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Haus aus Erde

Haus aus Erde

Titel: Haus aus Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woody Guthriie
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Füße und Zehen, als schwimme sie auf dem Rücken in unruhigen Gewässern, und ihr ganzer Körper schien in so tiefem Wasser dahinzutreiben, dass sie alle zwei Sekunden unterzugehen drohte. Mit Armen und Händen versuchte sie, das Gleichgewicht zu halten, und Blanche zeigte Tike, wie er Ella May helfen konnte, dass sie flach auf dem Rücken lag und die Beine spreizte.
    »Holen Sie den Besen da drüben«, sagte Blanche und nickte in die Richtung. »Sie soll sich am Stiel festhalten. Ihre Hände beschäftigen.«
    Tike griff in die Ecke, wo das Radio stand, und drückte Ella den Besenstiel in die Hände. Er sah, wie Blanche ein paar Tropfen Chloroform in einen mit Watte gefüllten Papiertrichter träufelte. Der beißende Geruch ließ ihn schnauben. Er konnte nur noch sagen: »So?«
    »Stellen Sie sich hinter ihren Kopf und ziehen Sie in die andere Richtung.« Blanche behielt den Vorgang im Auge, wie ein Bomberpilot eine Stadt beobachtet, die tief unter ihm in tausend Stücke gesprengt wird. »Ziehen Sie. Fester.«
    »Junge, Junge. Allmächtiger. Verdammt, die hat vielleicht Kraft. Die zieht mich ja fast durchs Bettgitter.«
    »Ja, die werden stark wie ein Traktor.« Blanche hielt Ella May eine Sekunde lang den Trichter mit Watte vor die Nase, dann legte sie ihn auf den Esstisch. Sie war sich der drohenden Konflikte zwischen Tike und sich sehr wohl bewusst. In diesem Moment wurde sie zu einem völlig anderen Menschen. Zu einer Dame voller Ernst, Anmut und Würde, in jeder Bewegung ihres Körpers vollkommen beherrscht. Zu einer College-Absolventin in einer größeren Schule. Ihre flinken Füße, Hände und Arme bewegten sich mit feiner, exakter Präzision und einer ruhigen Sicherheit, von der Tike getroffen wurde wie ein Gehölz vom Blitz. Sie lächelte nicht. Ihr Gesicht war nicht traurig, nicht beunruhigt und nicht feierlich. Es war einfach ihre Art, sich zu bewegen, ihr unangestrengtes Kommen und Gehen. »Stark wie ein Traktor«, sagte sie noch einmal.
    »Ihr passiert doch nichts, oder?«, fragte Tike. Er sah genau hin. Er wunderte sich, er sorgte sich, und er fühlte, wie im Zimmer neue und äußerst merkwürdige Gedanken Gestalt annahmen.
    Er sah, wie das Baby geboren wurde. Erst der Kopf. Tike löste sich schier auf vor lauter Angst, weil er glaubte, die Kraft von Ellas Muskeln würde den Kopf wie eine Melone zerquetschen.
    Er sah den Kopf – glitschig und rot, ganz weich und von blauen und lila Äderchen durchzogen. Und er sah, wie Ella Mays Körper sich krümmte und wand. Sie schluchzte und stöhnte vor Schmerzen. Zwischendurch lachte sie, um Tike zu beruhigen. Und er sah, dass Ella für jeden Zoll, den das Baby zurücklegte, eine ganze Meile des Elends zurücklegen musste, aber eines Elends, das sich mit einem Lächeln, einem trockenen Scherz, einem leisen Lachen vermischte, trotz des Chloroforms. Er fand, Blanche sollte auch ihm den Papiertrichter vor die Nase halten und ihn ein, zwei Mal daran schnüffeln lassen, um ihm Mut zu machen. Aber nein. Er bekam keine Rückenstärkung. Er kriegte die ganze Sache voll ab, gerade so als würde er auf der Route 66 frontal gegen einen Lastwagen prallen. Unter dem Haus hatte er einen halben Pint Whiskey versteckt, aber die Schweine hatten die Flasche umgestoßen und die Hunde den Inhalt aufgeleckt.
    Obwohl direkt hinter der Wand ein so heftiger Schneesturm blies, vergoss er eine Gallone Schweiß in der Minute. Er umfasste den Besen und zog ihn in seine Richtung, damit Ellas Hände etwas hatten, woran sie sich festhalten konnten. Seine Schuhe schlidderten geräuschvoll über den Boden, und die Fußabdrücke, hätte man sie entwirren und aneinanderreihen können, hätten vom Bett bis nach Amarillo gereicht. Mehrmals kam ihm der Gedanke, Blanche sei ein für die Mauern des Himmels zu weise gewordener Engel, der in einem großen Wind herabgeflogen war, um jedes Haus auf diesen Hochebenen zu wärmen. Innerlich war er stolz auf seine Leistung und lächelte Blanche immer wieder zu, um ihr zu sagen: »Ich tu mein Teil.« Blanche lächelte noch stolzer zurück, als wollte sie sagen: »Ich hätte den Besenstiel einfach ans Kopfteil des Bettes binden können, dann würden Sie auf und ab gehen und den Verstand verlieren. Ich habe Ihnen den Besen in die Hand gedrückt, damit Sie etwas zu tun haben, und sieh einer an, inzwischen kämpfen Sie schon seit über einer Stunde mit ihm. Und bleiben mir aus den Füßen!«
    Tike sah einen Schleier nasser Haut auf dem Kopf des Babys und musste

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