Haus der Angst
weiß nicht, ob ich …“
„Du kannst mit uns kommen, Lucy.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich muss herausfinden, was hier los ist. Ich vertraue dir.“
Er legte einen Finger an sein Kinn. „Vertraue Sebastian.“
„Mom“, sagte Madison, und Lucy hörte, wie beunruhigt sie klang. „Was ist denn eigentlich los?“
„Cooles Auto“, sagte J. T.
Lucy wusste nicht, wie sie es ihnen erklären sollte. Sie riss sich zusammen und beschloss, nicht länger um den heißen Brei zu reden. „Ich möchte, dass ihr zwei mit Plato wegfahrt. Vielleicht nur für ein paar Stunden; vielleicht aber auch für ein paar Tage. So lange, bis ich einiges hier geklärt habe. Er wird auf euch aufpassen.“
Die Farbe wich aus Madisons Gesicht. „Und was ist mit dir, Mom?“
„Ich komme zurecht. Sebastian ist ja bei mir, und mit ein bisschen Glück ist die Arbeit bald erledigt.“
J. T. war immer noch fasziniert von dem Wagen. „Kann ich vorne sitzen?“
Plato schnitt eine Grimasse. „Natürlich, Junge. Wenn du möchtest.“
Madison versuchte zu lächeln. Sie war die Ältere; sie wusste mehr und konnte mehr erraten. Aber sie hatte sich entschlossen, mutig zu sein. Lucy bemerkte, wie sehr sie daran arbeitete, nicht in Panik zu geraten. „Äh – kann ich meine Steppdecke mitnehmen?“
Lucy wusste, dass sie die Stoff-Sechsecke meinte, die sie auf dem Dachboden gefunden hatte.
Plato, der keine Ahnung hatte, wovon sie sprach, seufzte: „Steppdecke? Na klar. Nimm ruhig deine Steppdecke mit.“
14. KAPITEL
P lato stand an der Tür von J. T.s Zimmer. „Der Junge packt, als würde er ein halbes Jahr lang unterwegs sein“, sagte er zu Lucy. „Und deine Tochter ist noch schlimmer. Vielleicht gehst du besser hinunter und machst dir ein Glas Limonade. Ich pass schon auf.“
Sie nickte. „Die beiden haben Angst.“
„Sie packen zu viel ein. Ich habe ja schließlich nicht das Wohnmobil mitgebracht. Geh du nur. Wir regeln das schon, keine Sorge.“ Er ging ins Zimmer und setzte sich zu dem Jungen aufs Bett. „J. T., was willst du mit all diesem Müll?“
„Das ist kein Müll. Das sind meine Spielsachen.“
„Na gut, aber es sind verdammt viele Spielsachen.“ Er nahm einen kleinen Hubschrauber in die Hand. „He, der gefällt mir. Aus diesen kleinen Dingern bin ich früher immer rausgesprungen.“
„Wirklich?“
Lucy sah, dass ihr Sohn fasziniert war. Ein ehemaliger Fallschirm-Rettungsspringer, hart, aber nett, der fluchte und sich mit Hubschraubern auskannte. Plato würde es sicher auch gelingen, ihn dazu zu überreden, hin und wieder frische Boxershorts anzuziehen. Vielleicht würde er es sogar schaffen, mit Madison klar zu kommen.
Sie ging hinunter in die Küche. Sie wusste nicht, wo sich Sebastian aufhielt. Rob war nach Manchester gefahren, um Büromaterial zu besorgen.
Sie machte sich keine Limonade. Stattdessen holte sie ein Paket gefrorenes Fruchtsaftkonzentrat aus der Tiefkühltruhe, stellte es ins Spülbecken und ließ heißes Wasser darüber tröpfeln.
Sie fuhr zusammen, als das Telefon klingelte.
„Lucy? Gut, dass ich Sie erreiche. Hier ist Sidney Greenburg.“ Sie holte tief Luft. „Jack steckt in Schwierigkeiten.“
Erpressung, dachte Lucy. Sie fragte sich, wie viel ihr Schwiegervater Sidney wohl preisgegeben haben mochte. „Was denn für Schwierigkeiten?“
„Er hat mir von der Erpressung erzählt. Was wissen Sie davon? Vermutlich gar nichts, oder? Er ist ein solcher Dummkopf. Er glaubt, er verhält sich ehrenhaft. Lucy …“ Sidney stieß einen Seufzer aus. „Ich hasse das. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich das anwidert.“
„Ich verstehe.“ Lucy versuchte, sich auf den schmelzenden Fruchtsaft zu konzentrieren. Vielleicht beruhigte sie das. „Erzählen Sie es mir, Sidney. Ich werde schon damit fertig.“
„Natürlich werden Sie das. Das habe ich Jack auch gesagt. Ein Verbrecher namens Darren Mowery erpresst ihn wegen einer Affäre, die Colin kurz vor seinem Tod gehabt haben soll. Angeblich existieren auch Fotos. Falls Jack den Namen der Frau kennt, so verrät er ihn mir nicht. Ich nehme an, es ist jemand, auf den sich die Reporter stürzen werden, aber Genaues weiß ich eben nicht.“
Lucy hielt die Hand unter das heiße Rinnsal und fuhr mit dem Finger über das immer noch eisverkrustete Paket. Colin sollte eine Affäre gehabt haben? „Das ist lächerlich. Colin hatte keine Affäre. Selbst wenn es so wäre – er ist tot, und außerdem war es seine
Weitere Kostenlose Bücher