alter Mister Tike Hamlin. Weiß nich, wo oben und unten is.«
    Tike drehte sich um und sah sie an. Sie lehnte sich fester an die Wand, öffnete den Mund und senkte den Blick auf ihre rubbelnde Hand. Tike spürte ein fernes Grollen, und ein heißes Zittern durchlief ihn, als er sagte: »Sag mir, was ne Termite is. Ich frag dich nich noch mal.«
    »Der alte Tikey. Er weiß es nich. Weiß einfach nich, wo oben und unten is.«
    »Wenn du nich aufhörst, dich so am Bein zu reiben, reiß ich dir gleich das Kleid vom Leib. Bei den kleinen Hunden des Herrn, Schatz, was glaubst du, wie viel Hitze ich vertragen kann, ohne zu explodieren?« Er wandte ihr den Rücken zu, weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte. Dann hatte er Angst, sie könnte ihn schüchtern oder feige finden, und drehte sich wieder zu ihr um. Auf seinen Lippen klebte Speichel. Sein Atem klang wie das schwere Rauschen eines stürmischen Windes. Sein Herz pochte. Er wollte ihr das Baumwollkleid vom Leib reißen und sie auf dem Boden liegend über und über küssen. »Was haste n da? n blauen Fleck? Wo haste dir den denn geholt?«    
    »Hat aber verdammt lange gedauert, bis du’s gemerkt hast.« Wieder zog sie einen Schmollmund. »Das war, als ich die Sahnekannen geschleppt hab. Weißte nich mehr? Als der Wind mein Kleid hochgeweht hat und du n Anfall gekriegst hast?«
    »Mmm.«
    »Wenn ich du wär, würd ich auch Mmm machen. Ich hätt mir das halbe Bein abreißen können, und du hättst nichts gemerkt.«
    »Ziemlich großer blauer Fleck, was? Ja. Komm, ich reib ihn dir. Ich knie mich zwischen deine Füße, genau hier, jetzt spring doch nich gleich weg, ich geb dir die sanfteste und schönste Massage, die je n Weibsbild gekriegt hat, seit Jesus keine kleinen roten Wagen mehr malt. Aber meine alten Hände sind so rauh und wund, so voller Blasen und Warzen und Schwielen, dass du dich vielleicht eher von ner wilden Herde wütender Rinder überrannt fühlst.« Er küsste ihre Kniescheibe.
    »Stimmt gar nich. Fühlt sich gut an. Autsch. Nicht so fest an der Stelle da. Da. Autsch. Mmm. Das is so schön, das würd sogar nem Stadtmädchen gefallen. Das Bein is vielleicht nich ganz so hübsch wie das von nem Stadtmädchen. Oder?« Während sie sprach, rieb sie ihren Kopf an der Wand. Ihre Augen waren halb geschlossen, die Lippen feucht.
    »Stadtmädchen kommen nich in Frage.« Tike wirkte gekränkt,

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